John Norman - Die Wilden Von Gor

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Die Kurii, jene intelligenten Bestien und Erzfeinde der Priesterkönige von Gor, kommen nach Port Kar und machen Tarl Cabot ein verlockendes Angebot: Gegen klingende Münze soll er ihnen den abtrünnigen Artgenossen Halbohr ausliefern.
Doch Tarl Cabot verfolgt eigene Interessen, und um mit Halbohr eine alte Rechnung zu begleichen, bricht er auf in jenen feindlichen Landstrich jenseits der Zivilisation, den roten Wilden beherrschen.
Eine Schar reizvoller Sklavinnen als Tauschware im Gefolge, zieht er einem Abenteuer ohne Wiederkehr entgegen.

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John Norman

Die Wilden Von Gor

1

»Wie viele sind es?« fragte ich Samos.

»Zwei«, antwortete er.

»Lebendig?«

»Ja.«

Um die zweite Ahn, mitten in der Nacht, war Samos’ Herald am seeähnlichen Hof meiner Besitzung im kanaldurchzogenen Port Kar erschienen, in jener Stadt voller Schiffe, die das schimmernd grüne Thassa gleich einem Juwel beherrschte. Zweimal hatte er mit dem Speerschaft gegen die Stangen meines Wassertors geschlagen. Dann hatte er den Siegelring Samos’ aus Port Kar vorgewiesen, des ersten Kapitäns des Kapitänsrates. Ich sollte geweckt werden. Es war ein kühler Morgen gegen Frühlingsanfang.

»Hat sich Tyros erhoben?« fragte ich den blonden Thurnock, einen Riesen von Mann, der an meiner Lagerstatt erschien.

»Ich glaube nicht, Kapitän«, antwortete er.

Das Mädchen neben mir zog angstvoll die Felle hoch.

»Hat man Schiffe aus Cos gesichtet?« erkundigte ich mich.

»Ich glaube nicht, Kapitän«, lautete die Antwort.

Das Mädchen regte sich unbehaglich neben mir. Unter den Fellen war sie nackt.

»Dann kommt er also nicht in einer Angelegenheit, die Port Kar betrifft?«

»Möglicherweise nicht, Kapitän«, antwortete Thurnock. »Ich glaube, es geht um andere Dinge.«

Die kleine Tharlarionöl-Lampe, die er in der Hand hielt, beleuchtete sein bärtiges Gesicht.

»Es ist schon zu lange ruhig gewesen«, sagte ich leise.

»Kapitän?«

»Nichts.«

»Es ist früh«, flüsterte das Mädchen neben mir.

»Wer hat dir Erlaubnis gegeben zu sprechen?« fragte ich.

»Du wirst Samos also eine Audienz gewähren?« fragte Thurnock.

»Ja.«

»Dann werde ich dem Gesandten Samos’ mitteilen, daß du in Kürze bei ihm sein wirst.«

Daraufhin verließ er den Raum und stellte die kleine Tharlarionöl-Lampe auf ein Regal neben der Tür.

Das Feuer in dem Kohlebecken links von der breiten Steincouch war während der Nacht erloschen. Es war feucht und kalt im Raum; die Kühle der Höfe und Kanäle machte sich bemerkbar. Die mächtigen Steinmauern waren bestimmt ebenfalls von der feuchten, kalten Luft durchdrungen, ebenso die Fenstergitter hinter den zugeschnallten Ledervorhängen.

Ich verließ mein Nachtlager und begab mich zu einem Bronzebecken mit kaltem Wasser an einer Wand. Dort ging ich in die Hocke und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und über den Körper.

»Was bedeutet es, Herr«, wagte sich das Mädchen vor, »daß ein Abgesandter des Hauses Samos, des Ersten Kapitäns von Port Kar, so früh und so verstohlen in das Haus meines Herrn kommt?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete ich, trocknete mich ab und schaute sie an. Sie hatte sich auf den linken Ellenbogen gestützt. Meinen Blick bemerkend, raffte sie sich hastig in die gebotene kniende Stellung auf.

»Und selbst wenn du es wüßtest, würdest du es mir nicht sagen, nicht wahr?« fragte sie.

»Nein.«

»Ich bin Sklavin.«

»Ja.« Ich kehrte zur Couch zurück und setzte mich auf die Felle. »Du machst dir vielleicht Gedanken, in welcher Angelegenheit der Abgesandte Samos’ gekommen ist?« fragte ich.

»Ich, Herr?« rief sie erschrocken.

»Gewiß«, sagte ich. »Du hast früher einmal den Kurii gedient, den anderen, den Gegnern der Priesterkönige.«

»Ich habe dir alles gesagt, was ich wußte!« rief sie. »In den Verliesen des Samos habe ich alles gesagt! Ich war verängstigt! Ich habe nichts verschwiegen!«

»Daraufhin warst du wertlos«, stellte ich fest.

»Außer vielleicht als Sklavin, die einem Mann zu Gefallen sein kann«, gab sie zu bedenken.

