Inhalt
I - Die zweite Welle
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II - Eine neue Dimension des Grauens
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III - Am Boden
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Epilog - Versprengte Herzen
„Sir?“ Der Diensthabende stürzte durch den Kontrollraum in ein kleines Nebenzimmer, in dem Vilo gerade mit zwei Männern vom wissenschaftlichen Team redete.
„Ja?“ Vilo hörte am Tonfall des Mannes, dass es etwas Wichtiges war und schaute auf.
„Die Anomalie wird wieder aktiv!“ erwiderte der Diensthabende tonlos und in seinem Gesicht war tiefe Bestürzung zu sehen.
Vilo erhob sich augenblicklich. „Ich komme!“ Dann wandte er sich noch einmal zu den beiden Männern. „Wie sie sehen, haben wir keine Zeit mehr, um es gründlich zu prüfen. Tun sie, was machbar ist und geben sie mir sofort Bescheid, wenn sie eine Aussage treffen können!“ Er schaute die beiden Männer ernst an und diese nickten ihm wortlos zu. „Wir müssen jede Chance nutzen. Es könnte unsere letzte sein!“ Und damit verließ er den Raum.
„Wie sieht es aus?“ fragte er einen Moment später den Diensthabenden, während er auf den Wandbildschirm schaute, der die Anomalie zeigte. Deutlich konnte er die wie Blitze zuckenden Lichtstreifen erkennen, die den dunklen Schlauch immer wieder von oben nach unten erhellten.
„Es ist eindeutig Aktivität zu verzeichnen, Sir!“ erklärte der Diensthabende. „Nicht nur die Lichtblitze, deren Intensität sehr schnell ansteigt. Die Anomalie bewegt sich wieder und beginnt zu rotieren...!“
Vilo schaute genauer auf den Bildschirm und erkannte tatsächlich eine noch geringe Rotationsgeschwindigkeit. „Okay!“ Er nickte bestätigend. „Geben sie Gefechtsalarm an alle Truppenteile. Das Heer und die Marine sollen sich bereithalten. Die Luftwaffe soll alle verfügbaren Jäger in die Luft bringen!“ befahl er. „Und stellen sie fest, ob die Anomalie auch an den anderen Orten auf unserem Planeten aktiv wird!“
„Ja Sir!“ erwiderte der Diensthabende. „Noch etwas?“
Vilo nickte und schaute ihm direkt in die Augen. „Beten sie, dass wir diesmal eine wirkliche Chance haben!“
¤
Shamos hatte die große Gruppe schnell und sicher durch das Trümmerfeld geführt. An der geöffneten Laderampe der Amarula konnte er Cosco und Fidu erkennen, die bereits auf ihre Ankunft warteten.
„Das ging schnell!“ begrüßte ihn Cosco freundlich.
„Wir haben nur die leicht Verletzten und die Gesunden dabei!“ erklärte Shamos, während er Coscos Hand nahm und auf die Rampe stieg. „Jorik kommt mit den anderen hinterher!“
Cosco nickte. „Alle in den Laderaum und soweit es geht durchgehen!“ rief er den Menschen zu, die das Schiff betraten und zunächst etwas unsicher schienen. „Lasst den Eingang frei für...!“ Plötzlich verstummte er und verharrte, wie auch alle anderen um ihn herum in seiner Bewegung, als sie weit über sich ein dumpfes, tiefes Grollen vernahmen.
Unwillkürlich hoben alle ihre Köpfe und schauten zur Anomalie, in der sich die Lichtblitze weiter intensiviert hatten und jetzt schon ein beinahe ständiges Stakkato bildeten.
Ein angstvolles Raunen ging durch die Menge, hier und da ein entsetzter Schrei. Sofort kam Bewegung in die Menschen, die alle noch zu genau wussten, welches Grauen diese Zeichen vor nicht einmal fünf Stunden eingeleitet hatten.
