Prolog
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Epilog
Stefanie Worbs
Faylinn
Band 1
Faylinn
Hüterin der Türen
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Erstes Buch
Auf Weave Mansion
Prolog
Mein Name ist Faylinn, aber alle nennen mich Fay. Ich bin 17 und habe keine Eltern mehr, zumindest in meinem Kopf. Und wenn ich auf die Frage antworten müsste, ob ich Freunde habe, würde ich sagen: „Na ja, vielleicht keine Freunde. Eher gute Bekannte. Wenigstens was die Menschen angeht.“
Bevor ihr jetzt aber denkt, oh das arme Mädchen, ihr geht’s bestimmt schlecht, weil sie niemanden hat , ich habe durchaus noch jemanden. Meine kleine Schwester Lia nämlich, die ich über alles liebe. Sie ist mein Leben und wer es auch nur wagt daran zu denken, ihr etwas Böses zu wollen, ich wüsste nicht, was demjenigen noch helfen könnte. Obwohl ich ja sonst kein Freund von Gewalt bin. Überhaupt nicht.
Lia und ich leben seit ein paar Wochen auf Weave Mansion. Das ist ein Internat für magiebegabte Kinder und Jugendliche. May und Deaken Rivers haben uns beide aus der Irrenanstalt geholt, in die unsere Eltern uns gesteckt hatten, weil wir angeblich verrückt waren. Aber das sind wir nicht. Wir haben nur mehr Fantasie als die meisten Menschen und das gibt uns die Fähigkeit, übernatürliche Dinge und Wesen zu sehen. Wie Ava und Meryl zum Beispiel. Eine Leprechaun und eine Fee. Tja, meine Eltern fanden unsere Geschichten über die beiden allerdings überhaupt nicht witzig und ihre Konsequenz war die Anstalt. Zum Glück kamen aber die River Geschwister und nun lernen Lia und ich auf ihrem Internat in Schottland, mit Magie umzugehen.
Meine kleine Schwester hat nebenher noch richtig Schule mit Mathe, Geschichte und allem drum rum. Ich bin aber schon in der Ausbildung zur Hüterin, denn ich soll später mal eine Anders-Welt beschützen. Mein offizieller Titel soll Hüterin der Türen werden, auch wenn wir nicht auf die Türen, sondern auf die Welten dahinter aufpassen. Damit werde ich eine enorme Verantwortung tragen, aber auch eine Menge coole Sachen anstellen können.
Hüter haben nämlich ihre ganz eigene Magie. Im Groben kann man sagen; was wir uns vorstellen, wird wahr. Wenn ich später in meiner Anders-Welt bin und zum Beispiel Hunger habe, kann ich mir einfach einen Apfel vorstellen und ihn so real werden lassen. Da geht wirklich mit allem. Ich könnte sogar Tote wiedererwecken und ich kann selbst nicht sterben, wenn ich dort bin. Ist das nicht krass?
In Wisteria bin ich dann quasi allmächtig. Aber eben genau das bringt dann auch die Verantwortung mit sich. Dummheiten, Fehler und Unachtsamkeit haben keinen Platz im Leben eines Hüters. Wir schützen die Welten und das ist wirklich wichtig, damit keine Katastrophen im Weave geschehen.
Ich bin so gespannt auf meine Anders-Welt. Wisteria. Ava hat mir schon mal, verbotenerweise, die Tür zu dieser Welt gezeigt und sie auch für geöffnet. Ich habe heute noch Träume von dem wunderschönen Wisteria-Wald, der hinter der Mooreichentür gelegen hatte.
Wie gerne würde ich sofort wieder hin. Aber vor mir liegen noch sieben Jahre strengste Ausbildung. Trotzdem, ich bin so gespannt darauf, wie es sein wird, durch die Tür zu gehen. Auch wenn später mal viel Verantwortung auf mir liegen wird, bin ich mir sicher, dass ich das schaffen werden.
Mit viel Spaß, Magie und vor allem Fantasie.
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„Komm schon, Lia. Wir müssen los!“, rief ich meiner kleinen Schwester zu, denn sie trödelte noch im Bad herum. „Das schaffen wir nie in fünf Minuten.“ Ich konnte nur den Kopf schütteln. Nicht dass es schlimm gewesen wäre, wenn wir zu spät kamen. Aber auch die Professoren von Weave sahen es nicht gerne, wenn man in den angefangenen Unterricht platzte.
