Doch der Pater konnte seinem Blick nicht standhalten.
„Oder ihnen dein kleines...?“ Carlos lächelte wieder und entsicherte unbemerkt sein Gewehr.
Philippe schaute zu Boden.
„...Geheimnis offenbart?“
Philippes Kopf schoss in die Höhe, seine Augen starrten Carlos an, konnten gerade noch sehen, wie er das Gewehr senkte und ihn anvisierte.
Dann erfüllte ein einziger Schuss das Kirchenschiff und für einen winzigen Augenblick erstarb jede Bewegung in diesem großen Raum.
Er hatte alles mit angehört und bei jedem Wort von Carlos erschauerte er mehr.
Schon sehr früh wusste er, worauf dieser Teufel hinaus wollte, doch als er den Schuss dann hörte, zuckte er furchtbar zusammen.
Fast hätte Fernando geschrien, doch das durfte er nicht.
Eine falsche Bewegung, ein falscher Laut und auch er wäre Carlos gnadenlos ausgeliefert gewesen.
Carlos hob gerade wieder seine Waffe an und sah mit großer Genugtuung, das Philippe durch die Wucht des Einschlages hinterrücks zu Boden fiel, als zwei Männer aus den Sitzreihen auf ihn zustürmten, um ihn zu überwältigen.
Doch sie hatten nicht die geringste Chance gegen ihn.
Viel zu schnell waren seine Bewegungen, als er dem Ersten seinen Fuß entgegen jagte und in den Bauch trat. Sein Gegner fiel schreiend auf die Knie, er ließ den Gewehrkolben schonungslos niedersausen, brach ihm dadurch wuchtig den Wangenknochen, nur um sofort danach mit der rechten Hand den Kopf des Mannes zu packen und ihm mit einer kurzen Drehung das Genick zu zerfetzen.
Schon einen winzigen Augenblick später wich er dem Faustschlag des zweiten Angreifers aus, indem er hinab tauchte. Als er sofort danach wieder in die Höhe spritzte, wuchtete er ihm sein Knie in den Magen, packte den stöhnenden Mann am Kopf und ließ sein Gesicht irrsinnig hart auf seinem Knie zerplatzen, wo der berstende Nasenknochen in das Gehirn getrieben wurde und den Tod hervorrief.
Speichel und Blut erfüllten die Luft, als er den ohnmächtigen Mann nach hinten fallen ließ.
In den Augenwinkeln erkannte er einen dritten Angreifer, den er abstoppte, indem er ihm ein Messer in die Stirn warf, woraufhin der Mann wortlos und auf der Stelle mit weit aufgerissenen Augen zusammensackte.
Noch ein vierter Mann erhob sich, doch Carlos richtete die Waffe auf ihn.
Der Mann hob die Hände und setzte sich wieder, wo er, wie auch so viele andere Menschen in dieser Kirche, zu weinen begann.
Eine Frau stürmte zu ihrem toten Mann im Mittelgang, fiel auf die Knie und begann bitterlich zu weinen.
Carlos sah sie mitleidlos an, erkannte, dass sie sehr hübsch und noch jung war, trat zu ihr, griff ihre langen, lockigen Haare im Nacken, riss sie förmlich auf die Füße, sodass sie schreien musste und zog sie so dicht an sich, dass er ihren Körper spüren konnte und sie ihm ins Gesicht sehen musste.
Carlos grinste bösartig. „Komm mit mir!“ sagte er. „Und ich fick dich durch, dass dir Hören und Sehen vergeht!“
Die Frau war zu keiner Reaktion fähig, brachte nur schmerzvolle Töne hervor, war kaum noch bei Sinnen.
Carlos grinste stärker, weidete sich an dem Schmerz der Frau.
Dann hörte er einige Meter vor sich Geräusche und bei einem Blick dorthin erkannte er, dass sich bei Philippe etwas regte.
Sein Lächeln verschwand, als er seine Zunge in den Mund der jungen Frau führte, sie leidenschaftlich küsste, dabei aufstöhnte und sie nur einen Augenblick später an den Haaren ruckartig nach hinten riss, wo ihr Körper kurz vom Boden abhob, um die eigene Achse geschleudert und ihr Genick deutlich hörbar in tausend Stücke gerissen wurde.
Der grausame Tod der Frau brachte erneute Unruhe in die Menge, doch wurde sie nur eine Sekunde später von dem einzelnen Schrei einer älteren Frau in den vorderen Reihen unterbrochen, als sie sah, dass und wie sich der Pater wieder erhob.
Niemand, außer Carlos hatte damit gerechnet, dass Philippe noch lebte.
