Ursula Tintelnot - Faith und Leathan

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Seit Leathan, der dunkelste der Schattenfürsten, von der Herrscherin der Lichten Welt Magalie auf die Lebenden Steine verbannt wurde, ist das Leben für die Bewohner der Schattenwelt deutlich leichter. Faith und Richard haben nach ihrem Studium die Anderswelt zu ihrer Heimat gemacht und fühlen sich dort mit ihren Kindern sicher. Doch Leathan kann den Lebenden Steinen entfliehen und nimmt seinen Platz als Fürst der Schattenwelt wieder ein. Er verfällt nach und nach dem Wahnsinn. Mit seiner Rückkehr und der seines grausamen Elfen heers versinkt nicht nur sein Fürstentum immer mehr im Chaos, auch
andere Reiche der Anderswelt drohen unterzugehen. Noch einmal müssen sich Faith und Richard dem machthungrigen Fürsten stellen. Wird es ihnen dieses Mal gelingen, die Dunkle Welt von ihm zu befreien?

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Faith und Lea­than.

Tanz auf dem Vul­kan.

Band III

Ur­su­la Tin­tel­not

Im­pres­s­um

Co­py­right © 2020 Ur­su­la Tin­tel­not

Um­schlags­fo­to: © Ka­jus Kötz

Co­ver­ge­stal­tung: © Me­du­sa Ma­bu­se

Buch­satz: Me­du­sa Ma­bu­se

Alle Rech­te, ein­schließ­lich das des voll­stän­di­gen oder aus­zugs­wei­sen Nachrucks in jeg­li­cher Form, sind vor­be­hal­ten

In­halts­ver­zeich­nis

Ka­pi­tel 1

Ka­pi­tel 2

Ka­pi­tel 3

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Ka­pi­tel 19

Ka­pi­tel 20

Ka­pi­tel 21

Ka­pi­tel 22

Epi­log

Per­so­nen

Ka­pi­tel 1

Die Rü­ck­kehr

Aus der Fer­ne eine Ru­i­ne, glich das Bau­werk beim Nä­her­kom­men ei­ner düs­te­ren, pracht­vol­len Ka­the­dra­le. Der Wind, der sich hier nie­mals leg­te, wein­te wie ein un­tröst­li­ches, ver­las­se­nes Kind um Tür­me und Pfei­ler.

Her­risch auf­stre­ben­de Säu­len stie­gen schein­bar bis in den Him­mel. Im­mer noch wuch­sen Mau­ern und Pfei­ler. Hun­der­te von ab­schre­cken­den moos­be­wach­se­nen Sta­tu­en und grau­si­gen, grin­sen­den Skulp­tu­ren be­setz­ten Wän­de und Ni­schen der Fas­sa­de. Die Stein­to­ten . Gräss­lich ver­zerr­te Ge­sich­ter starr­ten auf die Be­schau­er her­un­ter. Sie be­weg­ten sich, kau­er­ten auf Sim­sen und tanz­ten in Ni­schen ihre ob­szö­nen Tän­ze. Schwa­r­ze haa­ri­ge Spin­nen wo­ben ihre Net­ze in je­dem Win­kel. Un­zäh­li­ge Vö­gel nis­te­ten in dem Ge­mäu­er, über­zo­gen mit ih­rem Kot die Mau­ern mit wei­ßem Pelz. Die Tore der Au­ßen­mau­ern wa­ren mit ei­ser­nen Git­tern ver­schlos­sen.

Die Moor­wei­ber, be­zau­bernd schö­ne Ge­stal­ten, nä­her­ten sich neu­gie­rig den Le­ben­den Stein en. Ihr Tanz im Wind war be­tö­rend. Sü­ßer Blü­ten­duft weck­te die Sin­ne, ihr sil­ber­nes La­chen, ein nicht zu be­zwin­gen­des Be­geh­ren. Das Letz­te al­ler­dings, das die Män­ner er­blick­ten, die ih­rer Be­gier­de folg­ten, war ihre wah­re Ge­stalt.

Das sil­ber­ne La­chen wur­de zum Krei­s­chen aus zahn­lo­sen Mün­dern. Das eben noch lo­cki­ge Haar, ein Nest sich win­den­der Schlan­gen. Pu­res Grau­en. Wenn sie die Wahl ge­habt hät­ten, wä­ren ihre Op­fer lie­ber im Moor ver­sun­ken, als in den Ar­men die­ser gräss­lich stin­ken­den Schreck­ge­stal­ten jäm­mer­lich zu ver­en­den.

Auch die Moor­wei­ber wuss­ten von der Le­gen­de: Ei­nes Ta­ges soll­ten die Stein­to­ten wie­der zum Le­ben er­wa­chen. Sie wür­den her­ab­stei­gen aus ih­rer stei­ner­nen Ge­fan­gen­schaft.

End­lich tat sich et­was. Nach so vie­len Jah­ren, wäh­rend de­rer sich die Frat­zen und Skulp­tu­ren nur auf den Mau­ern be­wegt hat­ten, ver­schwand eine nach der an­de­ren aus den Mau­e­r­ver­tie­fun­gen, von Sim­sen und Tür­men. Ei­ni­ge be­völ­ker­ten be­reits den Park. Im­mer mehr die­ser Ge­stal­ten be­weg­ten sich um den See her­um und er­grif­fen ganz selbst­ver­ständ­lich Be­sitz von der Ebe­ne. Lea­thans dunk­le El­fen er­wach­ten zum Le­ben.