»Ja«, sagte ich lächelnd.

Samos hatte persönlich verfügt, daß sie zu versklaven sei. In Ar hatte ich ihr das Dokument ausgehändigt und kurz darauf nach eigenem Gutdünken vollstreckt. In einem früheren Leben war sie Miß Elicia Nevins von der Erde gewesen, eine Agentin der Kurii auf Gor. In Ar, einer Stadt, aus der ich einmal verbannt worden war, hatte ich sie gefangen und versklavt. In den Gemächern, die bisher die ihren gewesen waren, war sie meine Beute geworden und hatte mein Brandzeichen erhalten und meine Fesseln angelegt bekommen, und zuletzt den schimmernden Stahlkragen der Unterwerfung.

Dieses Mädchen, die ehemalige Elicia Nevins, die ehemalige hochmütige und stolze Agentin der Kurii, kniete nun als liebliche Sklavin vor mir und griff nach meinen Sandalen. Dabei bot sie einen prächtigen Anblick.

»Woran denkst du, Herr?« fragte sie besorgt.

»Ich dachte an das erste Mal, als ich dich unterwarf. Erinnerst du dich?«

»Ja, Herr, ich habe nichts vergessen.«

Nachdem ich sie gefangen und versklavt hatte, war ich im Sattel eines Tarn, das Mädchen quer vor mir liegend, aus Ar geflohen. In Port Kar hatte ich sie Samos zu Füßen geworfen. In einem seiner Verliese hatten wir die Sklavin anschließend verhört und viel erfahren. Da sie für Samos dann keinen Wert mehr besaß, hatte ich sie als Sklavin zu mir genommen.

»Bist du dankbar, daß dir der Tod erspart blieb?« fragte ich.

»Ja, Herr«, erwiderte sie. »Und ganz besonders, daß du mich behalten hast, als deine Sklavin.«

Nichts erfüllt eine Frau mehr als ihre Sklaverei.

Ich stand auf und zog die Felle von der Couch enger um mich. Mit einem Gürtel band ich das Fellgewand fest. Von einem Haken an der Wand nahm ich die Scheide mit dem Kurzschwert. Ich zog die Klinge, wischte sie an den Pelzen ab, die mich bekleideten, und steckte sie zurück. Die meisten goreanischen Waffenscheiden sind nicht feuchtigkeitssicher, da dies die Klinge entweder zu eng eingeschnürt oder eine hinderliche Klappe vorausgesetzt hätte. Nach goreanischer Art warf ich mir nun den Schwertgurt über die linke Schulter, so daß mir der Waffengriff an der linken Hüfte pendelte, für meine Hand leicht zu erreichen.

Dann kehrte ich zur Couch zurück und blieb vor dem Mädchen stehen.

»Ich liebe dich, Herr«, sagte sie, »und gehöre dir.«

Ich wandte mich ab und verließ den Raum. Wenige Ahn später, gegen Morgen, würden Männer zu ihr kommen, sie losbinden und mit den anderen Frauen zur Arbeit schicken.

»Wie viele sind es?« fragte ich Samos.

»Zwei«, antwortete er.

»Lebendig?«

»Ja.«

»Kein sehr schöner Ort für eine Zusammenkunft«, stellte ich fest. Wir befanden uns in den zerfallenen Ruinen eines Tarnstalls, der sich auf einer großen Plattform am Rand der Rence-Sümpfe erhoben hatte. Beim Aufstieg zur Plattform und beim Überqueren der Fläche hatten die uns begleitenden Wächter, die nun draußen geblieben waren, mit ihren Speerschäften mehr als einen wendigen Tharlarion vertrieben, der sich zornig fauchend in den Sumpf fallen ließ. Die Anlage bestand aus einem Tarnstall, dessen Dach ziemlich zerstört war, und einem Vorgebäude, in dem Vorräte und Tarnhüter untergebracht gewesen waren. Der Bau stand seit Jahren verlassen. Wir befanden uns im Innern des Vorgebäudes. Durch das zerstörte Dach vermochte ich stellenweise den goreanischen Nachthimmel und einen der drei Monde dieser Welt auszumachen. Weiter vor uns war eine Wand weitgehend eingestürzt und offenbarte einen Blick in den großen Tarnstall, einst ein riesiges, konvexes, käfigähnliches Gewirr mächtiger verwobener Äste, eine Kuppel aus miteinander verflochtenem Holz; nach Jahren der ungehinderten Einwirkung von Wind und Wetter existierten von diesem eindrucksvollen und komplizierten Bau nur noch einige skeletthafte Überreste in den unteren Bereichen.

»Mir gefällt dieser Ort nicht«, stellte ich fest.

»Den anderen aber um so mehr«, erwiderte Samos.

»Es ist zu dunkel«, meinte ich. »Hier gibt es zu viele Gelegenheiten für Hinterhalte und sonstige Überraschungen.«

»Die anderen haben diese Stelle gewählt.«

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