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Bisherige Veröffentlichungen
Stefanie Worbs
Faylinn
Die Vorgeschichte zum Roman
Faylinn
-
Hüterin der Türen
Faylinn
und
dieAnders-Welt
1
„Das ist sie. Sollen wir hingehen?“ Meryl sprach leise, denn bis zu dem kleinen Mädchen war es nicht weit und sie hatten sich schon mal fast verraten. Ihre Flügelspitzen zuckten vor Aufregung und versprühten kleine silberne Funken.
„Nein, nein. Wir müssen doch erst sehen, ob sie wirklich die Richtige ist!“ Auch Avas Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Sie warf der Fee neben sich einen warnenden Blick zu und Meryl konzentrierte sich darauf, nicht noch mehr Magiefunken blitzen zu lassen.
Die Blicke der beiden fixierten wieder das kleine Mädchen, das vor ihnen im Garten spielte. Sie saß da allein, mitten auf dem Rasen und pflückte Gänseblümchen. Ab und zu rupfte sie einer Blüte einzelne Blätter aus und lächelte verzückt, wenn diese in der leichten Sommerbrise davonflogen.
Ein Schmetterling landete vor ihr im Gras und hatte sofort ihre Aufmerksamkeit. Sie betrachtete das kleine Geschöpf fasziniert, machte aber keine Anstalten danach zu greifen. Der Falter flog ein paar Mal kurz auf und landete wieder. Dabei kam er ihr immer ein kleines Stück näher, bis er schließlich auf ihrem Knie sitzen blieb.
Der Mund der Kleinen bildete ein stummes Oh und ihre Augen wurden groß. Wie in Zeitlupe hob sie nun doch einen Finger und hielt ihn ganz nah vor dem Tierchen in der Luft. Der Schmetterling drehte sich und mit einem weiteren Flügelschlag landete er auf ihrem Finger. Die Augen der Kleinen begannen zu leuchten und ein heiteres Lachen entfuhr ihr. Der Falter stieg auf, umkreiste sie kurz und flog in den Himmel. Sie sah ihm nach, das Lachen noch immer auf ihren Zügen, bis Entsetzen es aus ihrem Gesicht wischte.
Ein Vogel stürzte hinab und hielt auf den Schmetterling zu. Die Kleine sprang auf, konnte aber nichts tun, außer zuzusehen, wie der Vogel seine Beute streifte. Der Schmetterling war zwar ausgewichen, doch zu spät. Er trudelte ungebremst Richtung Boden. Der Vogel flog indes eine Kurve und hielt noch mal auf seine Beute zu, doch diesmal sprang die Kleine vor und in die Luft. Sie kreuzte den Weg des Vogels und hielt ihn so davon ab, den Schmetterling endgültig zu fangen. Der Räuber drehte ab und verschwand in den Wolken. Das Mädchen wandte sich nach dem Schmetterling um und sank auf die Knie.
Ava konnte Tränen in ihren Augen sehen, als die Kleine vorsichtig die Hände ausstreckte und das Tierchen aus dem Gras hob. Sie hielt es sich dicht vors Gesicht und sagte etwas, was die beiden in ihrem Versteck nicht hören konnten. Dann rollte der Kleinen eine Träne über die Wange.
„Ava“, sagte Meryl erstickt und warf ihrer Freundin einen bittenden Blick zu.
Diese erwiderte ihn und gab nach. „Gut. Lass uns zu ihr gehen.“
Meryl flatterte auf und Ava trat leise aus dem Gebüsch hervor. Langsam lief sie auf das Mädchen zu und versuchte einzuschätzen, wie die Kleine reagieren würde, wenn auf einmal eine Leprechaun und eine Fee vor ihr standen. Doch das Mädchen registrierte die beiden erst gar nicht. Sie war so in ihre Trauer vertieft, dass sie sie erst bemerkte als Ava schon direkt neben ihr stand.
Die Kleine wandte den Kopf zu ihr und ein Kloß setzte sich in Avas Kehle fest. Die Augen des Mädchens hatten ein wunderbares sommergrasgrün, doch es standen noch immer Tränen darin. Bis auf die Eine hatte sich jedoch keine Weitere gelöst.
