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Prüfungsschema § 211 kombiniert mit § 212:
1. Tatbestand
a) Objektiver Tatbestand
aa) Grundtatbestand des § 212
bb) Objektive Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2:
heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln
b) Subjektiver Tatbestand
aa) Vorsatz bzgl. der objektiven Merkmale des § 212
bb) Vorsatz bzgl. der objektiven Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2
cc) Vorliegen subjektiver Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3
(1) Gruppe 1: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe
(2) Gruppe 3: Ermöglichungs-, Verdeckungsabsicht
2. Rechtswidrigkeit
3. Schuld (nach a. A. sind die Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3 spezielle Schuldmerkmale)
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Prüfungsschema für getrennte Prüfung von § 212 und § 211:
I.Strafbarkeit gem. § 212
1. Tatbestand
a) Objektiver Tatbestand
b) Subjektiver Tatbestand
2. Rechtswidrigkeit
3. Schuld
II.Strafbarkeit gem. § 211
1. Tatbestand
a) Objektiver Tatbestand: Objektive Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2:
heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln
b) Subjektiver Tatbestand
aa) Vorsatz bzgl. der objektiven Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2
bb) Vorliegen subjektiver Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3
(1) Gruppe 1: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe
(2) Gruppe 3: Ermöglichungs-, Verdeckungsabsicht
2. Rechtswidrigkeit
3. Schuld (nach a. A. sind die Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3 spezielle Schuldmerkmale)
2.Die drei Gruppen von Mordmerkmalen
28Die 1. Gruppe (Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, niedrige Beweggründe) und die 3. Gruppe (Ermöglichungs-, Verdeckungsabsicht) enthalten persönliche Mordmerkmale, die nach h. M. dem subjektiven Tatbestandzuzuordnen sind, da sie das Unrecht der Tat betreffen 44. Für sie gilt bei Täterschaft und Teilnahme § 28. Nach a. A. soll es sich insoweit um spezielle Schuldmerkmale handeln, auf die in Beteiligungsfällen § 29 Anwendung findet 45. Die 2. Gruppe (heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln) enthält hingegen Merkmale, die die Tatausführung betreffen und die daher dem objektiven Tatbestandzuzuordnen sind.
29Eine strikte Differenzierung zwischen objektiven und subjektiven Merkmalenist freilich zu pauschal, da auch die objektiven Mordmerkmale der 2. Gruppe subjektive Elemente enthalten. So liegt beim Mordmerkmal der Heimtücke die subjektive Komponente in dem Erfordernis einer „feindseligen Willensrichtung“ und beim Merkmal grausam in der notwendigen „unbarmherzigen Gesinnung“ des Täters. Aus Gründen des Sachzusammenhangs sollten die subjektiven Elemente jedoch bei der Prüfung des tatbezogenen Mordmerkmals im objektiven Tatbestand (und nicht etwa im subjektiven Tatbestand) geprüft werden.
Hinweis
Das Vorliegen subjektiver Mordmerkmaleist sowohl beim vollendeten als auch beim versuchten Delikt im subjektiven Tatbestand bzw. Tatentschluss (nach a. A. in der Schuld) zu prüfen. Objektive Mordmerkmalesind beim vollendeten Delikt – wie auch sonst qualifizierende Merkmale – im objektiven Tatbestand zu prüfen; im subjektiven Tatbestand muss sich dann der Vorsatz nach allgemeinen Grundsätzen auf diese erstrecken.
Klausurbewertung
Ein verbreiteter Fehler, der zum Punkteabzug führt, ist es, im Rahmen des Versuchs zu prüfen, ob der Täter ein objektives Mordmerkmal tatsächlich verwirklicht hat. Denn beim Versuch kommt es allein darauf an, dass der Täter Tatentschluss hinsichtlich der Verwirklichung des Mordmerkmals besitzt und unmittelbar zur Tat ansetzt. Daher ist es z. B. nicht entscheidend, ob ein Mittel tatsächlich gemeingefährlich ist, sondern lediglich ob der Täter subjektiv davon ausgeht. Unzutreffend ist es ferner, wenn im Rahmen einer versuchten Tat objektive Mordmerkmale erst beim unmittelbaren Ansetzen geprüft werden.
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Prüfungsschema für den versuchten Mord
1. Tatbestand
a) Tatentschluss
aa) Tatentschluss bzgl. der objektiven Merkmale des § 212
bb) Tatentschluss bzgl. der objektiven Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2:
heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln
cc) Vorliegen subjektiver Mordmerkmale des § 211 Abs. 2
Gruppe 1/3
(1) Gruppe 1: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, niedrige Beweggründe
(2) Gruppe 3: Ermöglichungs-, Verdeckungsabsicht
b) Unmittelbares Ansetzen
2. Rechtswidrigkeit
3. Schuld (nach a. A. sind die Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3 spezielle Schuldmerkmale)
3.Die einzelnen Mordmerkmale
31 a) Persönlichen Mordmerkmale der 1. Gruppe.Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier und sonstige niedrige Beweggründe knüpfen die Strafschärfung an besonders verwerfliche Motive (Beweggründe) des Täters. Hierbei handelt es sich nach h. M. um Merkmale des subjektiven Tatbestandes 46. Die Merkmale Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs und Habgier sind gesetzlich genannte Beispiele für niedrige Beweggründe („sonst ein niedriger Beweggrund“). Soweit eines der erstgenannten Merkmale verwirklicht ist, gelangt die Auffangvariante des sonstigen niedrigen Beweggrundesnicht zur Anwendung; vielmehr bedarf es hierfür eigenständige weitere Motive. Kommen verschiedene, möglicherweise zusammenwirkende Motive des Täters in Betracht (sog. Motivbündel), so ist das bewusstseinsdominante Motiv entscheidend, d. h. der die Tat prägende Handlungsantrieb muss für sich betrachtet „niedrig“ sein und so eines der genannten Mordmerkmale begründen 47.
32Der Täter muss die persönlichen Mordmerkmale stets auch subjektiv in ihren tatsächlichen Voraussetzungenerfassen, muss also etwa die tatsächlichen Umstände kennen, aus denen der Schluss auf habgieriges Handeln gezogen wird. Es ist daher erforderlich, dass er sich derjenigen Tatumstände bewusst ist, die der Bewertung seines Handlungsantriebes als „niedrig“ zugrunde liegen 48. Die rechtlicheBewertung als „niedrig“ (Subsumtion) braucht der Täter hingegen nicht nachzuvollziehen. Soweit gefühlsmäßige oder triebhafte Regungen (wie Wut, Hass oder Zorn) als Handlungsantriebe in Betracht kommen, muss der Täter diese auch gedanklich beherrschen und mit seinem Willen steuern können 49.
33 aa) Mordlust.Fälle der Mordlust sind nicht nur in der Praxis recht selten, sondern dürften auch in Prüfungsarbeiten eher die Ausnahme darstellen. Eroforderlich ist, dass es dem Täter allein darauf ankommt, einen Menschen sterben zu sehen 50.
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