Der Sicherheitschef wandte sich den anderen zu. „Alle zurück ins Hauptgebäude. Farnton und Jeffries … Sie erstatten Mister Vosbergh in der Zentrale Bericht. Lanning, holen Sie Ihr Schweißgerät. Wir räumen Gebäude 12-02 und versiegeln die Türen. Wenn hier wieder jemand hineingeht, dann sind das gut bewaffnete Truppen der Corporation. Und jetzt Bewegung, Leute.“
Carmody ging gründlich vor. Er ließ die Türen des Verbindungsganges zwischen 12-02 und dem Hauptgebäude verriegeln und zusätzlich zuschweißen. Dann folgte er Farnton und Jeffries in die Zentrale in der oberen Ebene.
Die beiden Männer standen mit Manager Vosbergh an einer der großen Sichtscheiben, von denen aus man Gebäude 12-02 sehen konnte. Inzwischen hatten sie sich ein wenig beruhigt und ihren Bericht erstattet.
Vosbergh wirkte sichtlich betroffen, als er sich an Carmody wandte. „Ich teile Ihren Entschluss, 02 zu versiegeln. Mister Farnton, konnten Sie bei den Angreifern irgendwelche Waffen feststellen?“
„Jede Menge Zähne, Klauen, Krallen … Was immer Sie wollen“, antwortete der Ingenieur.
„Das meine ich nicht“, brummte Vosbergh. „Konnten Sie künstliche Waffen erkennen? Gleichgültig wie primitiv, aber Waffen, die man mit handwerklichem Geschick herstellen muss?“
Farnton überlegte. „Nein. Keine Waffen, keine Kleidungsstücke oder angefertigte Körperpanzer. Verdammt, Vosbergh, das brauchen die Biester auch nicht. Die sind gepanzert und haben unsere Leute in Stücke gerissen.“
„Das habe ich durchaus verstanden, Mister Farnton. Bitte, beruhigen Sie sich. Hier im Hauptgebäude sind Sie in Sicherheit. Ich muss nur wissen, ob wir es mit einer intelligenten Lebensform oder mit Tieren zu tun haben, die nur ihrem Instinkt folgen.“
„So oder so, die wollen uns ans Leben“, stieß Jeffries hervor. „Meine Güte … Wir müssen uns bewaffnen, sonst schlachten die uns alle ab.“
„Hier werden sie nicht so schnell hereinkommen“, meinte Carmody beruhigend. Er räusperte sich. „Dennoch kann es sicher nicht schaden, wenn wir zusammensuchen, was wir an Waffen oder kampftauglichen Gegenständen hier haben.“ Jeffries begriff, dass der Sicherheitschef ein Eindringen der Fremden nicht ausschloss und wurde erneut bleich.
Carmody sah den Manager an. „Haben Sie die Hauptbasis erreicht, Sir?“
Vosbergh nickte. „Ich habe die Hauptbasis angefunkt und die neue Situation geschildert. Ich konnte mit Hoch-Manager Adanaki persönlich sprechen. Er hat mir versichert, dass man uns bald Hilfe senden wird. Eine private Rettungseinheit sei bereits in der Basis eingetroffen, aber man warte noch auf Verstärkung durch eine zweite Gruppe.“
„Zweite Gruppe?“, hakte Carmody nach.
Der Manager nickte. „Einen Navy-Kreuzer mit einem Einsatzkommando der Sky-Cavalry.“
„Die erste gute Nachricht seit Langem“, seufzte Carmody. „Die Troopers von der Cav werden mit allem fertig. Ich hoffe nur, sie beeilen sich.“
„Hoch-Manager Adanaki meint, dass das Rettungskommando in spätestens zwölf Stunden abfahren wird.“
„Verdammt, dann dauert es rund zwei Tage, bis die hier eintreffen“, stellte Farnton fest. „Da kann ich nur hoffen, dass die Biester bis dahin nicht die Türen aufgebrochen haben.“
Nundagai Mainbase Helldoor
Suffren-12, inoffiziell als Wirbel-Welt oder Helldoor bezeichnet, war ein Phänomen, da der um den gesamten Planeten reichende Wirbelsturm nur an einer einzigen Stelle eine Landung erlaubte: im Auge. Wie bei einem Tornado handelte es sich um eine Zone absoluter Ruhe, die von den äußersten atmosphärischen Schichten bis zum Boden reichte. Dieses trichterförmige Areal besaß an seiner engsten Stelle, am Boden, einen Durchmesser von knapp zwanzig Kilometern. Das machte es für größere Raumschiffe sehr schwierig, dort zu landen, da sie beim langsamen Absteigen den relativ großen Kurven einer Landespirale folgen mussten und damit gefährlich nahe an den Rand des Auges gerieten. Die kleinen Fast Landing Vehicles verfügten hingegen über die Manövrierfähigkeit und die leistungsstarken Atmosphäretriebwerke, um eine risikofreie Landung durchzuführen.
