Ursula Tintelnot - Die Füchsin

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Ihre Lebenswelten könnten nicht unterschiedlicher sein. Valerie, eine erfolgreiche Autorin lebt in ihrer luxuriösen Eigentumswohnung in einem angesagten Quartier in Hamburg. Sie lebt allein, ohne feste Bindung, mit ihrer Katze. Ihr Leben zwischen exquisiten Empfängen und anstrengenden Lesereisen ist vergleichsweise glamourös.
Adam ist durch einen Schicksalsschlag alleinerziehender Vater eines Eineinhalbjährigen und Besitzer einer Gärtnerei, vor den Toren der Stadt, auf dem platten Land geworden. Valerie kennt seinen Vornamen. Für Adam bleibt sie die Namenlose, die Füchsin, wie er sie bei sich nennt.
Nach einer zufälligen, kurzen Begegnung, bleibt beiden eine unstillbare Sehnsucht nacheinander. Immer wieder sehen sie sich im Gewühl der Großstadt ohne sich näher zu kommen. Keiner von beiden ergreift die Initiative. Beide sind verletzt in ihrer ganz eigenen Weise und fürchten, noch einmal verletzt zu werden.
Ihre Lebenswelten könnten nicht unterschiedlicher sein. Valerie, eine erfolgreiche Autorin lebt in ihrer luxuriösen Eigentumswohnung in einem angesagten Quartier in Hamburg. Sie lebt allein, ohne feste Bindung, mit ihrer Katze. Ihr Leben zwischen exquisiten Empfängen und anstrengenden Lesereisen ist vergleichsweise glamourös.
Adam ist durch einen Schicksalsschlag alleinerziehender Vater eines Eineinhalbjährigen und Besitzer einer Gärtnerei, vor den Toren der Stadt, auf dem platten Land geworden. Valerie kennt seinen Vornamen. Für Adam bleibt sie die Namenlose, die Füchsin, wie er sie bei sich nennt.
Nach einer zufälligen, kurzen Begegnung, bleibt beiden eine unstillbare Sehnsucht nacheinander. Immer wieder sehen sie sich im Gewühl der Großstadt ohne sich näher zu kommen. Keiner von beiden ergreift die Initiative. Beide sind verletzt in ihrer ganz eigenen Weise und fürchten, noch einmal verletzt zu werden.

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Die Füch­sin

Ur­su­la Tin­tel­not

Ro­man

Im­pres­s­um

Co­py­right: © 2021 Ur­su­la Tin­tel­not

Um­schlags­fo­to: © GSPic­tu­res

Co­ver­ge­stal­tung: © Me­du­sa Ma­bu­se

Buch­satz: © Me­du­sa Ma­bu­se

Alle Rech­te, ein­schließ­lich das des voll­stän­di­gen oder aus­zugs­wei­sen Nachrucks in jeg­li­cher Form, sind vor­be­hal­ten

Klap­pen­text:

Ihre Le­bens­wel­ten könn­ten nicht un­ter­schied­li­cher sein. Va­le­rie, eine er­folg­rei­che Au­to­rin lebt in ih­rer lu­xu­ri­ösen Ei­gen­tums­woh­nung in ei­nem an­ge­sag­ten Quar­tier in Ham­burg. Sie lebt al­lein, ohne fes­te Bin­dung, mit ih­rer Kat­ze. Ihr Le­ben zwi­schen ex­qui­si­ten Emp­fän­gen und an­stren­gen­den Le­se­rei­sen ist ver­gleichs­wei­se gla­mou­rös.

Adam ist durch einen Schick­sals­schlag al­lein­er­zie­hen­der Va­ter ei­nes Ein­ein­halb­jäh­ri­gen und Be­sit­zer ei­ner Gärt­ne­rei, vor den To­ren der Stadt, auf dem plat­ten Land ge­wor­den. Va­le­rie kennt sei­nen Vor­na­men. Für Adam bleibt sie die Na­men­lo­se, die Füch­sin, wie er sie bei sich nennt.

Nach ei­ner zu­fäl­li­gen, kur­z­en Be­geg­nung, bleibt bei­den eine un­still­ba­re Sehn­sucht nach­ein­an­der. Im­mer wie­der se­hen sie sich im Ge­wühl der Groß­stadt ohne sich nä­her zu kom­men. Kei­ner von bei­den er­greift die In­itia­ti­ve. Bei­de sind ver­letzt in ih­rer ganz ei­ge­nen Wei­se und fürch­ten, noch ein­mal ver­letzt zu wer­den.

