Dann zog er weiter an seiner Zigarette und ließ seinen Blick mit einem innerlichen Kopfschütteln über die trostlosen Häuserwände der ganzen Straße gleiten, wobei er sich immer sicherer wurde, das er lieber tot sein wollte, als jemals in einem solchen Elend zu leben.
Scott hatte auch von Anfang an nur mit Widerwillen verstanden, warum dieser Walker ausgerechnet in Harlem absteigen musste.
Verdammt, das Waldorf Astoria wäre für Scott doch nun wirklich standesgemäßer gewesen.
Zu allem Überfluss begann es dann auch noch in seiner Hose zu piepen und noch während er den letzten Zug seiner Zigarette nahm und sie auf dem Asphalt ausdrückte, wusste er, dass es Ärger gab.
Er holte sein Head-Set aus der Tasche, legte es sich an und lauschte, was Gina sagte.
Scott schaute dabei auf das Hotel, sah den Eingang auf der linken Seite, schaute nach rechts, erkannte dort nur wenige Meter von ihm entfernt die Seitengasse, in der der Hinterausgang des Hotels sein musste.
Und da waren sein Greul und seine Abneigung gegenüber diesem Ort scheinbar wie weggeblasen.
Seine Partner brauchten Hilfe und er würde sie ihnen geben.
Also rannte er sofort und ohne zu zögern in die Seitengasse.
Sie nahmen die vier Treppen in Rekordgeschwindigkeit und erreichten den Flur im zweiten Stock.
Michael stoppte abrupt ab und drückte sich gegen die Treppenwand. Seine Waffe, die er schon längst gezückt und gespannt hatte, hob er in die Höhe, umfasste sie zusätzlich mit der linken Hand. Er verschnaufte eine Sekunde und lauschte. Gina war direkt hinter ihm, ebenfalls bereit sofort zu feuern.
Da war ein Geräusch zu hören, so als würde jemand gewaltsam in eine Richtung getrieben, in die er nicht wollte. Zunächst nur gedämpft.
Michael ließ seinen Kopf einmal um die Ecke zucken. Der Flur war leer.
Bevor er sich wieder zurückdrehte, erkannte er vielleicht sechs Meter entfernt auf der linken Seite die Eingangstür zu Zimmer 7 b. Sie war geschlossen.
Michael schaute zu Gina und nickte ihr wortlos zu.
Seine Partnerin schoss an ihm vorbei in den Flur, während er selbst sich ebenfalls wieder in ihn hineindrehte. Wenn der Feind noch im Zimmer war, hatten sie eine gute Chance den Überraschungseffekt zu nutzen.
Nur einen Sekundenbruchteil später wusste er, dass er sich böse getäuscht hatte.
Die Tür wurde von innen aufgestoßen und buchstäblich aus den Angeln gerissen, in dem Moment, da Michael Gina zugenickt hatte.
Wuchtig krachte sie gegen die gegenüberliegende Wand, wo sie zu Boden fiel.
Fast gleichzeitig erschienen zwei Uzi-Läufe, gefolgt von einem riesigen Kerl in schwarzen Lederklamotten, der die Waffen rechts und links an den Körper gepresst hatte.
Als Gina dann in den Flur sprang, hatte sie augenblicklich die Aufmerksamkeit dieses Bullen, der sich in ihre Richtung drehte und sofort zu schießen begann.
Michael konnte gerade noch erkennen, wie seine Partnerin wild schreiend ihr Gewicht verlagerte und sich durch die ihnen gegenüberliegende Tür warf, um den Kugeln zu entgehen.
Danach war für eine ganze Ewigkeit nichts weiter zu hören, als das Stakkato der Maschinenpistolen, die den Flur quasi zum Kochen brachten.
Als sie ihr Elend erkannte, musste Gina schreien.
Das half ihr, ihren Kopf sofort freizubekommen.
Durch ihre Vorwärtsbewegung war es unmöglich, wieder in den sicheren Schutz der Treppe zurückzukehren.
Also streckte sie ihre Beine einfach nochmal durch und warf sich in die andere Richtung, in der Hoffnung dort Schutz zu finden.
Als sie einen Augenblick später wuchtig mit dem Rücken gegen eine weitere Zimmertür krachte, die dadurch teilweise zerbarst, schrie sie wieder.
Dann peitschten die ersten Schüsse und Gina erschrak fürchterlich.
Noch einmal warf sie sich gegen die Tür, schaffte es sie vollständig aufzustoßen und krabbelte dann in den sicheren Schutz des leer stehenden Zimmers.