Die beiden sahen sich einen Moment lang einfach nur an. Dann streckte das Mädchen ihr die Hände hin. In ihnen geborgen lag der Schmetterling. Er lebte noch, doch ein Flügel war bei dem Vogelangriff verletzt worden. Er hing in zwei Teile gerissen, schlaff an dem kleinen Würmchen.
„Hilf ihm“, flüsterte die Kleine flehend.
Avas Augen glitten von ihr zu dem Schmetterling und zurück. „Das kann ich nicht“, musste sie zugeben und senkte den Blick auf den Rasen.
„Aber ich“, flötete Meryl und flatterte heran. Auch sie musterte das Gesicht der Kleinen und nun hatte die Fee ihre Aufmerksamkeit. Das Mädchen hob die Hände zu ihr und in ihren Augen stand die Bitte dem Tierchen zu helfen. Meryls Blick senkte sich auf das sterbende Tier, dann landete sie sanft auf den Fingerspitzen der Kleinen.
Der Schmetterling war vielleicht halb so groß wie Meryl selbst, doch sie war trotzdem der Meinung es schaffen zu können. Also hob sie die Hände und begann mit den Flügeln zu flattern. Silberne Magiefunken stiegen in die Luft und regneten über den Handflächen der Kleinen nieder. Mit ihren eigenen Händen lenkte Meryl die Magie in die richtige Richtung und legte sie über das Tier. Kurz wurde es komplett von den Funken eingehüllt, dann verschwand die Magie.
Der Flügel des Tierchens war wieder zusammengewachsen und es schlug sachte damit. Dann flatterte es stärker und erhob sich in die Luft. Wieder verzog sich der Mund der Kleinen zu einem erstaunten Oh . Der Schmetterling umkreiste erst sie, dann Ava und zum Schluss Meryl, dann flatterte er davon. Das Mädchen sah ihm lange nach, die Hände noch immer erhoben, dann wandte sie ihren Blick Meryl zu.
„Danke, kleine Frau“, sagte sie leise mit piepsiger Kinderstimme.
Meryl lachte. „Gern geschehen, kleines Mädchen.“
Auch die Kleine lachte nun fröhlich und ließ sich rückwärts auf ihren Po fallen. Meryl flatterte auf, als sie die Hände sinken ließ.
„Bist du eine Fee?“, wollte die Kleine wissen und fragte gleich hinterher, „Wie heißt du?“
Meryl kicherte und warf Ava einen verstohlenen Blick zu, dann antwortete sie: „Ja, ich bin eine Fee und ich heiße Meryl. Das da ist Ava und sie ist ein Kobold.“ Sie deutete auf ihre Gefährtin.
„Eine Leprechaun“, korrigierte Ava sie und sah beleidigt aus.
Das Mädchen verzog das Gesicht. „Das ist doch dasselbe“, sagte sie beschützend und ließ ein genervtes mohhh hören.
Wieder lachte Meryl. „Das sage ich auch immer. Aber sie besteht darauf.“
Die Kleine lachte ebenfalls. „Ist gut.“ Dann fügte sie an. „Ich bin ein Mensch.“ Damit ließ sie sich lachend rückwärts fallen und hielt sich den Bauch. Auch Meryl stimmte ein und selbst Ava konnte sich ein Kichern nicht verbeißen.
Als die Kleine sich beruhigt hatte, flatterte Meryl über sie und landete auf ihrem Bauch. „Wie heißt du denn?“
„Faylinn. Aber du kannst Fay zu mir sagen.“ Sie hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und schielte zu der Fee auf ihrem Bauch hinunter.
„Das ist ein schöner Name. Wie alt bist du, Fay?“
„Ich bin fünf“, sagte sie stolz und zog einen Arm unter dem Kopf hervor, um die Zahl mit gespreizten Finger anzuzeigen. „Aber ich habe bald Geburtstag, dann bin ich sechs.“ Sie ließ den Kopf ins Gras fallen und hob nun beide Hände über sich in die Luft, um auch diese Zahl mit den Finger zu zeigen.
„Also bist du schon ein großes Mädchen“, stellte Meryl fest, flog erneut auf und ließ sich dann auf Fays angewinkeltem Knie nieder. Sie hockte sich im Schneidersitz darauf und stützte den Kopf in die Hände.
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