Sollen wir Ihnen Aufsätze verfassen oder was? Die Sawatzky machte sich zur Wortführerin, da Irminhild mit gesenkten Lidern auf den Gewaltigen schaute, Peter Heil vor lauter Entrüstung kein Wort herausbrachte, Paule bloß blinzelte, lediglich neugierig auf den weiteren Verlauf. Der eloquente Axel Harder schwieg sowieso, wenn die Sawatzky am Reden war. Der junge Schulz hatte sich eben geäußert. Dem Dramatiker Karge schien eher der Standpunkt des Beobachters angemessen, und dem dünnen Dichter war alles einerlei wie immer. Gunter der Heitere hatte seinen Wunsch genannt und fühlte sich im Übrigen wie die anderen, die an der Situation Interesse hatten, bei der Sawatzky gut aufgehoben. Auch Ottilie schwieg. Sie erkannte ihre Grenzen.
Ein Aufsatz, ein Essay, wie immer Sie es halten und nennen wollen, sagte der Gewaltige. Die Form ist Ihnen überlassen.
Man wird uns blühende Landschaften versprechen, spottete Federico, der sich nicht schrecken ließ. Aus seiner geringen Höhe machte es wohl keinen großen Unterschied, ob wer einsneunzig war, oder zwei Meter zwanzig. Warum Mauern einreißen, sprach der Samtäugige. Seine Aussprache, im Gegensatz zu sonst, jetzt stark akzentuiert, was dem kleinen Mann etwas Hoheitsvolles verlieh. Es reicht, sie weiter durchlässig zu machen. Schon jetzt kann man in der Regel deutsche Verwandte besuchen, sofern man eingeladen wird. Weiter in dem Sinne würde ich sagen! Federico Grosse lächelte süffisant.
Nehmen Sie trotzdem an, in diesem Jahr fällt noch die Mauer, sagte der Gewaltige gleichmütig.
Ich würde vorschlagen, am 9. November! Die breiten, blassen Lippen der Sawatzky verzogen sich zu einem höhnischen Lächeln.
Walja rieselte ein kalter Schauer den Rücken herunter. Da hatten wir in diesem Jahrhundert in Deutschland schon die Novemberrevolution 1918, erklärte sie und die Reichskristallnacht 38. Aller guten Dinge sind drei.
Das wäre ein Datum, sagte der Gewaltige friedfertig, ohne Notiz von der imposanten Miene der Dame Sawatzky zu nehmen. Er tätschelte seine Katerjungen Max und Moritz und beugte sich dann zu Kasimir hinab. Während die Kater auf den Schultern balancierten, hob er Kasimir hoch, setzte ihn auf seinem linken Arm ab. Kasimir stieß vor Wonne seinem neuen Gönner mit dem Kopf in die Armbeuge und schnurrte weithin hörbar und Walja bestaunte wieder einmal seinen großen dreieckigen weißen Latz, der bis über seine Nase und in die Stirn hinein reichte.
Kasimir! Grollend kam der Name des Katers über Irminhilds Lippen. Alle Blicke wandten sich ihr zu. Die Sphinx hatte gesprochen. Einen Augenblick hatten die Versammelten die Hoffnung, sie könne den Bann brechen, indem sie den Kater dem Gewaltigen entfremdete. Tatsächlich richtete sich Kasimir auf. Er schaute Irminhild nun mit seinen schwarzumrandeten gelben Augen behend an, sandte ihr einen Blick zu, mit dem er sich einst Zugang zu Lothars Herzensgemach verschafft hatte. Trotz aller Sehnsucht nach der schönen Dame vermochte er sich nicht von Natasjan zu trennen.
Da erhob sich Irminhild wie in Trance und wandelte Kasimir entgegen. Lächelnd übergab der Gewaltige der im Ausland mehr als im Inland berühmten Verfasserin von Hexenromanen den Kater ihres Herzens. Ein Bild war das: Irminhild in langem indischem Gewand, mit ihrem eindrucksvollen Haupt, geschmückt von schwarzem, breitem Gelock, hochgewachsen, den Kater mit der Nase stupsend, lächelnd wie selten. Und neben ihr der Gewaltige. Obwohl Irminhild gegen ihn zart erschien, passten die beiden zueinander, bildeten ein ansehnliches Paar und hätten als Hauptagierende in einem Roman von Irminhild getaugt. Etwa als Hexenmeisterin und Oberteufel. Es kam den Anwesenden denn auch so vor, Irminhild hätte sich auf die Seite des Schlüsselgewaltigen begeben. Nachdem die schöne Finstere Kasimir lange geherzt und geküsst hatte, übergab sie ihn wieder dem Gewaltigen. Sie ging zu ihrem Platz zurück, als sei nichts geschehen.
Noch Fragen?, erkundigte sich der Gewaltige. Kasimir in seinen Armen, das Sechzehnpfund-Wohlfühlpaket, die Katerjungen Max und Moritz auf seinen Schultern, sah Natasjan in die Runde mit langsamen Lidschlägen und diesen Augen, in denen soviel Platz rund um die Pupille blieb, was seinen Blick so schwer, unheimlich machte. Im Übrigen können Sie sich im Haus frei bewegen! Das scharfe "S" traf wieder schmerzhaft die Ohren der nemezischen Kulturschaffenden, die das Schwäbisch als Sprache des Besatzers empfanden.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.