Ich trat durch den natürlichen Schutzwall aus Dornengestrüpp und kniete nieder. Ich wollte beschützt werden und etwas essen. Für Kost und Logis war ich bereit, alles zu zahlen, was sie wünschten. Hinter mir zog man die Sträucher, die undurchdringlich und sehr hoch waren, mit Haken, die an Stangen befestigen waren, zusammen. Nun war ich gemeinsam mit den Männern und diesem Mädchen im Lager gefangen.
Ich war jetzt seit zwei Tagen hier. Voller Zorn schürte ich das Feuer in der Pfanne, indem ich den Kohlen zufächelte. Funken stoben hoch und versengten meine Haut. Ich verwendete ein fast quadratisches Stück aus steifem Leder, um die Flammen anzufachen. Aus der Pfanne ragte der Griff eines Eisenhakens.
Ich musste zahlreiche banale Arbeiten im Lager und der Umgebung verrichten. Das gefiel mir überhaupt nicht.
Man hatte mich dazu gezwungen, Feuer zu machen und beim Zubereiten der Speisen zu helfen. Diese sollte ich auch mit auftragen und den Männern Wein und Paga dazu reichen … Becher und Besteck spülen … den Müll und die Reste des Gelages beseitigen. Weiterhin oblag es mir, zerschlissene Kleider zu nähen, wobei mich Eta einmal, als ihr das Ergebnis nicht gefiel, dazu nötigte, den Faden herauszureißen und wieder ganz von vorne anzufangen, um es ordentlich zu machen. Zu meiner Schmach brachte man mir außerdem bei, Wäsche auf den Felsen zu säubern, indem ich sie auf Knien am Ufer des Bächleins kauernd, das durch das Lager floss, walkte und ausspülte. Außerhalb wurde ich darauf angesetzt, Beeren zu pflücken und mir die Arme mit Feuerholz zu beladen. Wenn ich die Umfriedung verließ, begleitete mich stets einer der Männer meines Fängers. Auf der Erde hatte ich einen relativ hohen gesellschaftlichen und finanziellen Status genossen; daheim waren wir, soweit ich mich entsinnen konnte, nie ohne Hausmädchen und Koch ausgekommen; seit meinem fünfzehnten Lebensjahr hatte ich mich daran erfreut, ihnen Befehle zu erteilen, obwohl ich ihnen ebenbürtig war, wenigstens beinahe. Ich zählte nicht zu der Sorte Mensch, die häusliche Pflichten gewohnt war oder sich unter anderer Leute Scheffel stellte. Dies war Frauen einer anderen Klasse vorbehalten, die weit unter der meinen rangierte. Hier in diesem Lager jedoch half ich Eta beim Kochen, Putzen und Nähen, ich ließ mich gar zu noch niederen Arbeiten herab, beispielsweise dem Aufwarten, wenn die Männer ihre Mahlzeiten zu sich nahmen. Eta mochte sich nichts daraus machen; ich wusste nicht, welcher Klasse sie angehörte, aber ausgehend von ihrer Kleidung konnte sie nicht hochgestellt sein. Für Judy Thornton aber ging es keineswegs in Ordnung. Ich war blitzgescheit und verfasste Gedichte. Gelegentlich, wenn keiner der Männer anwesend war, weigerte ich mich, Eta zur Hand zu gehen. Dann erledigte sie ihre Pflicht alleine, murrend, aber ohne etwas zu sagen oder Einspruch zu erheben. Waren Männer zugegen, führte ich alle Arbeiten aus, die sie mir auftrug, denn ich fürchtete mich vor den Männern. Insgesamt waren es sechzehn, mein Fänger eingeschlossen, obwohl sich über den Tag hinweg selten mehr als vier oder fünf im Lager aufhielten.
Mein Fänger selbst war es gewesen, der mir befohlen hatte, auf die Kohlenpfanne zu achten, in der das Eisen heißgemacht wurde.
Nie wäre ich darauf gekommen, ihm nicht zu gehorchen.
