Dass ich mit meinen Freundinnen konkurrieren musste, war aber nicht zu erwarten, worüber ich froh war, da sie auf dieser Welt entsprechend angelernt sein würden, also auch ernsthafte Gegnerinnen abgaben, hochintelligent und aufs Köstlichste verlockend. Höchstwahrscheinlich kam ich nie dazu, mich gegen Frauen aus meiner früheren Heimat behaupten zu müssen. Es gab bestimmt keine weiteren mehr, und wenn, dann nicht viele. Mit großer Sicherheit würde ich hier mit Einheimischen hadern.
Es war nun fast ganz dunkel.
Ja, mit Frauen von diesem Planeten sollte ich wetteifern, und zwar nach Kräften, so viel stand fest. Ich hatte eine Ausbildung genossen und die Wachen verführt, ausgenommen den Mann, dessen Peitsche ich geküsst, den ich besonders ehrgeizig gebauchpinselt hatte, sogar bis zu dem Punkt, dass es mir Kummer bereitete.
Ich fürchtete die Unfreien auf diesem Planeten keineswegs.
Sie sollten ruhig erfahren, was eine Unfreie von der Erde vermochte!
Völlig furchtlos war ich allerdings nicht. Falls mich die anderen Frauen nicht mochten und schlecht behandelten oder wenn sie mir nicht halfen: Konnte mein Leben dann am Pranger stehen? Was, wenn sie Lügen über mich verbreiteten, etwa indem sie den Männern erzählten, ich hätte Gebäck entwendet oder etwas in dieser Art? Ich wollte nicht gezüchtigt und schon gar nicht umgebracht werden. Sollte ich also vorgeben, ihre Freundin zu sein? Dies war wohl sicherer. Die Männer umwerben, konnte ich dann ja auf verstohlene Weise. Würden die anderen Verdacht schöpfen? Bestimmt, denn sie waren nicht anders gestrickt als ich, und außerdem entging ihnen gewiss nicht, wie die Herren auf mich reagierten. Falls ich berechtigten Anlass zur Klage gab, weil ich nicht jederzeit befriedigte, auch wenn die anderen Frauen zugegen waren, was dann? Wiederum liefe ich Gefahr, geschlagen oder erschlagen zu werden.
Oh ja! Einen grausamen Moment lang wusste ich weder ein noch aus.
Dann ging ich in mich: Wer saß letztendlich am längeren Hebel? Die Männer, wer sonst? Und zu welchem Zweck war ich in diese Welt gebracht worden? Welchen Sinn hatte mein Leben jetzt? Ich musste Männern dienen und gefallen! Dafür allein war ich nun da. Die Männer sollten mich vor den Weibsbildern beschützen. Diese wurden nämlich zwangsläufig und erwartbar zu meinen Rivalinnen. Die beste Überlebensstrategie bestand also darin, die Frauen zu ignorieren, sie praktisch zu missachten und mich darauf zu konzentrieren, den Männern einen möglichst klaglosen Dienst zu erweisen. Das Ergebnis mochte dann so oder so ausfallen. Ich durfte mir nicht selbst ein Bein stellen und nichts anderes, als glanzvolle Leistungen erbringen. Ich musste nach Herausragendem streben, zumal ich den Männern ja nicht bloß um meiner Sicherheit willen gefallen wollte, weil ich überleben musste, oder mir eine bessere Behandlung, schmackhaftere Speisen und einen bequemeren Zwinger wünschte. Auch nicht, weil ich eitel war beziehungsweise des Machtgefühls wegen, das ich dann gegenüber meinen Nebenbuhlerinnen empfinden würde. Nein, ich tat es allein deswegen, weil wir Frauen waren und sie Männer. Ich wollte auf diesem Planeten ganz ich selbst sein. Er war der erste Lebensraum, in dem mir dies möglich zu sein schien.
Ich fragte mich: Konnten sich Frauen wie ich, die von der Erde stammten, nicht für viele oder wenigstens ein paar Männer hier als reizvoll herausstellen? Wir kamen aus einer sexuellen Wüstenei her, waren ausgetrocknet und ausgehungert, dass Männer wie diese existierten, hätten wir nicht gedacht. Nie zuvor war uns gestattet worden, unser Selbst nach außen zu kehren.
Ich ließ nicht von den Stäben ab. Die letzten Sonnenstrahlen erstarben langsam.
Schließlich legte ich die Ellenbogen auf eine Querstrebe und ließ meine Unterarme aus dem Portal hängen, dann verschränkte ich sie und schmiegte meine linke Wange an sie.
Nachdem ich zum Schluss all dieser Überlegungen gekommen war, fühlte ich mich verträumt und zuversichtlich.
