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Definition
Aus Mordlusthandelt der Täter, wenn er aus reinem Mutwillen, aus Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens oder aus Zeitvertreib tötet 51.
34bb) Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs. Von größerer praktischer Bedeutung ist die Tötung zur Befriedigung des Geschlechtstriebs im Zusammenhang mit Sexualstraftaten.
Definition
Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs handelt, wer die geschlechtliche Befriedigung durch oder im Zusammenhang mit dem Tötungsakt sucht.
Erfasst werden zunächst (1) Fälle des Sexualmords, bei denen der Täter die geschlechtliche Befriedigung durch die Tötung des Opfers, d. h. im Tötungsakt selbst sucht 52. Ob der Täter die angestrebte sexuelle Befriedigung tatsächlich erreicht, ist für die Verwirklichung des subjektiven Merkmals, das lediglich eine entsprechende Zielrichtung verlangt, unerheblich. Weiter verwirklicht dieses Merkmal, (2) wer eine andere Person tötet, um sich anschließend an der Leiche sexuell zu befriedigen 53. Letztlich erfüllt dieses Mordmerkmal auch, (3) wer bei einer Sexualstraftat Gewalt anwendet und dabei mit Eventualvorsatz hinsichtlich des Todes des Opfers handelt 54.
35 cc) Habgier.Für Klausuren bedeutsam ist vor allem das Merkmal der Habgier.
Definition
Das Mordmerkmal Habgiersetzt ein ungezügeltes, rücksichtsloses Gewinnstreben um jeden Preis – auch um den Preis eines Menschenlebens – voraus 55.
Habgier ist insbesondere dann gegeben, wenn der Täter den Tod eines Menschen deshalb anstrebt oder in Kauf nimmt, weil er sich unter völliger Missachtung seiner elementaren Rechte und Interessen in den Besitz seiner Habe setzen will 56. Das Gewinnstreben kann mit anderen Beweggründen wie Hass, Verzweiflung oder Angst zusammentreffen, solange bei Motivbündeln nur das Gewinnstreben das Bewusstsein dominiert 57.
Bsp.:T tötet den O, der ihn testamentarisch zum Erben eingesetzt hat, um „vorzeitig“ an die Erbschaft zu gelangen. – Unerheblich für die Verwirklichung des Mordmerkmals wäre es, wenn T den O nebenbei hasst, weil er ihn in der Vergangenheit mehrfach schikaniert hat.
36 (1)Habgier kann in jedem Streben nach einem Vermögenswertliegen. Es muss nicht beabsichtigt sein, einen beträchtlichen Gewinn zu erzielen. Denn gerade auch die Tötung eines Menschen zur Erlangung geringer Vermögenswerte kann als besonders verwerflich zu qualifizieren sein.
Bsp.: 58T tötet nach einem Banküberfall den O, um mit dessen Wagen die Beute in Sicherheit zu bringen.
37 (2)Erfasst werden auch Fälle, in denen es dem Täter darum geht, Zahlungen an das Opfer zu vermeiden. Richtigerweise kann es nämlich nicht darauf ankommen, ob der Täter einen positiven Gewinn erzielen oder nur Aufwendungen bzw. Verluste vermeidenmöchte, da es ihm per saldo in beiden Fällen darum geht, seine Vermögenslage zu verbessern. Nicht erforderlich ist demnach, dass durch die Tat ein „Mehr“ in das Vermögen fließen soll. Vielmehr wird auch ein Handeln zur Besitzstandswahrung erfasst 59.
Bsp.:Der Ehemann tötet seine Frau, um nach der Trennung keinen Unterhalt zahlen zu müssen. – Der Schuldner tötet seinen Gläubiger, um die Rückzahlung eines Darlehens zu vermeiden.
38 dd) Sonstige niedrige Beweggründe.Solche liegen nur vor, wenn diese im Unrechts- und Schuldgehalt mit den drei im Gesetz zuvor genannten Merkmalen vergleichbar sind und sich daher entsprechend vom Totschlag des § 212 abheben.
Definition
Ein niedriger Beweggrundliegt vor, wenn die Tatantriebe nach allgemeiner rechtlich-sittlicher Bewertung auf tiefster Stufe stehen, durch hemmungslose Eigensucht bestimmt und daher besonders verachtenswert sind 60.
Bsp.:Rachsucht 61, Neid und Hass 62, Selbstjustiz 63, Imponiergehabe 64, Ausländerfeindlichkeit 65oder Blutrache 66.
39Auch Gefühlsregungenwie Verärgerung, Wut oder Enttäuschung können niedrige Beweggründe darstellen, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen 67. Erforderlich ist aber immer, dass diese Motive menschlich nicht verständlich und Ausdruck der niedrigen Gesinnung sind. Hierzu ist eine Gesamtwürdigung der Umstände der Tat sowie der Lebensverhältnisse des Täters und seiner Persönlichkeit vorzunehmen. Dabei sind nach h. M. die besonderen Lebensanschauungen und Wertvorstellungen in die Bewertung mit einzubeziehen 68. Auch das Verhältnis des Anlasses der Tat und der Folgen ist von Bedeutung 69. Freilich begründet ein Missverhältnis oder die Verfolgung eigener Interessen für sich genommen noch nicht den erhöhten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat. Auch Fälle, in denen eine Verdeckungsabsicht verneint wird, weil etwa der Täter mit der Tötung nur die Flucht erleichtern möchte, können hier Bedeutung erlangen 70.
40Handelt der Täter aus verschiedenen Motiven (Motivbündel), so sind die bewusstseinsdominanten Beweggründe, die die Tat prägen, maßgeblich 71. Zumindest eines dieser Motive muss den Voraussetzungen des niedrigen Beweggrundes entsprechen.
Bsp.:Die Frau des T geht mit O, einem alten Studienfreund, ins Kino. T ist deshalb rasend eifersüchtig und tötet O aus krasser Eigensucht. – Die Eifersucht kann im Einzelfall einen niedrigen Beweggrund i. S. d. § 211 Abs. 2 Gruppe 1 darstellen. Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen, da für T kein menschlich nachvollziehbarer Anlass zu einer solch maßlos übersteigerten Eifersucht vorlag und er aus krasser Eigensucht handelte. Im Einzelfall kann jedoch auch in solchen Fällen anders zu entscheiden sein, wenn Umstände zugunsten des Täters vorliegen, die im Wege der Gesamtwürdigung zur Verneinung des niedrigen Beweggrundes führen; so etwa wenn der Täter zuvor gekränkt oder gedemütigt wurde oder bei einer Spontantat die Ehefrau mit dem Liebhaber „auf frischer Tat ertappt“.
Klausurhinweis
In Klausuren sind für die notwendige Gesamtwürdigung dem Sachverhalt alle relevanten Angaben zu entnehmen und abzuwägen.
41 b) Objektive Mordmerkmale der 2. Gruppe.Die Merkmale heimtückisch, grausam und mit gemeingefährlichen Mitteln sind tatbezogen. Sie betreffen die Art und Weise der Tötung und damit das Unrecht der Tat; sie sind im objektiven Tatbestand zu prüfen.
42 aa) Heimtücke.Die größte Bedeutung erlangt das Merkmal der Heimtücke. Die „Aufstufung“ des Totschlags zum Mord ist in dem Umstand begründet, dass der Täter in hinterhältiger Weise das Überraschungsmoment ausnutzt und dadurch das Opfer hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu entgehen oder diesen doch wenigstens zu erschweren 72.
Definition
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