Die Kohlen in der Pfanne überraschten mich nicht, da ich am ersten Tag, den ich von morgens bis abends hier verbracht und mich dabei umgesehen hatte, auf hinreichende Versorgungsgüter gestoßen war. Dies entsprach dem Grundgedanken hinter einem solchen Vorratslager, in das man wiederholt zurückkehren würde. In einer Höhle an einer Felswand standen mehrere Kisten, einige verschlossen, andere offen. Sie enthielten Weinkaraffen und Flaschen mit jenem Gebräu namens Paga, Bestände von Salz, Getreide, Trockenfleisch und Gemüse; Tuniken, Stoffballen und Decken. Zudem verwahrte man Werkzeug und andere Gerätschaften dort auf. Ich fand Nadeln und Faden, Parfüms und Schmuck, aber etwas davon anzuziehen beziehungsweise auszuprobieren, wagte ich nicht, auch wenn es mich in den Fingern juckte; andererseits kamen sie mir recht grobschlächtig vor. Eta trug ja, wie ich bemerkt hatte, als einziges Schmuckstück den dicken Halsreif. Daraus schloss ich, dass man sich nicht einfach so aus eigenen Stücken zu solchem Putz verhelfen durfte. Zweifellos würden mir diese Männer Schmuck vor die Füße werfen, so ihnen daran gelegen war, dass ich ihn trug und mir befehlen, ihn anzuziehen oder ihn mir vielleicht selbst mit ihren Pranken aufzwingen, was ein beunruhigender Gedanke war. In einer Truhe entdeckte ich Arzneimittel und Verbände. Außerdem gab es aufgerollte Felle und einen Kasten voller Lederwaren, sowohl Streifen als auch rechteckige Stücke und Bänder verschiedener Art. Auch auf zwei Peitschen stieß ich, doch wozu sie gebraucht wurden, konnte ich mir nicht so richtig vorstellen, denn mit Tieren, die man damit züchtigen musste, schienen sich die Männer nicht zu umgeben. Zudem sahen sie zwar stabil genug aus, aber ihre Riemen waren zu kurz für das schwerfällige Nutzvieh, dass ich kürzlich am Ende des Gefolges gesehen hatte: jene Rinderart, die vor den Wagen gespannt war. Diese weichen Peitschen waren nur ein Yard lang und praktisch nur unwesentlich breiter als der Rücken eines Mädchens. In einer anderen Kiste lagen Ketten, die ich mir nicht genauer anschaute; ihr Zweck war mir ebenfalls nicht ersichtlich. Die Kohlen und mehrere Eisen steckten in Säcken an einer Höhlenwand.
Es war nun später, und ich fachte das Feuer an.
Ein paar Yards weiter briet Eta eine Fleischkeule am Spieß. Ich roch den Bratenduft. Mein Magen knurrte.
Auch hier im Lager hatte mein Fänger weiterhin darauf geachtet, meine Ernährung auf seine erniedrigenden Handreichungen zu begrenzen. Dabei legte er mir das Essen entweder direkt in den Mund, oder ich musste auf Knien, ohne die Hände einzusetzen, danach schnappen.
Oh, wie ich ihn hasste!
Er verwies mich auf Knien in meine Schranken. Ich verachtete ihn zutiefst ... und dennoch war er bei Weitem der attraktivste Mann, den ich je kennengelernt hatte. Hoffentlich durfte ich einen Bissen von dem Braten zu mir nehmen. Ich war heilfroh darüber, dass er mich auf dem Weg hierher nicht zur Befriedigung seiner Gelüste benutzt hatte, obwohl es sehr leicht gewesen wäre, mit mir als seiner hilflosen, nackten Gefangenen. Gleichzeitig war ich rasend geworden, denn ich war so verliebt und schwach, so sehr frustriert. Gehörte ich letzten Endes gar nicht ihm? Fand er mich körperlich abstoßend? Sicher, ich war nicht Eta, aber bestimmt immer noch besser als niemand. Weshalb hatte er mich nicht genommen, mich nicht wenigstens rasch ins Gras geworfen und gezwungen, ihm Vergnügen zu schenken? Ich unterlag ihm aufs Strengste, doch wenn ich mich offensichtlich nach seiner Berührung verzehrte, wandte er sich ab; nicht einmal mit Blicken bedachte er mich dann.
Eines Nachts, als ich an Händen und Füßen gefesselt bei ihm lag, hatte ich wirklich vor Lust aufgestöhnt und versucht, meinen Kopf an ihn zu schmiegen. Da hatte er mir ein Stück Stoff in den Mund gesteckt – einen Knebel – es fest gebunden und mich von seiner Seite fortgestoßen, um ruhig schlafen zu können. Ich hingegen kam kaum zur Ruhe in jener Nacht, sondern wälzte und wand mich in meinem Elend. Zwei Tage später beim Rasten hatte mich die Begierde so weit getrieben, dass ich mit Tränen in den Augen vor ihm auf die Knie fiel und anfing, seine Füße und Beine mit Küssen zu bedecken. Dann blickte ich hinter meinem Tränenschleier zu ihm auf. »Nimm mich!«, flehte ich. »Nimm mich!« Auch wenn er meine Sprache nicht verstand, konnte kein Zweifel an der Art meiner Bedürfnisse und der Dringlichkeit meiner Bitte bestehen. Trotzdem wandte er sich von mir ab.
In der darauffolgenden Nacht weinte ich stundenlang und rutschte in meinen Fesseln herum. Damals war ich noch eine Jungfrau und wusste noch nicht so recht, was ein Mann mit mir anstellen konnte. Aber schon zu jener Zeit konnte ich vage nachvollziehen, dass gewisse Mädchen – solche, zu denen ich auch bald zählen sollte – imstande waren, vor lauter Lust im Gras liegend zu kreischen und zu zappeln, manchmal wie von Sinnen unter den Monden zu tanzen, sich selbst zu kratzen oder ihre Finger bis aufs Blut zu schinden, wenn sie sich am Zement ihrer Pferche vergriffen, sich Schrammen zuziehen, indem sie sich gegen die Gitterstäbe ihrer Zellen warfen oder ihr Fleisch aufrissen, weil sie sich gegen ihre Metallfesseln stemmten, um einen Wächter zu berühren. Wie hartherzig Männer zuweilen sein können, wenn sie sich weigern, das Verlangen einer Frau zu befriedigen.
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