Hermann Brünjes
Mit Feuer und Geist
Ein Jens Jahnke Krimi
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Hermann Brünjes Mit Feuer und Geist Ein Jens Jahnke Krimi Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Montag, 26. April
Mittwoch, 28. April
Donnerstag, 29. April
Freitag, 30. April
Samstag, 1. Mai
Sonntag, 2. Mai
Dienstag, 4. Mai
Mittwoch, 5. Mai
Donnerstag, 6. Mai
Freitag, 7. Mai
Samstag, 8. Mai
Sonntag, 9. Mai
Montag, 10. Mai
Dienstag, 11. Mai
Mittwoch, 12. Mai
Donnerstag, 13. Mai (Himmelfahrt)
Freitag, 14. Mai
Samstag, 15. Mai
Sonntag, 16. Mai
Epilog
Wichtigste Personen
Autor, Hinweise zum Buch und weitere Bücher
Impressum neobooks
Mit Feuer und Geist
Ein Jens Jahnke-Krimi von Hermann Brünjes
Gewidmet jenen Freiwilligen, die das »Tagungshaus mit Herz« beleben,
den Feuerwehrleuten, die oft das Schlimmste verhindern,
meinen Surf-Freunden auf der Insel
und jenen Menschen, mit denen ich im Dorf zusammenlebe.
Ihr seid mir Inspiration und Freude.
Danke.
Prolog
Biikebrennen, er liebte es!
Das Knistern, die Funken, das brennende Petermännchen im höllischen Inferno. Er liebte es, seinen Freund Ole neben sich zu wissen. Wenn sie durch die Dünen streiften und sich der Feuersbrunst vorsichtig näherten, wenn sie über betrunkene Halbstarke lästerten oder dem Fischmann eine kostenlose Portion frischen Kibbeling abschwatzten. Das liebte er.
Nun jedoch gab es nichts mehr zu lieben.
Wie gelähmt starrte er auf das riesige Feuer vor sich. Beißende Hitze brannte sich durch seine Kleidung. Sein T-Shirt und der Anorak glühten trocken, als stünden auch sie gleich in Flammen. Die Löcher mit den verkohlten Rändern darin nahm er nicht zur Kenntnis. Tränen liefen klebrig über seine Wangen. Sie schmeckten nach Meerwasser. Er registrierte es nicht. Das linke Hosenbein seiner Jeans war zerrissen und angekokelt. Nur ein Fetzen Stoff war noch übrig. Das blut- und dreckverschmierte Bein schmerzte stechend und pochend. Er ignorierte es.
Er hockte wie gelähmt neben dem dicken Stamm einer knorrigen Kiefer und starrte auf das lichterloh brennende Wohnhaus. Viel mächtiger als das Biikefeuer am Strand jemals war, dachte er und schämte sich sofort für einen derart unpassenden Gedanken. Er hatte es nicht geschafft, sie zu retten. Er hatte versagt. Sie alle würden sagen, er sei ja noch ein Kind. Trotzdem hatte er versagt. So klein war er auch nicht mehr. Er hätte diesmal nicht gehen und sie nicht diesem Unhold überlassen dürfen. Immerhin hatte er es geschafft, sie bis in den Flur zu schleppen.
Zusammen mit Ole und anderen Kindern hatte er den Erwachsenen geholfen, das Biikefeuer aufzuschichten. Dann war er nach Hause geradelt und hatte gehofft, dass seine Mutter nun endlich Zeit mit ihm verbrachte. Am Abend wollten sie dann wie jedes Jahr gemeinsam zum Strand gehen und mit dem ganzen Dorf das Biikefest feiern.
Als er ihre schrecklichen Schreie hörte, war er ohne zu Zögern ins Haus gerannt. Aus dem Reetdach neben der kleinen Gaube waren bereits erste Flammen gen Himmel gestiegen. Funken wirbelten wie kleine Glühwürmchen um sie herum. Drinnen krachte und knackte es. Wie flüssige Schmutzwatte quoll dicker grauer Qualm die Treppe hinunter. Sie schrie. Er war die Treppe hinaufgerannt. Seine Mutter fiel ihm entgegen. Er konnte sie nicht halten und rutschte mit ihr die Holzstufen hinab. Dann zog er sie an den Armen Richtung Ausgang. Vergebens. Er hatte nicht die Kraft, seine Mutter zu retten. Die Treppe stürzte ein, Balken krachten auf den Flur. Einer davon verpasste ihn um Haaresbreite und schlug seine Mutter zu Boden. Sie bewegte sich nicht mehr. Der Balken auf ihrer Brust brannte, ihre Kleider auch. Da war er mit letzter Luft und Kraft hinausgetaumelt. Er hatte seine Mutter zurückgelassen.
