II.Ein Anspruch nach §§ 280 I, 311 II Nr. 3, 241 II BGBsetzt einen ähnlichen geschäftlichen Kontakt voraus. An einer Rechtsgeschäftsähnlichkeit fehlt es aber gerade bei der reinen Gefälligkeit und Nachbarschaftshilfe des B, bei der es sich um einen bloßen sozialen Kontakt handelt.
III.In Betracht kommt ferner ein Anspruch gemäß §§ 280 I, 241 II BGBwegen einer Pflichtverletzung im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag(§ 677 BGB). B handelte jedoch aus Gefälligkeit und damit nicht ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung im Sinne des § 677 BGB. Im Übrigen würde eine derartige Haftungskonstruktion die Wertungen aus dem Vertragsrecht hinsichtlich einer gerechten Risikoverteilung konterkarieren.
IV.Eine Haftung könnte sich aber aus § 823 I BGBergeben. B hat es unterlassen, nach dem Bewässern des Gartens den Außenwasserhahn abzudrehen. Aufgrund dieses vorangegangenen Tuns (Aufdrehen des Hahns und Gießen) bestand für ihn eine Rechtspflicht zum Handeln, nämlich die Wasserzufuhr zum Schlauch wieder abzustellen. Infolge des Versäumnisses des B baute sich der Wasserdruck auf; der Schlauch löste sich aus der Spritze und aus dem Schlauch trat eine erhebliche Menge Leitungswasser aus. So kam es zu Schäden im Untergeschoss des Gebäudes, mithin zu einer Verletzung des Eigentums des A. Dies geschah rechtswidrig und aus Unachtsamkeit (d.h. Fahrlässigkeit, § 276 II BGB) des B. Demnach besteht eine Haftung des B aus § 823 I BGB.
Fraglich ist aber, ob bei reinen Gefälligkeiten für eine Haftungsprivilegierung (Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bzw. nur für diligentia quam in suis, § 277 BGB) analog §§ 521, 599, 690 BGB zu votieren ist. Gegen eine solche Privilegierung spricht, dass das Gesetz derartige Haftungsprivilegien nur vereinzelt und nicht für alle unentgeltlichen Rechtsverhältnisse vorsieht. Es handelt sich daher um keinen allgemeinen Rechtsgedanken (siehe nur die fehlende Bestimmung im Auftragsrecht).
A und B müssten somit einen Haftungsverzicht oder eine Haftungsbeschränkung vereinbart haben. Ausdrücklich geschah dies nicht. Fraglich ist, ob diese Vereinbarung ggf. konkludent erfolgte oder im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) anzunehmen ist. Dagegen spricht, dass es sich um eine künstliche Konstruktion bzw. eine Willensfiktion handelt, die rein ergebnisorientiert ausfällt. Grundsätzlich setzt die Annahme einer Haftungsprivilegierung voraus, dass „der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen, einen Haftungsverzicht gefordert und sich der Geschädigte dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen können.“[71] In casu war B für Schäden bei Nachbarschaftshilfe und Gefälligkeitshandlungen privat haftpflichtversichert. Dies spricht regelmäßig gegen die Annahme einer Haftungsbeschränkung, die in einem derartigen Fall nur dem Versicherer des Schädigers zugutekäme und bei einer bestehenden Gebäudeversicherung zu Lasten des Versicherers des Geschädigten ausschlagen würde. Um mögliche Entlastungen von Versicherern geht es den Parteien redlicherweise nicht. Das Bewässern eines Gartens durch den Nachbarn ist zudem keine besonders gefahrgeneigte Tätigkeit, sodass das bestehende Haftungsrisiko für B hinnehmbar bleibt. A und B haben keine Haftungsprivilegierung vereinbart. A hat daher gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB.
[1]
MüKo/ Emmerich § 311 Rn. 1; Neuner § 10 Rn. 33 ff; Musielak , JuS 2017, 949 ff.
[2]
BVerfGE 81, 242, 254 = NJW 1990, 1469, 1470; Petersen , JURA 2011, 184.
[3]
BVerfGE 81, 242, 254 = NJW 1990, 1469, 1470.
[4]
BVerfG NJW 2019, 3769, 3770 (Rn. 6); BVerfGE 148, 267 = NJW 2018, 1667, 1669 (Rn. 40).
[5]
Bork , Rn. 667; Boecken , Rn. 252; Köhler , AT, § 8 Rn. 48; Leipold § 6 Rn. 2; Riehm , Rn. 80.
[6]
Neuner § 48 Rn. 11 ff.
[7]
Vgl. Säcker/Mohr , Fall 2 (S. 28 f).
