Isabelle Pard
Mirabella und die Neun Welten
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Inhaltsverzeichnis
Titel Isabelle Pard Mirabella und die Neun Welten Dieses ebook wurde erstellt bei
PROLOG IM OLYMP PROLOG IM OLYMP „Jupiter, ich muss dich sprechen.“ Eine hochgewachsene Frau von dezenter Schönheit war aus dem Nichts vor dem prächtigen Thron des römischen Göttervaters erschienen. Die weiße Stola über ihrer Tunika, die sie meist über ihre langen schwarzen Haare drapierte, war in der Aufregung in den Nacken gerutscht. Das sonst Ruhe und Güte ausstrahlende Gesicht der Göttin sah beunruhigt zu ihrem Bruder auf. Jupiter erhob sich von seinem Thron und streckte ihr wortlos seinen starken Arm entgegen. Dankbar ergriff die Göttin die wohlgeformte Hand, welche gebieterisch nach Antwort verlangte, und schloss die Augen. Einen langen Moment verharrten beide unbeweglich mit geschlossenen Lidern, bis Jupiter die Verbindung löste. Er sah sie eindringlich mit seinen dunklen Augen an. „Bist du dir ganz sicher, Vesta?“ Sie nickte ernst. „Die Statue verlangt nach ihr.“ Seufzend nahm er wieder auf seinem Thron Platz und fuhr sich nervös durch seinen gelockten Bart. Mitfühlend betrachtete sie die sorgenvolle Miene ihres Bruders. „Ich werde auf sie Acht geben, ich verspreche es.“ Jupiter sah auf, seine Mundwinkel verzogen sich spöttisch. „Wie auf die letzte Vestalin?“ Die Göttin errötete stark und warf ihm einen tief verletzten Blick zu. Betroffen schwieg sie. „Entschuldige“, erwiderte er unerwartet milde, „ich will sie nur nicht auch noch verlieren.“
1 - JUPITERS KINDER
2 - VON MARS UND MONSTERN
3 - FLÜGELPFERDE IN NOT
4 – DIE GEBURTSTAGSÜBERRASCHUNG
5 - DIE HÜTERIN DES FEUERS
6 - DER HALBGÖTTER-STAMMTISCH
7 - EIN SEHR ALTER STEINKREIS
8 - DAPHNIS UND CHLOE ODER DIE ENTDECKUNG DER LUST
9 – HALBGÖTTLICHE NÄCHTE
10 - NEUN WELTEN
11 - DER SAAL DER KRIEGER
12 – EINE DOPPELT KALTE DUSCHE
13 – WOLKEN AM HIMMEL
14 – ERNEUT IM HOHEN NORDEN
15 - THORS SOHN
16 - ARS APOLLONIS
17 - AM HOFE VON FREYA
18 - DER NIBELUNGEN-RAP
19 - GEMISCHTER STAMMTISCH
20 – LIEBESKUMMER EINER HYDRA
21 - DIE GESPALTENE VESTALIN
22 – LICHTALBENHEIM
23 – HEXENKREISE
24 - BRÜDERCHEN UND SCHWESTERCHEN
25 - DER MORGEN DANACH
26 – ENTSCHEIDUNGEN
27 - EIN EHER UNHEILIGER ABEND
28 – IRRUNGEN UND WIRRUNGEN
29 - FEUER UND EIS
30 – AUSGELIEFERT
Glossar
Nordische Götterwelt
Yggdrasil
Olympische Götterwelt
Nibelungenrap Teil 1
Nibelungenrap Teil 2
Danksagung
Impressum neobooks
„Jupiter, ich muss dich sprechen.“
Eine hochgewachsene Frau von dezenter Schönheit war aus dem Nichts vor dem prächtigen Thron des römischen Göttervaters erschienen. Die weiße Stola über ihrer Tunika, die sie meist über ihre langen schwarzen Haare drapierte, war in der Aufregung in den Nacken gerutscht. Das sonst Ruhe und Güte ausstrahlende Gesicht der Göttin sah beunruhigt zu ihrem Bruder auf. Jupiter erhob sich von seinem Thron und streckte ihr wortlos seinen starken Arm entgegen. Dankbar ergriff die Göttin die wohlgeformte Hand, welche gebieterisch nach Antwort verlangte, und schloss die Augen. Einen langen Moment verharrten beide unbeweglich mit geschlossenen Lidern, bis Jupiter die Verbindung löste. Er sah sie eindringlich mit seinen dunklen Augen an. „Bist du dir ganz sicher, Vesta?“
Sie nickte ernst. „Die Statue verlangt nach ihr.“
Seufzend nahm er wieder auf seinem Thron Platz und fuhr sich nervös durch seinen gelockten Bart.
Mitfühlend betrachtete sie die sorgenvolle Miene ihres Bruders. „Ich werde auf sie Acht geben, ich verspreche es.“
Jupiter sah auf, seine Mundwinkel verzogen sich spöttisch. „Wie auf die letzte Vestalin?“
Die Göttin errötete stark und warf ihm einen tief verletzten Blick zu. Betroffen schwieg sie.
