»Wie anders sie doch sind im Gegensatz zu uns!«, flüsterte ich einmal leise im Pferch, was ein Wachmann mit einem: »Nicht allzu anders«, quittierte.
»Nackt und mit Halsreif auf Knien«, ergänzte ein zweiter, »unterscheiden sie sich nicht die Spur von dir.«
Diese Worte waren Balsam für meine Seele, denn ich hatte bereits kurz vorher Ähnliches spekuliert, obwohl ich natürlich nicht auffällig hervorkehrte, dass die Wache mit meiner Sichtweise übereinkam. Es ist eine Sache, wenn ein Mann so etwas behauptet, eine gänzlich andere aber, wenn es eine Sklavin tut. Ich glaubte zwar nicht, dass er mich züchtigen würde, konnte es aber auch nicht mit Bestimmtheit sagen, also schwieg ich lieber. Froh war ich trotzdem darüber. Da er mich angrinste, ging ich davon aus, dass ich dies weniger gut verbarg, als ich gedacht hatte. Wie dem auch sei, kam ich unbescholten davon.
Wie verächtlich und fürstlich die Freien in Erscheinung traten, wunderschön gekleidet und verschleiert! Viele, so sagte man mir, trugen Plateaus unter ihrem Schuhwerk, die zwischen acht und zehn Zoll hoch waren, vermutlich um sich größer zu machen, als sie waren, und natürlich zum Schutz ihrer Pantoletten vor Schmutz, etwa auf matschigen Wegen oder eben in einem klammen Pferch. Die beiden, die ich gesehen hatte, waren allerdings mit »Straßenpantoffeln« gekommen. Damit rutscht man in einem Pferch wohl weniger leicht aus, denn das Pflaster dort ist stellenweise feucht oder sogar richtig nass. Wenn man barfuß geht, wird einem das umso deutlicher bewusst. Wie würdevoll und hübsch sie anmuteten in ihren Roben und mit ihren Schleiern!
Damals schaute ich einer versehentlich kurz in die Augen.
Es geschah im Pferch, als ich den beiden Freien hinterherschaute, nachdem sie vorbeigegangen waren. Die erste drehte sich um und ertappte mich dabei, wie ich ein wenig den Kopf anhob. In diesem Moment beobachtete ich, wie ihr Körper vor Zorn steif wurde, während die Augen über dem farbigen Stoff ihres Gewands erkalteten und von Hass zeugten. Sofort legte ich mich wieder völlig flach auf den Bauch, streckte die Arme gerade am Körper aus, sodass die Handrücken auf dem Stein lagen, und drückte die Stirn gegen den Boden. Dann versuchte ich, mich nicht zu bewegen, zitterte aber, weil ich mich fürchtete. Sie kehrte zurück und baute sich vor mir auf. Da lag ich nun, lang gestreckt und wehrlos als das, was ich war – eine Sklavin auf dem Bauch. Ich bedeutete Nichts, sie hingegen Macht und Schönheit. Kümmerlich und zitternd steckte ich in dieser ausweglosen Situation und hoffte, dass sie niemandem auftrug, mich zu prügeln. Sie blieb eine Weile vor mir stehen. Ich wagte nicht mich zu rühren und atmete kaum. Einer der Wachleute wollte sie ablenken, indem er sie auf ein neues Modell auf einer der Lustbänke aufmerksam machte, aber sie verharrte weiter vor mir und sah auf mich herab, wie ich annahm. Er meinte dann: »Sie ist bloß eine ignorante Schlampe von der Erde.«
Ein anderer fügte hinzu: »Aber lernfähig.«
Ich dankte den beiden insgeheim. So großmütig hätten sie sich bestimmt nicht gezeigt, wäre ich unbeliebt gewesen. Ich erkannte, dass sie mich beschützen wollten, was meine Angst aber nicht minderte, auch weil sie es eben für notwendig hielten, mir zu helfen. Was mochte die Frau mit mir anstellen, wenn man sie walten ließ, wie ihr der Sinn stand?
»Auf die Knie!«, bellte sie.
Ich raffte mich auf und nahm eine weniger grazile Haltung an, als ich es hätte tun können, solchen Respekt hatte ich vor ihr. Ich spürte ihren gewaltigen Widerwillen und ihre Verachtung.
»Beine spreizen!«, befahl sie streng. »Weiter!«
Ich fügte mich unverzüglich.
Mir kamen die Tränen. Ob man vor einem Mann oder einer Frau kauert, macht einen extremen Unterschied aus.
»Eine von der Erde ist sie also?«, hakte sie nach.
»Jawohl«, versicherte man ihr.
»Das habe ich mir gleich gedacht«, behauptete sie. »Von dort kommen nur wertlose Dummchen.« Ich bewegte mich immer noch nicht.
