Hermann Brünjes
was Leiden schafft
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Titel Hermann Brünjes was Leiden schafft Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Was Leiden schafft Ein Jens Jahnke-Krimi von Hermann Brünjes Gewidmet jenen Menschen in Dorf und Region, die krank, schwach, ausgegrenzt, einsam, mit Schuld beladen sind oder sonst irgendwie leiden müssen. Möge Gott euch seine Vaterliebe zeigen und die Gnade schenken, an seine Gegenwart im Leben, Leiden und sogar noch im Sterben zu glauben. Danke.
Dienstag, 1. März
Mittwoch, 2. März
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Freitag, 4. März
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Dienstag, 8. März
Mittwoch, 9. März
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Dienstag, 22. März
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Was Leiden schafft
Ein Jens Jahnke-Krimi
von
Hermann Brünjes
Gewidmet
jenen Menschen in Dorf und Region,
die krank, schwach, ausgegrenzt, einsam,
mit Schuld beladen sind
oder sonst irgendwie leiden müssen.
Möge Gott euch seine Vaterliebe zeigen und die
Gnade schenken, an seine Gegenwart im Leben, Leiden und sogar noch im Sterben zu glauben.
Danke.
Er sammelt Granaten. Nicht Briefmarken, Bierdeckel oder Meißener Porzellan. Nein, Granaten.
Begonnen hatte es vor vielen Jahren. Damals war er zwölf. Mit seiner Mutter und dem Stiefvater wohnte er direkt am Truppenübungsplatz. „Stop! Live Firing“ stand in Rot auf Warntafeln am Rande der verbotenen Zone. Wenn er auch damals noch kein Englisch sprach, die Bedeutung dieser Schilder war klar: „Betreten verboten. Lebensgefahr!“ Als ob sich Kinder und Jugendliche davon abschrecken ließen. Nein, er selbst und drei Nachbarskinder hatten etwas Großartiges entdeckt: Ein Gebiet, in das ihnen niemand folgte, eine „erwachsenenfreie Zone“.
Natürlich waren sie vorsichtig.
Sorgfältig hatten sie die Pfade durch den dichten Kiefernwald auf Gefahren untersucht. Sie waren den kaum erkennbaren Spuren des Wildes gefolgt, hatten unter dem Wurzelteller einer vom Sturm umgeworfenen Kiefer tief im Heidesand ihr erstes Depot errichtet und später alles in einen vergessenen Bunker verlegt. Die Hülsen abgeschossener Patronen hatten sie zu Beginn vorsichtig auf Stöcker gespießt und in einem Eimer gesammelt. Dann waren sie mutiger geworden. Es war ja nur Übungsmunition. Immer wieder gab es darunter auch unversehrte, scharfe Patronen. Einige hatten sie aufgeschnitten und das Schwarzpulver daraus gesammelt.
Die erste selbstgebaute Rohrbombe war zwar nicht explodiert, aber es hatte gezischt wie bei einem Feuerwerkskörper. Die zweite hatten sie im Mülleimer neben dem Unterstand am Tor zur Schießbahn deponiert, die in Wachs getränkte Zündschnur angesteckt und sich hinter den dicken Planken der Schutzhütte in Sicherheit gebracht. Die Explosion zerfetzte den Mülleiner und machte ihn samt Inhalt zu einer Art Streubombe. Er wusste, sie hatten sich ein gefährliches Hobby ausgesucht. Aber ein überaus aufregendes.
Bis heute sind sie in Kontakt geblieben. Längst robben sie nicht mehr in Tarnklamotten durchs Gebüsch. Sowohl die Kindheit am Truppenübungsplatz als auch ihre gemeinsame Zeit bei den Pfadfindern war viel zu schnell vorbei. Zwei seiner Kumpel allerdings haben weitergemacht und manchmal beneidet er sie: Was er sich illegal, heimlich und im Verborgenen gönnt, können sie ganz legal, offiziell und staatlich gefördert bei der Bundeswehr ausleben. Aber gut, dass er sie hat. So sind inzwischen echte und größere Granaten in seiner Sammlung gelandet. Zu den zwei Blindgängern vom Truppenübungsplatz, der defekten Landmine, die ihm ein Mitschüler aus der Zehnten für seine komplette Sammlung Yu-Gi-Oh-Karten überlassen hatte und diversen Hülsen und Blindgängern aus einer alten Deponie, waren mehrere Handgranaten, eine 120er Mörsergranate und allerhand Gewehr- und Artilleriemunition gekommen.
