„Du verarscht mich doch.“
„Das würde ich nicht wagen“, feixte er. „Ich steh ungern in Flammen.“
„Ach, das hat ihm nicht mal wehgetan.“
„Ach nein? Ich hab gemerkt, dass sie diesmal heiß waren.“
„Waren sie auch. Aber du weißt, dass ich ihm nie wehtun würde. Ich dachte nur, er braucht mal einen Denkzettel.“
Der Elf kicherte. „Das war wirklich angebracht. Aber Fay, ich kann ihn verstehen. Zumindest seine Idee.“
„Tja. An der Umsetzung hapert es gewaltig.“
„Allerdings. Aber sei ihm bitte nicht böse. Er will nur helfen.“
„Ich bin ihm nicht böse“, sagte ich und es kam bedrückter als gewollt.
„Das sah aber anders aus.“
„Ich weiß. Ich war halt wütend“, gab ich zu. „Aber nicht, weil er das gemacht hat, sondern weil er es war.“
„Das versteh ich nicht.“
Deaken hätte es sofort verstanden , dachte ich und meine Augen brannten. Er war der Einzige, der mich verstand. Weil er mich kannte. Weil er wusste, was ich durchgemacht hatte. Er war nicht nur mein Beziehungsfreund. Er war auch mein bester Freund. Ich schwieg.
„Erklärst du es mir, wenn ich dich darum bitte?“ Elias hatte sein Kinn auf meine Schulter gelegt, während er das Pferd durch den Vorgarten spazieren ließ.
„Das ist schwer.“
„Ich bin sicher, ich verstehe es. Bitte versuch es“, bat er.
Mein Blick glitt zum Haus und ich überlegte, wie ich ihm das alles erklären sollte. Dass ich mich schwertat, anderen zu vertrauen. Dass ich vorbelastet war und solche Aktionen wie Kjells das Ganze nicht leichter machten.
„Hast du Zeit?“, fragte ich und drehte den Kopf leicht zu ihm.
Er lächelte. „Natürlich. Nicht erschrecken“, warnte er mich vor, dann legte er seine Arme um meine Hüften und trieb das Pferd an. Ich erschrak trotzdem, als er es nur mit den Beinen auf die Mauer zusteuerte, die als Zaun diente. Die Hände in die Mähne des Tieres gekrallt, kniff die Augen zusammen, dann spürte ich den Ruck, als es sich erhob und in einem Satz darüber sprang. Elias hinter mir lachte vergnügt und trieb das Tier dann in einem leichten Trab weiter und fort vom Haus. Über die Hügel und Wiesen, die vor uns lagen.
7
Wir kehrten erst am frühen Nachmittag zurück und fanden den Rest der Truppe im hinteren Garten. Kjell und Orkun schlugen sich mit den Schwertern, während Vlad und Ro in Büchern lasen. Itjen lehnte neben der Tür am Haus und beobachtete die beiden Kämpfer aufmerksam. Er war heute Morgen nicht in der Küche gewesen, was mich im Nachhinein etwas irritierte.
„Das verschollene Pärchen ist wieder da“, scherzte Ro und grinste frech.
Ich verengte die Augen zu Schlitzen. „Pass bloß auf, was du da sagst, Freund.“
Sein Grinsen wurde etwas kleiner und er hob eine Hand. „Alles gut, ich hab nichts gesagt. Mir ist heiß genug.“
Itjen lachte auf und Kjell unterbrach den Kampf. Er hatte uns bemerkt und kam nun auf uns zu. Sein Schritt war fest und energisch. Kurz bevor er ankam, hob er anklagend das Schwert und deutete auf mich. Scheinbar reflexartig trat Elias vor. Itjen war sofort wieder ernst und kam an meine andere Seite, die Hand auf dem Knauf seiner Waffe.
„Mach das nie wieder!“, knurrte Kjell und schaute am Elf vorbei zu mir.
„Sonst was?“, giftete ich. „Willst du mich erschlagen?“
„Vielleicht tue ich das, das nächste Mal.“
Der Elf vor mir legte sachte seine Hand auf die Waffe des Söldners und drückte sie runter. „Kjell, es ist doch alles gut. Komm runter.“
Dieser riss das Schwert weg und spuckte aus. „Wir sind hier, um ihr zu helfen!“, fuhr er ihn an. „Sie will sich offensichtlich nicht helfen lassen! Stattdessen lässt sie uns im wahrsten Sinne des Wortes in Flammen aufgehen!“
„Du hast sie provoziert“, verteidigte Elias mich und seine Stimme klang scharf.