In­halts­ver­zeich­nis

1 Le­sung

2 Juni

3 Juni

4 Juni

5 Juli

6 Juli

7 Ende Juli

8 Juli

9 Ende Juli

10 Au­gust

11 Au­gust

12 Au­gust

13 Au­gust

14 Ok­to­ber

15 Ok­to­ber

16 Ja­nu­ar

17 Mai

18 Mai

19 Juli

20 Juli

21 Som­mer

22 Som­mer

23 Som­mer

24 Au­gust

25 Ende Au­gust

26 De­zem­ber

27 Mai Juni

28 Juni

Über die Au­to­rin und wei­te­re Wer­ke

1 Le­sung

Adam sitzt mit ei­nem schla­fen­den Kind auf dem Schoß in ei­nem wei­ten Raum. Schwa­r­ze Ei­sen­stre­ben über­wöl­ben die hohe De­cke der ehe­ma­li­gen Fa­brik­hal­le. Jetzt, nach der Le­sung, ste­hen die Tore of­fen. Grup­pen von Rau­chern auf dem ge­pflas­ter­ten Vor­platz, Ge­drän­ge an der Bar. Die Ti­sche sind nicht alle be­setzt.

»Ben möch­te Sie ken­nen­ler­nen.«

Die, die er an­spricht ist … so alt wie er? Viel­leicht. At­trak­tiv? Sehr at­trak­tiv. Hat sie zu viel ge­trun­ken? Er ist stock­nüch­tern.

»Ihr Ben schläft gleich ein.« Sie lacht lei­se.

»Das ist ein Täu­schungs­ma­nö­ver. Er tut nur so.«

Er be­trach­tet sie, möch­te sie noch ein­mal zum La­chen brin­gen. Schön ge­schwun­ge­ne Lip­pen. Au­gen, grau oder grün? Das kann er nicht er­ken­nen. Un­ter ge­senk­ten Li­dern blickt sie das Kind an. Nicht ihn. Ihre Fin­ger spie­len mit ei­ner lan­gen, hauch­dün­nen Sil­ber­ket­te über ih­rem De­kol­leté. Ein halb ge­leer­tes Glas in ih­rer Hand. Si­cher nicht das ers­te , denkt er. Sie macht einen Schritt von ihm weg. Eine leich­te Un­si­cher­heit. Ihre Hand greift Halt su­chend eine Stuhl­leh­ne.

»Wie ge­fie­len Ih­nen die Ge­dich­te?«

Sie zö­gert. »Zu viel To­des­sehn­sucht.«

Ja, die Ge­dich­te dreh­ten sich um Tod, Ein­sam­keit und Ver­las­sen­heit. Pas­send zu sei­ner ei­ge­nen See­len­la­ge.

Sie wühlt in ih­rer Um­hän­ge­ta­sche. Eine zer­knit­ter­te Zi­ga­ret­ten­pa­ckung kommt zum Vor­schein. Ihre Hand zit­tert leicht. Das Feu­er­zeug fin­det sie in der Ta­sche ih­res Ja­cketts. Sie at­met den Rauch tief ein und hält ihm nach kur­z­em Zö­gern die Pa­ckung ent­ge­gen.

»Nein, dan­ke. Ich habe auf­ge­hört.«

»Ver­nünf­tig.«

Sie zieht den Stuhl zu sich her­an und setzt sich halb ab­ge­wandt von ihm, so, dass sie in den Raum se­hen kann.

Er be­trach­tet ihre hohe Stirn, die ge­ra­de Nase, das Kinn. »Die Be­schäf­ti­gung mit dem Tod ist le­gi­tim.«

»Si­cher.« Sie dreht den Kopf in sei­ne Rich­tung.

Un­will­kür­lich fragt er sich, wie es wäre, die­se Lip­pen zu küs­sen, die sich ge­ra­de um die Zi­ga­ret­te schlie­ßen. Sie raucht gie­rig.

»Ich bin Adam«, sagt er schnell. Er will nicht, dass sie geht, kann den Blick nicht von ihr wen­den. Üp­pi­ges dun­kel­ro­tes, von ei­nem Band im Nacken zu­sam­men­ge­hal­te­nes Haar. Die Li­der schwer über schma­len Au­gen.