Klar, sein Hobby war nicht nur gefährlich, er machte sich auch strafbar. Doch man würde ihn niemals erwischen. Er hatte sich einen bestens abgeschirmten Ort der Freiheit und Sehnsucht geschaffen, gewissermaßen eine neue „erwachsenenfreie Zone“. Hier, meist in Tarnkleidung, lässt er seine Hände liebevoll über das kalte Metall seiner Sammelobjekte gleiten und simuliert in Computerspielen, was er mit seinen Granaten alles machen könnte. Hier fühlt er sich unbezwingbar, frei und spürbar jung.
Sein Kumpel beim Bund hat ihm angeboten, auch andere Waffen zu besorgen. Außer einer halbautomatischen Pistole hatte er jedoch nichts angenommen. Er ist Sammler , kein Krimineller, Terrorist oder abgedrehter Nazi.
Und nun hat er eine neue Option.
Er kann eine ganz besondere Granate erwerben. Liebevoll, fast zärtlich betrachtet er das gestochen scharfe Foto, das sein Kumpel ihm hat zukommen lassen. Schlank, in mattem Grau, glänzend und wunderschön werden drei Schmuckstücke präsentiert. Tödlich, aber gesichert. Er lehnt sich genüsslich zurück. Um eines dieser Prachtstücke in seine Sammlung zu integrieren, wird er weder Mühe noch Kosten scheuen.
„Die spinnen doch!“
Erst nach einem einfachen Mittagessen, Nudeln mit Pesto, komme ich dazu, unser heutiges „Käseblatt“ zu lesen. Am Vormittag war ich zum Testen im Nachbarort. Negativ lautet das Ergebnis und in diesen Zeiten ist „negativ“ das neue „positiv“. Endlich darf ich wieder unter Leute.
Maren lacht. „Da kannst du dann ja gleich mitmachen. Eine Pappnase habe ich oben noch irgendwo herumliegen!“
„Niemals! Ich mache mich doch nicht zum Affen!“
„Du bist eben ein typisch Norddeutscher, völlig unterkühlt! Wärst du am Rhein geboren, könntest du nicht anders. Die haben Karneval im Blut.“
„Aber genetisch ist das ganz sicher nicht, sondern antrainiert. Die fahren schon als Babys im Prinzenwagen mit und werden bei Alaaf- und Helau -Rufen der Mutter gestillt. Das verstehe ich ja. Aber hier bei uns? Die haben vermutlich im tristen Februar einfach zu viel Langeweile.“
Ich habe gerade den Artikel meiner Kollegin Elske gelesen. Wie immer sauber recherchiert und ansprechend geschrieben, berichtet sie über Karneval bei uns im Landkreis. In den letzten zwei Wochen hat sie mich vertreten. Ein bisschen regen sich deshalb Schuldgefühle in mir, deutlich mehr jedoch Erleichterung. Gut, dass nicht ich mich mit den Jecken herumschlagen musste.
Maren tippt auf das große Foto mit den verkleideten, lachenden und verzückten Karnevalisten. „Schau sie dir doch an! Die leben ihre Sehnsucht. Karneval ist ihre Leidenschaft, ihre Passion. Sie fiebern darauf hin, basteln monatelang an ihren Kostümen, Umzugswagen und Büttenreden herum und gehen ganz darin auf. Das ist doch etwas Schönes!“
Sie lacht und wehe, ich widerspreche ihr.
„Stimmt. Das hat natürlich was. Aber Passion definieren wir Christen ja wohl etwas anders, oder?“
Ich weiß, dass Maren auf meine Anspielung anspringt.
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