»Ja, sie kann nur von der Erde stammen«, sinnierte sie im ätzenden Ton. »So etwas erkennt man leicht. Seht bloß, wie glanzlos, wie hässlich sie ist. Liebreiz und Ausgeglichenheit gehen ihrer Haltung gänzlich ab. Man braucht nur einen Blick auf sie zu werfen und weiß, woher sie kommt. Frauen von der Erde sind furchtbar minderwertige Ware! Welcher echte Mann erwärmt sich ernsthaft für sie? Kein Wunder, dass man auf den Märkten Witze über sie reißt. Mangelhaft in allen Belangen! Die Erde gibt einen ausgelaugten, trockenen und undankbaren Boden ab, um Sklavinnen hervorzubringen. Ich werde nie begreifen, warum man sich die Mühe macht, dieses Gesindel zu fangen. Auf der Erde gibt es nichts von Interesse einzuholen, höchstens ärmliches Mittelmaß, wenn man viel Glück hat, allenthalben ein durchschnittlich attraktives Mädchen. Frauen von der Erde sind schäbige Güter, drittklassige Verkaufsgegenstände und Ramsch. Im besten Fall wird ein Gör für Topf und Tiegel daraus, eine Sklavin für niedere Arbeiten, etwa zum Saubermachen, Wäschewaschen oder Ähnliches. Mir erschließt sich nicht, was Männer an ihnen finden. Jeglicher Vergleich mit Goreanerinnen wäre vermessen. Schaut euch nur diese unwissende, anmaßende kleine Zofe an, diesen bedeutungslosen Batzen Talg. Wie sie in ihrem Halsreif zittert! Ich glaube, eine Abreibung mit der Peitsche und ein heißes Eisen wird ihr nicht schaden.«
»In Pferch 2 der Sektion Ba-Ta haben wir mehrere neue männliche Leibeigene«, erfuhr sie von dem Mann, dessen Peitsche ich geküsst hatte.
Die Frau drehte sich zu ihm um und schien, sobald sie ihn sah, zu erschrecken. Sie hatte ihn zuvor bestimmt nicht richtig erkannt. Der Mann, der so übel mit mir umgegangen war, wirkte trotz seiner unauffälligen Sprechweise dennoch kraftvoll und stattlich wie ein typischer Goreaner. Ich fand keinen unter den Wachen ansehnlicher, hatte eigentlich nie einen schöneren Mann gesehen. In seiner Nähe wurde ich immer schwach. Seine Peitsche war die erste, der ich auf dieser Welt meine Lippen aufgepresst hatte. Von solchen Kerlen erbitten sich Frauen zu gern einen Halsreif! Wieso war er nur so gemein zu mir? Ich wollte ihm nur als Sklavin gefallen. Die Freie verhielt sich nun wie ausgewechselt.
»Oh?«, sagte sie neckisch.
»Ich weiß nicht, ob es dich interessiert«, begann er, »aber es handelt sich um Seidensklaven mit feinen Zügen, gleichmäßigen Proportionen und Charme. Sie sind höflich, einfühlsam und harmlos, gewiss bestens ausgebildete Diener für eine Frau.«
»Ah!«, stöhnte sie, als ob sie mehr erfahren wollte.
Ich zuckte mit keinem Muskel und kniete fast steif da, die Beine weiterhin gespreizt. Ihrem Blick wich ich aus, denn man mag es einer Sklavin als Frechheit auslegen, wenn sie direkt in die Augen einer freien Person schaut, es sei denn, sie besitzt eine eindeutige Erlaubnis.
Plötzlich hatte sie mich völlig vergessen.
»Sie gehören zu der Sorte, mit der eine Ehrendame über ihr Tagewerk plaudert, ihr Schaffen und ihr Sinnen, mit dem sie den neuesten Schwank austauscht und der Vertrauenssachen für sich behält. Sie sind bestens darauf geeicht, Männchen für eine Frau zu machen. In Seide würden sie sich trefflich an deinem Sklavenring machen. Du könntest sie stolz auf Botengänge schicken, zur Pflege deiner Quartiere bestellen und Freunden aufwarten lassen.«
»Maskulin benehmen sie sich aber nicht, oder?«, fragte sie. »Ich finde solche Gebaren offensiv und vulgär.«
Was für eine Lügnerin … Obwohl sie bekleidet war, konnte ich geradezu spüren, wie ihr nackter Leib darunter in der Gegenwart dieses Mannes bebte.
Welchen Reiz mochte sie auf einen wie ihn ausüben, außer dass er bei ihrem Anblick mit dem Gedanken spielte, sie zu packen, auszuziehen und in einen Käfig zu sperren, um sie später zu verschachern?
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