„Ich will, dass sie was lernt!“
„Verstehst du nicht, dass dein Weg falsch ist?! Wie oft soll ich dir das noch sagen?!“ Der Elf wurde laut.
„Wie soll sie es denn sonst lernen?!“ Auch der Anführer sprach lauter, als es hätte sein müssen.
„Jedenfalls nicht so!“, erwiderte Elias und nun schwang offensichtlicher Zorn in seiner Stimme mit.
„Sie wird sterben und uns alle mitnehmen und du ...“
Ich fing Ros besorgten Blick auf und folgte ihm zu Elias’ geballten Fäusten. Noch bevor ich irgendetwas erkennen konnte, holte der Elf aus und verpasste Kjell einen Schlag ins Gesicht. Der große Mann hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten, und taumelte zurück. Er hielt sich die Nase und starrte Elias verblüfft an. Ich sah Blut an Kjells Hand, dann ließ er sie sinken, warf mir noch einen vernichtenden Blick zu, stiefelte an uns vorbei ins Haus und verschwand. Orkun folgte ihm, legte aber Elias kurz eine Hand auf die Schulter, als wolle er sich für Kjells Verhalten entschuldigen. Ro kam ebenfalls heran und erst jetzt sah ich, dass er noch immer die Hand seines Freundes musterte. Erneut fiel mein Blick darauf und nun erkannte ich auch an ihr Blut. Es tropfte aus Elias’ geballter Faust auf den Boden.
„Elias!“, rief ich aus und griff nach ihm. Er öffnete die Hand und ich erkannte einen tiefen Schnitt, quer über die Handfläche. Mein Herz begann zu rasen und Wut und Sorge überschwemmten mich. Wut auf Kjell, weil er Elias wehgetan hatte und Sorge, weil der Schnitt wirklich tief aussah.
„Keine Angst. Das kriegen wir wieder hin“, beruhigte Ro mich und Elias stimmte ihm nickend zu.
„Ist nicht so schlimm, kleine Hexe“, meinte er und lächelte schief. Ich sah ihm in die Augen und glaubte ihm. Meine Sorge flaute etwas ab, dafür wurde meine Wut umso größer. Ich wandte mich um und stürmte wütend durchs Haus auf der Suche nach Kjell. Itjen folgte mir und versuchte mich zu beruhigen, doch ich hörte nicht, was er sagte. Schließlich fand ich den Söldneranführer bei den Pferden. Er zog gerade den letzten Riemen am Sattel fest, dann saß er auf.
„Wo willst du hin?!“, fuhr ich ihn an. „Du hast Elias verletzt, weißt du das? Willst du jetzt einfach so abhauen?“
Er schaute zu mir herunter und schnaubte. „Du kannst mich nicht zwingen zu bleiben, Kleine“, sagte er abfällig.
„Hab ich nicht vor. Trotzdem hast du ...“
„Ist mir egal. Ich brauch das hier nicht“, unterbrach er mich. „Hör zu, ich wollte helfen, aber anscheinend willst du nicht, dass man dir hilft. Dann geh ich eben. Ich kann meine Zeit auch anders verwenden.“
Ich konnte ihn nur anstarren. Er hatte recht, aufhalten konnte ich ihn nicht und im Moment wollte ich weder das, noch seine Hilfe. Aber dass ihm Elias egal war, sein Freund, dass es ihm egal war, ihn verletzt zu haben, verstand ich nicht. Ich war davon ausgegangen, dass die Söldner eine eingeschworene Truppe waren. Jetzt schlug der Mann den ich für deren Anführer und Kopf gehalten hatte seinem Pferd die Fersen in die Flanken und verließ das Grundstück.
Ich starrte ihm nach, bis Orkun herangeritten kam. „Mach dir keinen Kopf, Kleine“, meinte er liebevoll lächelnd. „Der kriegt sich wieder ein. Denkt an unseren Plan und arbeitet daran. Ich habe ein Auge auf den Ochsen da vorn.“ Er nickte in Richtung Kjell, der sich immer weiter entfernte, dann trieb auch der Alte sein Pferd an und folgte ihm.
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