„Ich komm ja schon“, murrte sie und schleppte sich aus dem Bad. „Ich hab keine Lust auf Sport.“
„Dann guck eben nur zu. Wir müssen trotzdem los. Ich habe nämlich Lust auf Raum-Zeit“, sagte ich und zog auffordernd die Augenbrauen hoch.
Lust auf Schule war seltsam für mich, denn normalerweise konnte ich Lernen nicht ausstehen. Zumindest was die Otto Normal Schule angegangen war. Seit ich auf Weave war, hatte sich das schlagartig geändert. Was größtenteils daran lag, dass ich eben kein Bio oder Chemie mehr hatte. Mein Lieblingsfach war Magie . Dort lernten wir, wie wir unsere Kräfte einsetzen konnten. Heute nach Raum-Zeit würde ich eine Tripel-Stunde Magie haben. Einzel- oder Doppel-Stunden würden bei dem, was gefordert wurde, nicht ausreichen.
Endlich hatte Lia alles beisammen und wir machten uns auf den Weg. Die Turnhalle lag im hinteren Teil der Mansion und ihre Mitschüler waren schon fast alle umgezogen.
Ein Stöhnen drang an mein Ohr, also drehte ich mich zu Lia um. „Was ist denn?“, fragte ich, schon leicht genervt, denn den Anfang meiner Stunde würde ich jetzt definitiv verpassen.
„Ich hab meine Sporttasche vergessen“, gab sie zu, verdrehte aber selbst genervt die Augen. Ich musste grinsen. Ob Absicht oder nicht, sie schaffte es immer mich aufzuheitern.
„Dann geh eben so und sag deinem Lehrer Bescheid. Heute wird’s mal gehen.“
„Okay.“ Sie kam herüber und drückte mich kurz. „Viel Spaß bei Magie nachher“, grinste sie zu mir nach oben und ich wusste, dass sie auf Deaken anspielte. Sie mochte meinen Professor für Magie wirklich sehr. Er hatte sie damals immer in der Anstalt besucht und die beiden hatten einander ins Herz geschlossen.
„Ich werde ihm Grüße von dir bestellen“, grinste ich zurück und machte mich los. Sie lief an mir vorbei und in die Turnhalle. Ich seufzte und machte mich auf zu Raum-Zeit. Mein Weg war nicht allzu weit. Ich durchquerte den Indoor-Garten und trat auf den Fahrstuhl zu. Er verband alle vier Stockwerke und den Keller der Mansion oder besser die Klassenräume. Sicher, die Treppe hätte es auch getan, doch der Lift hielt genau in den Klassenzimmern.
Der Aufbau der Mansion war immer wieder faszinierend. Man betrat sie durch ein prachtvolles Eingangsportal. Große Durchgänge führten rechts in eine Bibliothek und links zu den Aufenthaltsräumen der Schüler. Von diesen ging es über weitere Treppen zu den privaten Zimmern. Von der Bibliothek aus führte eine Treppe zu den Büros und Zimmern der Professoren. Vom Portal gesehen geradeaus kam man zum Fahrstuhl und der Treppe, die sich etwas seitlich rechts neben dem Aufzug befand. Dahinter ging es durch den Indoor-Garten zur Turnhalle, der Küche mit Speisesaal und den Außenkampfplätzen. Diese wiederum grenzten an einen riesigen Garten, der, neben einem Heckenlabyrinth, auch einen kleinen Wald am hinteren Ende besaß.
Die Schüler munkelten immer, dass es im Wald Fabelwesen gäbe. Keiner war sich sicher. Das Einzige was ich wusste, war, dass dort Fenixe lebten. Kleine, diebischer Erdgeister. May hatte mir von ihnen erzählt. Aber gesehen hatte ich noch keinen. Überhaupt hatte ich noch keine Fabelwesen gesehen, außer Ava und Meryl. Ein bisschen wünschte ich mir schon, mal einem zu begegnen, doch große Hoffnungen machte ich mir nicht. Sie hielten sich von Menschen fern und ich war einer.
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