„Scheiße!“ entfuhr es Cosco halblaut und beinahe schon resignierend. Er ahnte, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb. Sofort griff er sich Shamos. „Sorgen sie für Ruhe. Mit Panik ist niemandem geholfen!“
Shamos nickte und stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor die hereindrängende Menge. „Leute, hört auf zu drücken!“ begann er. „Wir müssen alle Ruhe bewahren. Wir dürfen uns nicht selbst um die Chance bringen, hier heil herauszukommen!“
Cosco wandte sich von ihm ab und winkte Fidu zu sich. „Sie sollen sich vernünftig im Laderaum verteilen und warten!“ Er schaute ihm direkt in die Augen. „Wir werden nicht starten, bevor nicht auch Jorik mit seiner Gruppe hier ist!“ In seinem Blick lag der Befehl, dass Fidu diese Ansicht gegen die Menge durchdrücken sollte, da er sicher war, dass es mindestens einen unter ihnen geben würde, der schon früher würde losfliegen wollen.
Fidu nickte und lief zum Kopf der Menge, um für Ordnung zu sorgen.
Cosco drehte sich um und rannte in das Cockpit zurück, wo er sein Headset anlegte und sich auf den Pilotensitz setzte.
„Cosco an Jorik!“
„Ja, hier Jorik?”
„Wie weit seid ihr?“
„Wir sind fast fertig. Vielleicht noch zwei Minuten, dann können wir los!“
„Ihr müsst euch beeilen!“ sagte Cosco.
„Aber...?“ Jorik am anderen Ende der Leitung verstummte. Coscos Tonfall und seine Wortwahl waren eindeutig. Mit ernstem und versteinertem Gesicht schaute er über die Menschenmenge, die kurz vor dem Abmarsch stand.
„Was ist los?“ fragte Marivar, die erkannt hatte, dass Joriks Miene sich buchstäblich innerhalb eines Wimpernschlages deutlich verdunkelt hatte.
Jorik schaute ihr direkt in die Augen. „Wir haben nicht mehr viel Zeit!“ sagte er emotionslos.
Marivar verstand ebenfalls sofort, ihre Augen vergrößerten sich kurz und in ihrem Gesicht stand für eine Sekunde Entsetzen, doch dann fing sie sich wieder, drehte sich um und trieb die Leute weiter an.
„Wir sind auf dem Weg!“ sagte Jorik in sein Headset.
„Wir werden auf euch warten!“ erwiderte Cosco und kappte die Verbindung.
„Okay!“ Jorik drehte sich wieder zur Menge. „Jeder weiß, was er zu tun hat!“ Er blickte kurz in die Runde. „Tut es!“ Er nickte ihnen zu. „Und jetzt, Abmarsch!“
¤
Kendig hatte beinahe komplett abgeschaltet.
Nach dem Gespräch mit Rimbo beim gemeinsamen Essen in der Messe der Kamarulu , das er absolut nötig gehabt und aus diesem Grunde sogar etwas genossen hatte, hatte man ihm eine kleine Kabine zugeteilt, in der er sich ausruhen konnte.
Neben einem Bett, einem eingebauten Schrank und einem kleinen Beistelltisch gab es in dem engen Raum keine weiteren Gegenstände und auch das angrenzende Bad bot gerade genug Platz für ein Waschbecken, eine Toilette und eine Dusche.
Aber alles war dennoch sehr komfortabel eingerichtet und das Bett nicht durchgelegen.
Anfangs wollte Kendig duschen, doch er verwarf dieses Vorhaben wieder und wusch sich nur ausgiebig Gesicht und Arme.
Dann legte er sich auf das Bett und dachte noch ein wenig über das Gespräch mit Rimbo nach. Und er war sich erneut sicher, dass sie beide Recht hatten: Der Feind war ihnen nur zahlenmäßig überlegen, nicht jedoch in Punkto Ausrüstung, Taktik und Können. Gerade im letzten Punkt sah Kendig eine echte Überlegenheit gegenüber ihrem Gegner, die es ihnen im ersten Gefecht erlaubt hatte, derart viele Abschüsse, bei entsprechend geringen eigenen Verlusten, zu erzielen. Dennoch gab es keinen Grund zur Euphorie, denn der Feind besaß immer noch die zahlenmäßige Überlegenheit, die, wenn er sie auch weiterhin behalten sollte, über kurz oder lang doch dazu führen würde, dass sie keinen Sieg davontragen würden. Das Kontingent an Jagdmaschinen in Poremien lag bei etwa zweitausend Stück, schätzte Kendig, auf ganz Santara mochten es vielleicht siebentausend Jäger sein. Ob und inwieweit das Kontingent des Gegners begrenzt war, konnte er nicht sagen, aber er hatte ein sehr ungutes Gefühl, dass er über weit mehr Ressourcen verfügte, als sie selbst es taten.
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