Es schien den Moor­wei­bern, als ob die Mau­ern lang­sa­mer at­me­ten, sie stöhn­ten und keuch­ten wie eine Grei­sin mit ei­ner al­ters­schwa­chen Lun­ge. Noch im­mer ver­än­der­ten die Stei­ne ihr Aus­se­hen. Mau­ern ver­schwan­den, um wo­an­ders wie­der zu wach­sen. Lea­than und Si­be­ria wa­ren nicht mehr zu se­hen. Auch auf den Vor­sprün­gen, Tür­men und in den Er­kern konn­ten die Wei­ber sie nicht ent­de­cken.

Er­schro­cken wi­chen sie zu­rück, als sie zor­ni­ges Ge­brüll aus dem In­ne­ren der An­la­ge ver­nah­men. Gleich dar­auf hör­ten sie das schril­le Krei­s­chen der Hexe. Kein Zwei­fel, der Fürst der Schat­ten­welt und die schwa­rz­ma­gi­sche Hexe wa­ren zu­rück. Es hör­te sich nicht so an, als habe der jah­re­lan­ge stei­ner­ne Tanz den Dun­kel­alb und Si­be­ria ver­söhnt.

»Du hast un­se­ren Sohn ge­tö­tet, und da­für wirst du bü­ßen.«

»Du hät­test die­sen Ver­rä­ter nie­mals aus­tra­gen dür­fen.«

Das Ge­schrei brach ab­rupt ab.

Die Moor­wei­ber zo­gen sich zu­rück. Sie hat­ten schon zu viel ge­hört und woll­ten nicht von Lea­than über­rascht wer­den. Vie­le Jah­re lang wa­ren das Moor und die wil­de Ge­gend um die Le­ben­den Stei­ne ver­waist ge­we­sen. Nur die Moor­wei­ber mit Her­den ver­wil­der­ter Pfer­de und den stöh­nen­den Un­to­ten auf der un­wirt­li­chen Ebe­ne. Hier­her wag­ten sich nur we­ni­ge Be­woh­ner der Schat­ten­welt , und oft ge­nug be­zahl­ten sie ih­ren Wa­ge­mut mit dem Le­ben.

Die Mo­ri­tu­ri war­te­ten gie­rig auf le­ben­di­ge See­len, die sie um­fan­gen und in ih­ren Um­ar­mun­gen er­sti­cken konn­ten. Die­se We­sen, die so­gar den Feen und El­fen ge­fähr­lich wer­den konn­ten, be­stan­den aus ne­bel­haf­ten, stin­ken­den Häu­ten, in die sie ihre Op­fer hüll­ten, um ih­nen die See­len aus den Lei­bern zu sau­gen.

Flie­gen

Ma­ga­lie sah amü­siert Os­kars ver­geb­li­chen Ver­su­chen zu. Der grü­ne Glit­ter hat­te es sich in den Kopf ge­setzt, den bei­den klei­nen rot­haa­ri­gen Mäd­chen, die be­wun­dernd zu ihm auf­sa­hen, das Flie­gen bei­zu­brin­gen. Im­mer wie­der flog er auf und nie­der, in der Hoff­nung, dass Faith’s Töch­ter es ihm ir­gend­wann nach­tun wür­den. Klein Lisa konn­te auf ih­ren kur­z­en Bein­chen ge­ra­de mal ein paar Schrit­te tun, ohne hin­zu­fal­len, Lot­te war noch im Krab­bel­al­ter. Ob sie es je lern­ten? Nicht sehr wahr­schein­lich, dach­te Ma­ga­lie.

Faith und Ri­chard wa­ren bei­de Hal­bel­fen, also tru­gen auch ihre Kin­der ein mensch­li­ches Gen in sich. Sie wand­te sich um, als sie das ver­trau­te Rau­schen hör­te.

»Ah, Flug­stun­den, Os­kar gibt nicht auf, was?« El­sa­be grins­te. »Sei­ne Be­mü­hun­gen wer­den ja wohl eher ver­geb­lich blei­ben. Es gibt Ge­re­de, Ma­ga­lie«, sag­te sie ernst ge­wor­den und wand­te sich der Fürs­tin zu.

»Ge­re­de?«

Jah­re wa­ren ver­gan­gen, seit die bö­sen Ge­rüch­te über Ru­fus und sei­ne Ma­chen­schaf­ten in Um­lauf ge­kom­men wa­ren. Der Sohn Lea­thans und Si­be­ri­as hat­te ver­sucht, sich ge­gen sei­nen Va­ter zu stel­len. Lea­than hat­te nicht ge­zö­gert, den ei­ge­nen Sohn zu tö­ten.

Si­be­ria be­schwor der Höl­le Ra­che.

Sie­ben­ein­halb Jah­re wa­ren ver­gan­gen, seit­dem Lea­than auf den Mau­ern der Ka­the­dra­le im Moor sei­nen stei­ner­nen Tanz mit Si­be­ria ge­tanzt hat­te. Ma­ga­lie spür­te noch im­mer die Kraft des Me­dail­lons, mit des­sen Hil­fe sie den Fürs­ten der Schat­ten­welt und die schwa­rz­ma­gi­sche Hexe auf den höchs­ten Turm der Le­ben­den Stei­ne ka­ta­pul­tiert hat­te. Hier muss­te das Paar, das sich bis aufs Blut hass­te, sei­nen bi­zar­ren Tanz tan­zen. Jetzt gab es also neue Ge­rüch­te?

»Was hast du ge­hört, El­sa­be?«

»Du kennst die Le­gen­de, nach der die Le­ben­den Stei­ne ihre stei­ner­nen Be­woh­ner wie­der ent­las­sen?«

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