Sofort schaute sie zu Michael, doch da war nichts zu erkennen, außer dem höllischen Funkenflug der beiden widerlichen Mähmaschinen den Gang hinauf.
Alles, was er in den Ohren hatte, war dieses gottverdammte, ohrenbetäubende Stakkato der beiden Uzis
Michael hatte das Gefühl, als würde sein Kopf gleich zerplatzen.
Und als er schon einen Schrei formulieren wollte, um den Schmerz besser zu ertragen, verstummte um ihn herum plötzlich alles abrupt.
Im ersten Moment nahm er es gar nicht wahr, erst, als er Gina auf der gegenüberliegenden Seite wieder erkennen konnte, registrierte er es.
Instinktiv zuckte sein Kopf um die Ecke, dann wieder ängstlich zurück, gleich darauf wieder nach vorn.
Michael konnte nicht viel sehen, die Luft war noch immer gefüllt mit herumfliegenden Holzsplittern. Doch er sah, dass der Kerl mit den Uzis verschwunden war. Stattdessen konnte er fünf Gestalten erkennen, die den Gang entlang davonliefen. Einer davon versuchte zu schreien, doch während er unsanft von zwei großen Männern in Lederkutten voran gestoßen wurde, brachte er nicht mehr als ein klägliches Stöhnen zustande.
Der Feind war also auf der Flucht zur Hintertür, seine Aufmerksamkeit für einen Moment nicht auf sie gerichtet.
Und noch bevor Michaels Gehirn den Entschluss fassen konnte, in den Flur zu springen, war sein Körper bereits in Aktion.
Gina sah Michael aufspringen, seine Waffe in die Höhe reißen und schießen.
Sofort rappelte auch sie sich auf und drückte ebenfalls ab.
Der Feind hatte das andere Ende des Ganges fast erreicht, die Entfernung zu ihm betrug gute fünfzehn Meter.
Gina begann hinterher zu rennen, weil ihre Geschosse keine Wirkung zeigten.
Michael folgte ihr.
Der erste Kerl erreichte die Treppe auf der anderen Seite, stürmte hinein, gefolgt von den beiden anderen, die Walker noch immer vor sich hertrieben.
Der vierte Kerl bremste plötzlich abrupt ab, wirbelte herum, hatte die Uzis erneut in seine Seiten gestemmt und drückte sofort wieder ab.
Doch diesmal hatte er nicht die geringste Chance.
Noch bevor er sich vollständig gedreht hatte, erfassten ihn mehrere Kugeln aus den Waffen von Michael und Gina.
Sein Körper krachte zurück gegen die Wand, bäumte sich auf, Blut spritzte, die Maschinenpistolenkugeln donnerten in die gegenüberliegende Zimmertür, die sie innerhalb weniger Sekunden zerfetzten.
Dann verstummten die Waffen, der Kerl schob sich zur Treppe und fiel in sie hinein.
Michael und Gina bremsten ab und verharrten für eine Sekunde bewegungslos in ihren Positionen.
„Was zum Teufel ist hier eigentlich los?“ brüllte Gina böse.
Michael antwortete nicht, schaute sie nur ausdruckslos an, unterdrückte dabei den tiefen Schmerz im Inneren und wusste, dass es schlimmer nicht hätte kommen können.
Und er war sich sehr schnell der Tatsache bewusst, dass er alles tun musste um an Walker und seinen Peinigern dranzubleiben. „Gina, schnell das Auto!“
„Alles klar!“ Sie nickte ihm zu, machte kehrt und raste nur wenige Sekunden später an einem wüst schimpfenden Portier vorbei.
Während Scott rannte, holte er seine Beretta aus dem Hosenbund am Rücken, dann bremste er wieder ab, um sich an die widrigen Lichtverhältnisse in der Seitengasse zu gewöhnen, kam zum Ende des Gebäudes, erkannte dort eine Art Hinterhof, schlich bis zur Ecke, spähte herum, sah eine Tür direkt neben sich, hörte fast gleichzeitig donnernde Schrittgeräusche, die immer näher kamen, drehte sich so herum, dass er neben der Tür zum Stehen kam und hob seine Waffe .
Nur eine Sekunde später flog die Tür auf und ein großer, breitschultriger Mann in Lederklamotten und einer großkalibrigen Handfeuerwaffe schoss heraus.
Als er Scott mit der Waffe sah, stoppte er abrupt ab und erstarrte in seiner Bewegung. Er war noch relativ jung, Scott schätzte ihn in seinem Alter. Er war etwas außer Atem, er schwitzte und man sah ihm an, dass er total überrascht war, hier so empfangen zu werden. Das Entsetzen spiegelte sich sofort in seinen Augen wieder.
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