Die Füch­sin, die seit ei­ni­ger Zeit um sein Haus her­um­schleicht, fällt ihm ein. Eine hoch­bei­ni­ge ele­gan­te Fähe, mit un­ge­wöhn­lich dunk­lem ro­tem Fell. Eine Füch­sin , denkt er. Eine Füch­sin mit ei­ner ver­letz­ten Pfo­te . Ihm ist ihr leich­tes Hin­ken auf­ge­fal­len.

Sie ist un­ge­wöhn­lich. Si­cher die auf­fallends­te un­ter all den Frau­en. Sie hat so et­was wie einen Pan­zer um sich, un­sicht­bar, aber ein Pan­zer.

Er blickt sich um. Es gibt nur we­ni­ge Män­ner hier. Wie so oft sind die Frau­en auch bei die­ser Le­sung in der Über­zahl. Er in­ter­es­siert sich für Ge­dich­te, Li­te­ra­tur über­haupt. Und für Kräu­ter und Gift­pflan­zen. Er züch­tet sie, baut sie an und fo­to­gra­fiert sie. Sei­ne Er­kennt­nis­se schreibt er akri­bisch auf.

Als er wie­der in ihre Rich­tung schaut, ist sie nicht mehr da. Auf dem Tisch liegt ihre Zi­ga­ret­ten­pa­ckung, da­ne­ben das Feu­er­zeug. Ohne nach­zu­den­ken, steckt er bei­des ein. Im Aus­gang sieht er kurz ihr Pro­fil. Glanz auf ih­rem Haar. Dann ist sie fort. Ver­dammt! Er hät­te ger­ne mehr von ihr ge­wusst. Sie hat nicht ein­mal ih­ren Na­men ge­nannt. Er er­hebt sich, als das Kind auf sei­nem Schoß sich regt.

»Wir ge­hen heim«, flüs­tert er.

Der klei­ne Jun­ge legt die Arme um Adams Hals und schmiegt sich an ihn. »Dada«, flüs­tert er und schläft wie­der ein.

Der rote Prit­schen­wa­gen ist alt und nicht sehr sau­ber. Ein Auto, dem man den Ge­brauch an­sieht. Ein Nutz­fahr­zeug, kein Sta­tus­sym­bol. Er schnallt das Kind im Kin­der­sitz fest, schiebt die Tür so lei­se wie mög­lich zu und geht um den Wa­gen her­um, um auf der an­de­ren Sei­te ein­zu­stei­gen.

Ben­ja­min, denkt er, müss­te in sei­nem Bett lie­gen, nicht mit mir an nächt­li­chen Ver­an­stal­tun­gen teil­neh­men. Er bleibt eine Wei­le sit­zen, ohne den Wa­gen zu star­ten, und starrt auf den re­gen­feuch­ten As­phalt. Ein kur­z­er war­mer Som­mer­re­gen, der kei­ne Ab­küh­lung bringt. Adam fährt erst los, als der Re­gen nach­lässt. Er hat wie­der nicht an die de­fek­ten Schei­ben­wi­scher ge­dacht. Mor­gen , denkt er.

Die­se Frau geht ihm nicht aus dem Kopf. Er är­gert sich, dass er sie hat ge­hen las­sen. Eine Frau ohne Na­men, ei­gen­tüm­lich ver­traut.

Ben schna­rcht lei­se, sein Köpf­chen ist zur Sei­te ge­fal­len. Mit bei­den Hän­den hält er einen klei­nen Stoff­hund an die Brust ge­drückt. Adam fragt sich nicht zum ers­ten Mal, wie er mit ei­nem knapp Zwei­jäh­ri­gen zu­recht­kom­men soll. Sei­ne Ge­dan­ken wan­dern zum dun­kels­ten Tag sei­nes Le­bens. Dem Tag, an dem sei­ne Schwes­ter sta­rb und ihm ihr Le­ben hin­ter­ließ. Er hat es an­ge­nom­men.

Jetzt star­tet er sei­nen Wa­gen. Fünf­und­vier­zig Mi­nu­ten spä­ter sieht er die Dä­cher der Ge­wächs­häu­ser, glän­zend nass vom Re­gen. Da­ne­ben die Scheu­ne und das gro­ße alte Stein­haus. Vor­sich­tig biegt er in den Hof ein und parkt di­rekt vor der Haus­tür. Die Füch­sin sitzt reg­los zwi­schen den Ge­wächs­häu­sern. Er hebt Ben aus sei­nem Sitz und bringt ihn, ohne ihn zu we­cken, ins Bett.

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