Jawohl, Grabenkämpfe waren unvermeidbar.
Damit hatte ich keine Probleme. Die anderen sollten sich hüten, denn ich schreckte nicht vor ihnen zurück. Sie hatten keine Chance gegen mich! Ich war exzellent, das wusste ich. Im Pferch hatte ich einen guten Ruf. Jedes Mädchen muss sehen, wo es unterkommt. Darüber hinaus hatte ich dringende, unabweisbare Bedürfnisse, die es zu stillen galt, und letztlich trachtete ich schlicht danach, zu überragen und die Spitze zu bilden!
Es gab nichts, was ich fürchten musste.
Plötzlich brauste von rechts her aus der Dämmerung, so ungestüm, so rasend schnell, mit feurigen Augen in einem riesigen, dreieckigen Schädel von vielleicht zwei Fuß Breite dieses Ding auf das Gitter zu. Ein abscheuliches Knirschen ertönte, es stieß dagegen, kratzte daran, ich sprang zurück und schrie. Es biss nach den Stäben, seine weißen Fänge schabten am Metall, die pickende Schnauze stieß ein Fauchen aus, aber es kam nicht hindurch. Immer wieder ertönte das Grollen. Ich fiel rückwärts, drehte mich dabei um und kreischte auf. Panik ergriff mich, auf Händen und Knien sah ich es, lang und gedrungen wie ein gigantisches Pelzknäuel gleich einer Schlange oder Echse. Das Ding hatte sechs Beine, schob die Schnauze unter die ebenerdige Querstrebe des Portals und versuchte es aufzustemmen, um mich zu holen. Ich brüllte!
Mir war es nicht gelungen, das Gitter nur einen Zoll weit anzuheben.
Das Maul an diesem schrecklichen Dreieckskopf, der am Halsansatz etwa zwei Fuß breit war, drückte die Stäbe drei bis vier Zoll hoch, bevor sie gegen einen Riegel, eine Stange oder einen Haltehebel stießen. Das Ding schaffte es nicht, darunter hindurchzukommen, aber auch für mich war der Spalt zu schmal. Wütend rammte es das Gitter mit der Schnauze und ließ die Höhle hinter mir mit Wellen seines erzürnten Gebrülls beben. Ich legte mich auf den Bauch und hielt mir die Ohren zu. Ich erschauderte. Das Portal knarrte, als sich das Untier mit seinem gesamten Gewicht dagegen warf. Ich weinte, während die ganze Zelle unter dem Zorn der Kreatur erzitterte. Sie kam nicht durch. Als es ruhig wurde, nahm ich die Hände vom Kopf und öffnete die Augen. Das Tier war verschwunden!
Ich hatte meine Motorik nicht mehr unter Kontrolle und zitterte reflexartig. Selbst wenn ich gewollt hätte, wäre ich nicht auf die Beine gekommen. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen, und es war bereits im Dunkeln schlimm genug, obwohl ich kaum etwas davon erkannt hatte. Es wirkte wie ein dunkler, übergroßer und wutentbrannter Schatten, der nach mir trachtete. Ich fing an zu schluchzen. Die Gitterstäbe hatten standgehalten! Vorerst war ich nicht in der Lage, mich ihnen zu nähern. Man hätte wohl Taue oder Ketten zur Hilfe nehmen müssen, um mich dorthin zu bewegen, vielleicht auch das Fingerschnippen eines Rechtehalters. Egal, das Portal hatte es überstanden! Ich hätte ihm glatt persönlich danken können. Bald war ich wieder weitestgehend gefasst und erhob mich, unstet schwankend, auf alle viere. Vorsichtig kroch ich zum Gitter, achtete aber darauf, Abstand zu wahren. Dann schaute ich in beide Richtungen, entdeckte aber keine Spur des Monstrums.
Dabei hatte ich doch geglaubt, es gäbe nichts zu befürchten.
Immer noch unfähig zu laufen, krabbelte ich auf Händen und Knien zurück in den hinteren Teil des Gewölbes.
Das Portal hatte gehalten!
Es war längst finster, und ich fror. In der Zelle war es frisch geworden, wie es in diesen Gefilden sicherlich üblich war, selbst in Sommernächten. Ich nahm die Decke zur Hand und wickelte mich ein. Zuletzt kniete ich nur da und starrte auf das Gitter.
Die Decke begünstigte, dass mich ein herumschnüffelndes Tier schnell entdecken konnte, das war mir bewusst.
Welche andere Möglichkeit blieb mir denn?
Ich musste mich zudecken, es war kalt. Nein, Alternativen gab es nicht und ich wollte nicht erfrieren.
Читать дальше