Als er sich stöhnend auf die Füße wuchtete, waren alle Augen auf ihn gerichtet, weil sie alle hofften, dass der Pater nur leicht verwundet sein mochte und er dem Grauen nunmehr ein Ende bereiten würde.
Doch ihre Euphorie erstickte schon bald im Keim, als sie sahen, das in Philippes rechter Brust ein furchtbares Einschussloch klaffte, aus dem Blut zu Boden floss und dass ihn auf der Stelle hätte töten müssen.
Stattdessen aber stand er auf seinen eigenen Füßen, atmete weiter, stöhnte nur schmerzhaft auf.
Die Menge war sofort tief entsetzt, viele wussten nicht, wie sie reagieren sollten, einige beteten verzweifelt zu Gott.
Bis sie alle erkannten, dass nur einer ihnen eine Erklärung geben konnte.
Viele Blicke ruhten nunmehr auf Carlos.
„Ja Leute...!“ begann er. „Seht in euch an. Seht euch euren Priester genau an. Ist er nicht schön anzuschauen? Ein kleiner, unsterblicher, herzloser Wichser, der sich widerrechtlich Gottes Macht angeeignet und sich hier versteckt hat, um euch jahrelang zu täuschen und zu hintergehen!“
„Nein...!“ Das Wort kam deutlich aus seinem Munde und donnerte förmlich durch den Saal.
Philippe weinte bittere Tränen, weil diese armen Menschen die Wahrheit so schonungslos und so falsch erfahren hatten.
Doch er konnte nun nichts mehr dagegen tun, sich nur noch schämen.
Dafür, dass er es so weit hatte kommen lassen, dass ihn seine Kinder und Freunde jetzt so sehen mussten, das blanke Entsetzen in ihren Augen und die nackte Angst im Herzen.
Er hatte versagt, auch jetzt so kurz vor seinem Tode.
Alles, was noch zu tun blieb war, Fernando zu schützen.
„...ich habe niemanden getäuscht!“
„Ha!“ Carlos lachte auf. „Wie kannst du das jetzt noch behaupten? Sie dich an. Sieh sie an!“ Er deutete auf die Menschen in den Sitzreihen. „Du hast all ihr Vertrauen missbraucht und sie werden dich dafür hassen!“
Pedro hörte alles, was gesagt wurde, nur noch sehr dumpf, denn sein Gehirn war nur noch auf eine Sache fixiert.
Er hatte den Pater gesehen, wie er trotz dieser tödlichen Wunde noch weiterlebte, als wäre kaum etwas geschehen.
Das war eindeutig nicht Gottes Werk.
Doch sein Glaube an diesen Menschen war unumstößlich.
Der Pater war all die Jahre der wundervolle Vater und Mentor gewesen, den ihn seine Familie niemals geben konnte.
Und dieser widerliche Bastard war dabei ihm schreckliche Dinge anzutun.
Seinem Pater, seinem geliebten Pater, ohne den er niemals wissen würde, was zu tun war, in dieser harten, kalten Welt.
Nein, Pedro musste es verhindern.
Und so begab er sich, noch tief geschockt von den vier Morden im Mittelgang, unbemerkt für jedermann zu der Leiche, der Carlos das Messer in die Stirn geworfen hatte.
Wie in Trance bückte er sich, zog es aus dem Schädel des Mannes, versteckte es unter seinem Gewand, erhob sich wieder und tastete sich Stück für Stück von hinten an Carlos heran.
Als er sicher war, nahe genug zu sein, umschloss er den Messergriff fester und sprang auf Carlos zu.
Er musste dem Pater helfen.
Er liebte diesen Mann viel zu sehr und hatte ihm so viel zu verdanken.
Dafür war er auch bereit einen Mord zu begehen.
Im selben Moment aber spürte er einen harten Schlag gegen seinen Brustkorb und eine eisenharte Klammer umschloss seine rechte Hand und trieb das Messer in eine andere Richtung.
Er hörte Pedro aufschreien und erkannte erst jetzt, dass sein junger Freund sehr dicht bei Carlos stand und, oh Gott, ein Messer in der Hand hielt.
Doch seine Absichten wurden jäh vereitelt, als ein blonder Riese von gut zwei Metern Körpergröße zu ihm sprang und seinen Arm festhielt.
Pedro hatte nicht geringste Chance.
Der Blonde legte seinen linken Arm um seinen Hals, stellte sich hinter ihn, zog ihn zu sich.
Auch er war überrascht über die Attacke des Kirchendieners, den er hatte nicht damit gerechnet, dass noch jemand den Mut aufbringen würde, zu versuchen, ihn zu töten.
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