[8]
MüKo/ Thüsing § 21 AGG Rn. 17 ff; Köhler , AT, § 8 Rn. 47a; abl. MüKo /Busche Vor § 145 Rn. 17.
[9]
Nach BGH NJW 2012, 1725 ff(dazu Mäsch , JuS 2012, 556 ff) u. BVerfG NJW 2019, 3769 f(Nichtannahmebeschluss; dazu z.B. Sachs , JuS 2020, 185 ff).
[10]
BVerfG NJW 2018, 1667, 1668 (Rn. 32); dazu (insbesondere auch zur Problematik einer „unmittelbaren Drittwirkung“) Neuner , NJW 2020, 1851 ff; Hellgardt , JZ 2018, 901 ff; Michl , JZ 2018, 910 ff; Heintz , jM 2018, 474 ff.
[11]
Zu Diskriminierungen im allgemeinen Privatrecht als Grundrechtsproblem Lehner , JuS 2013, 410 ff; Michl , JURA 2017, 1062 ff; Ruffert , JuS 2020, 1 (5 f) auch zu den Grundfreiheiten und zur EU Grundrechte-Charta (GRCh).
[12]
BGH NJW 2010, 534, 535.
[13]
BT-Drs. 16/2022, S. 13.
[14]
BVerfG NJW-RR 1989, 636; BGHZ 140, 74 ff = NJW 1999, 1326 ff.
[15]
Nach BGHZ 93, 151 ff = NJW 1985, 1216 f.
[16]
BGH NJW 1975, 771 ff; BGHZ 140, 74 ff = NJW 1999, 1326 ff.
[17]
BGH NJW 1985, 1216.
[18]
Köhler , AT, § 5 Rn. 4.
[19]
Vgl. Köndgen , Selbstbindung ohne Vertrag, 1981.
[20]
LG Bremen NJW 1966, 2360 f; vgl. auch Petersen § 15 Rn. 3.
[21]
BGH NJW 1956, 1475 ff; vgl. auch Petersen § 15 Rn. 4 f.
[22]
Riehm , Rn. 240 f; Stadler § 19 Rn. 35; für Analogie zu §§ 612, 632 BGB: Medicus/Petersen , AT, Rn. 250.
[23]
Vgl. Medicus/Lorenz , Schuldrecht I, Rn. 103 ff.
[24]
Vgl. M. Schwab , JuS 2002, 872, 873 ff; Einzelheiten bei MüKo/ Gottwald § 328 Rn. 166 ff.
[25]
M. Schwab , JuS 2002, 872, 877; Medicus/Lorenz , Schuldrecht I, Rn. 110 f; MüKo /Emmerich § 311 Rn. 187 ff.
[26]
Beckhaus , Die Rechtsnatur der Erfüllung, 2013, S. 194.
[27]
Zustimmung ist der Oberbegriff (§ 182 BGB). Die vorherige Zustimmung wird im Gesetz als Einwilligung, vgl. § 183 BGB und die nachträgliche Zustimmung als Genehmigung, vgl. § 184 I BGB, bezeichnet.
[28]
Vgl. M. Schwab , Zivilprozessrecht, § 1 Rn. 34 G; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 46 Rn. 10.
[29]
Vgl. Frahm/Würdinger , JuS 2008, 14 ff.
[30]
BGHZ 2, 37, 53; vgl. Canaris § 27 Rn. 1 ff; Lettl § 13 Rn. 20; Petersen § 50 Rn. 1 ff.
[31]
Petersen , JURA 2004, 247, 249.
[32]
BGH DB 2008, 1792, 1795; BGHZ 73, 253, 254 = NJW 1979, 976; Feuerborn , ZIP 2001, 600 ff.
[33]
Boecken , Rn. 162; Faust §§ 4–7; Köhler , AT, § 5 Rn. 14; Neuner § 29 Rn. 66 ff; Jauernig , JuS 1994, 721; zu Ausnahmen vgl. Lieder/Berneith , JuS 2016, 673 ff.
[34]
Vgl. BGH WM 1969, 175, 176.
[35]
Ausf. Szerkus , JURA 2018, 443 ff; Musielak , JuS 2010, 377 ff.
[36]
So MüKo/ Oechsler § 932 Rn. 25 ff; Palandt/ Herrler § 932 Rn. 17.
[37]
Vgl. Baur/Stürner § 52 Rn. 34; Prütting , Rn. 438.
[38]
Haferkamp , JURA 1998, 511; Jauernig , JuS 1994, 721, 724 f; Medicus/Petersen , AT, Rn. 231 ff.
[39]
Vgl. Bork , Rn. 482 ff; Petersen § 46 Rn. 8; Stadler § 26 Rn. 44.
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