Als die Nundagai Corporation die erste kleine Basis am Boden des Auges errichtet hatte und Geologenteams auf die überraschende Eigenschaft des grünen Hiromet stießen, bekam der Abbau auf der Wirbel-Welt höchste Priorität. Große Mengen an Material und das entsprechende Personal mussten auf den Planeten gebracht werden. Ein Pendelverkehr mit den FLVs erwies sich als aufwändig und wenig effektiv, so dass sich die Corporation zum Bau eines Sky-Hook entschloss.
Der Sky-Hook war, vereinfacht formuliert, ein großer Lasten- und Personenaufzug, der vom Boden des Planeten bis in den hohen Orbit hinaufführte, wo er in einer Raumstation endete. Dabei bestand der Sky-Hook aus einer massiven Verankerung im Planetenboden, einer motorbetriebenen und druckfesten Fahrkabine sowie einem zig Kilometer langen, nur armstarken Seil aus bruchfestem Spinnenstahl, der nicht nur eine gewisse Flexibilität aufwies, sondern mit Naniten durchsetzt war, welche entstehende Schäden sofort reparierten. Die Raumstation am oberen Ende war der entgegengesetzte Ankerpunkt. Rotation und Zentrifugalkraft von Suffren-12 sorgten dafür, dass der Sky-Hook stabil blieb. Nun legten die Schiffe der Corporation an der Station an, wurden dort ent- oder beladen und die Kabine des Sky-Hook sorgte für den Transport zwischen ihr und der Hauptbasis am Boden.
Die anfänglich kleine Basis war innerhalb eines einzigen Jahres auf beachtliche Weise gewachsen. Mehr als drei Dutzend Gebäude waren über eine Fläche von knapp zwanzig Quadratkilometern verteilt. Einige von ihnen wiesen eine Höhe von vier oder sogar fünf Stockwerken auf. In ihnen waren überwiegend Depots und Fabrikationsanlagen sowie die Energieerzeugung untergebracht. Alle wurden von einer durchsichtigen Kuppel überspannt und waren über dem Boden mit Hilfe transparenter Röhrengänge miteinander verbunden. Die Bauten besaßen Flachdächer, welche man zur Bepflanzung nutzte. Diese diente nicht nur der Versorgung mit natürlicher Atemluft, sondern war vor allem ein wesentlicher psychologischer Faktor für das Wohlbefinden der Menschen, denen die Nähe zum Wirbel kaum behagte. Kuppeln und Verbindungsgänge waren hell erleuchtet.
Zwischen den Kuppeln befanden sich Areale mit Stellflächen für Container und die Landefelder für die FLVs, die noch immer für den Transport größerer Güter verwendet wurden.
Im Zentrum der Anlage befand sich das sechsgeschossige Hauptgebäude. Auf ihm ragte ein gedrungener Turm auf, der die Druckkuppel zu durchstoßen schien. Er wurde von einer sechsseitigen Konstruktion gekrönt, in der sich das Kommunikationszentrum, die Zentrale der Hauptbasis und die Räume des Hoch-Managers befanden.
Hakiro Adanaki war ein Neffe von Hiro Yagatana und besaß dessen uneingeschränktes Vertrauen. Adanaki war sich seiner Verantwortung als Hoch-Manager von Suffren-12 bewusst und ebenso der Tatsache, dass sein Onkel nicht nur Produktivität und Gewinn erwartete, sondern vor allem Sicherheit und Verschwiegenheit. Adanaki sorgte mit hohen Gehaltszahlungen für zufriedene und schweigsame Angestellte und stützte sich zusätzlich auf die Männer und Frauen der Security.
Vor einer knappen halben Stunde war ein privates FLV gelandet und hatte einen einzelnen Passagier auf Helldoor abgesetzt. Einen Passagier, der sofort zu Adanaki geleitet wurde, da er ein beglaubigtes Schreiben des General-Managers vorwies.
Hakiro Adanaki empfing den Mann in seinem Büro. Es ähnelte dem seines Onkels auf dem Mars, auch wenn es kleiner und bescheidener eingerichtet war. Statt einer vollständigen Samurai-Rüstung beschränkte sich Adanaki auf einen einzelnen Helm, doch die Schwerter eines Kriegers fehlten nicht. Der Hoch-Manager gehörte zum Kreis jener, welche die Kunst des traditionellen Schwertkampfes beherrschten.
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