„Entschuldige“, erwiderte er unerwartet milde, „ich will sie nur nicht auch noch verlieren.“
14 Jahre später
Es waren über zwei Wochen seit der denkwürdigen Aufnahmefeier im Olymp vergangen. Mirabella, die scheinbar jüngste Tochter von Jupiter, dem Chef der Olympischen Götter, war nun eine anerkannte Halbgöttin mit Erlaubnis, den Olymp, den Sitz der griechisch-römischen Götter, jederzeit zu besuchen. Sie konnte es nur nicht.
Während der Aufnahmeprüfung hatte sie feststellen müssen, dass ihr der Zutritt verwehrt war, sofern sie nicht die Kette von Jupiter, die ein Haar von ihm enthielt, bei sich trug. Dieses Amulett diente dazu, mit Jupiter Kontakt aufzunehmen, für den Notfall oder die monatlich stattfindenden Treffen der lebenden halbgöttlichen Jupiterkinder. Heute Abend, an den Iden des Julis, was in diesem Monat der fünfzehnte bedeutete, fand das nächste und für sie erste Treffen statt. Sie würde endlich ihren Halbbruder Nikolaos wiedersehen, der mit seiner Mutter, seinem Adoptivvater, seiner kleinen Halbschwester Olympia und seinem Hund Platon in Brüssel lebte und die letzten zwei Wochen mit seiner Familie durch Kalifornien gereist war, während Mirabella zuhause in München noch Schule hatte. Sie hatte ihn trotz regelmäßiger Meldungen aus dem Urlaub furchtbar vermisst. Zumindest hatte sie nun etwas mehr Zeit für Antonia und Lukas gehabt, ihre menschlichen besten Freunde, die Mirabellas Geheimnis kannten. Sie hatten gemeinsam viel Zeit im Schwimmbad verbracht und den Besuch von Nikolaos geplant, der in gut zwei Wochen stattfinden sollte. Zwischenzeitlich würde Mirabella mit ihren Eltern nach Tansania fliegen. Eigentlich verspürte sie gar keine Lust auf den Urlaub, obwohl sie immer ganz wild auf eine Safari durch Afrika gewesen war, aber sie freute sich sehr, mit ihren Adoptiveltern Marcus und Yasmin Zeit zu verbringen. Marcus war der Bruder von Mirabellas Mutter Helena, die bei ihrer Geburt gestorben war. Jupiter hatte sich über die Trauer um Helena zurückgezogen, er hatte Mirabellas Mutter sehr geliebt, sie jedoch nicht retten dürfen, da auch er nicht über dem Schicksal stand. Mirabella erfuhr von ihrer Adoption erst durch Jupiter. Noch vor einem knappen Jahr schien sie ein ganz normales Mädchen aus bürgerlichem Haus zu sein, sie haderte mit ihren roten Locken, die niemand in der Familie hatte und über die sich eine Klassenkameradin immer lustig machte, aber sie hatte wunderbar(e) normale Eltern und Menschenfreunde. Nun war alles anders.
Mirabella saß in ihrem Zimmer auf dem Bett, auf ihren Beinen lag ein Buch, das ihr Vesta, die älteste Schwester Jupiters und ihre göttliche Patentante, gegeben hatte. Es erzählte, im wahrsten Sinne des Wortes, in Bildern und gesprochenen Worten die Geschichte des Krieges zwischen den Olympischen Göttern des Südens und den Asen, den Göttern des Nordens, der vor vielen Jahrhunderten stattgefunden hatte. Heutzutage bestand ein fragiler Frieden, den man mit dem Kalten Krieg im letzten Jahrhundert auf der Erde vergleichen konnte. Sie hatte das Buch aufgeschlagen, jedoch nach wenigen Momenten die Lust an diesem traurigen Kapitel der Göttergeschichte verloren, und ließ lieber eine kleine güldene Ziege vor sich in der Luft schweben. Sie hatte die kleine Statue beim Training im letzten Schuljahr erhalten. Das Bewegen von Gegenständen mit reiner Geisteskraft - Telekinese - wurde von allen Halbgöttern beherrscht. Als Tochter des Donnergottes war sie zudem fähig, Blitze zu erzeugen. In der Kindheit waren diese Fähigkeiten noch nicht sehr ausgeprägt und auch nicht bewusst, mit Beginn der Pubertät wuchsen sie jedoch zu einer Stärke an, die Schulung und Kontrolle erforderten. Sie hatte mit anderen jugendlichen Halbgöttern aus Südeuropa Unterricht erhalten, der auf ein Leben als Halbgöttin vorbereiten sollte. Alle Olympischen Götter hatten sich vorgestellt, die Jugendlichen hatten die verschiedenen Heiligtümer, den Unterwasserpalast von Neptun, das Totenreich von Pluto und Proserpina, den geheimnisumwitterten Vesta-Tempel und das Orakel von Delphi besucht. Letzteres hatte mittels Mirabella zu ihnen gesprochen und unheilvolle Dinge vorhergesagt.
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