Jetzt kamen die ersten Nachbarn, viel zu spät! Ihr kleines Haus lag jenseits der Ortschaften im Wald. Die Flammen sah man wegen der Bäume erst, wenn man fast da war. Jetzt hörte man auch Sirenen. Gleich würden sie ihn finden. Und sie würden ihn verarzten. Sie würden ihn fragen, wie es passiert ist und wer im Haus war und wer die Schuld hat ... Er barg sein Gesicht zwischen den Armen und umfasste seine blutigen Knie. Er kannte nur diese eine Antwort: Es war seine Schuld, dass er sie nicht retten konnte.
»Das machst natürlich du , Jens!«
Ich meine, nicht richtig zu hören. Mein Chef will mir einen religiösen Artikel aufdrücken. Mein fassungsloser Gesichtsausdruck ermuntert ihn zu weiteren Erklärungen.
»Du wohnst in Himmelstal, du bist gewissermaßen Experte für religiöse Feste und du machst sogar aus solchem Quatsch noch eine brauchbare Story!«
Er grinst in die Runde. Alle hier wissen, dass er auf die Sache mit der Auferstehung Benders und die weihnachtlichen Kindermorde anspielt. Zunächst als Story über Brauchtum im christlichen Abendland geplant, sind daraus überraschend brisante Polit- und Kriminalrecherchen geworden.
Mein mir immer wohl gesonnener Online-Kollege nickt.
»Ja Jens, den Artikel solltest du übernehmen.«
»Ich finde auch, Jens. Du bist hier sogar der Einzige , der das richtig gut hinkriegt. Du verstehst am ehesten, worum es bei so etwas geht ...!«
Auch Elske, unsere Öffentlichkeitsbeauftragte pflichtet ihm also bei. Die anderen Kollegen am Tisch schauen sie ein bisschen konsterniert an. Die blonde Ostfriesin, mit deutlich unter Dreißig die Jüngste am Tisch, kann nicht nur sensibel sein, sondern auch mit spitzen Bemerkungen glänzen.
Unser Sport- und Politredakteur Stein reagiert entsprechend: »Nun mal langsam, Mädel, wir alle könnten das ja wohl machen. Jeder von uns kann über alles schreiben! Kennst ja unsere Devise.«
Natürlich weiß jeder am Tisch, dass dies eigentlich nicht stimmt. Unser Chef jedoch schickt uns überall hin. Er meint, ein guter Reporter müsse über alles berichten können. Elske gibt sich aber noch längst nicht geschlagen.
»Steini, zum einen bin ich nicht dein ›Mädel‹ und zum anderen habe ich recht! Jens macht aus solchen Geschichten immer etwas Besonderes. Er hat einfach ein Gespür für religiöse und kirchliche Themen und begegnet dem völlig offen und ohne Vorbehalte.«
Dies ist nun ein Seitenhieb auf unseren Chef Florian Heitmann. Der hält von Religion und Kirche nämlich weniger als gar nichts. Deshalb bin ich ja so fassungslos. Nun kam dieser Vorschlag ausgerechnet von ihm! Gerade will ich in dem kleinen Rededuell zwischen Steini und Elske vermitteln, da fegt Florian alle Wortmeldungen mit einer Bewegung seiner fleischigen Hand vom Tisch:
»Papperlapapp! Jens macht es. Er hat am meisten Zeit, wohnt im frömmsten Kaff unseres Landkreises und kann endlich wieder von seinem Jesus schreiben.« Jetzt sieht er mich an wie ein Kommandant seine Truppe: »Also Jens, eine ganze Doppelseite über Pfingsten und Pfingstbräuche erscheint von dir am Pfingstsamstag. Sogar vier bis sechs Fotos sind drin! Und vermeide frommes Geschwafel!«
Ich gebe auf.
Wir sitzen bereits seit über zwei Stunden in der wöchentlichen Redaktionssitzung und niemand hat mehr Lust, alles auszudiskutieren. Die nächste Ausgabe ist geplant, die für das Wochenende auch und mit dem eben an mich vergebenen Pfingstartikel ist nun auch die längerfristige Planung beendet. Natürlich hätte ich gerne noch etwas zu »meinem Jesus« gesagt und mir solche Plattheit verbeten, aber es wäre ohnehin zwecklos. Florian muss als junger Mann einmal einen Kirchenschaden erlitten haben. Irgendwann auf einer Betriebsfeier hat er mal erzählt, dass er mit einem Studium der Theologie begonnen, dies jedoch dann abgebrochen hatte. Warum, weiß vermutlich nur er allein.
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