Lloyd hatte die Handbewegung eines älteren Hoch-Managers bemerkt, der sich nun zu Wort meldete. „Kann es bei der Fahrt der Spezialeinheit zu einem Unfall gekommen sein?“
„Das ist im Prinzip möglich. Doch an Bord des Zuges befanden sich gleich mehrere Funkgeräte. Es ist unwahrscheinlich, dass es bei einem Unfall keinerlei Überlebende gab, die zumindest ein Notsignal hätten aktivieren können.“
Der Ältere nickte. „In diesem Fall erscheint es mir unwahrscheinlich, dass Tiere in der Lage sein sollten, einen Panzerzug aufzuhalten und alle Insassen zu töten, bevor ein Notruf abgesetzt werden kann.“
Der Mann gab Lloyd zu verstehen, dass er fortfahren konnte. Dieser straffte seine Schultern. „Genau dies ist auch meine Befürchtung und damit kommen wir zur zweiten Möglichkeit: einer intelligenten Lebensform, die bislang unerkannt auf Kazumi gelebt hat und nun aktiv geworden ist.“
„Was uns zur Aufgabe von Kazumi zwingen würde“, sagte der alte Yagatana mit sanftem Lächeln. „Was für uns keine Option sein kann. Das Metall, welches wir dort abbauen, weist wertvollste Eigenschaften auf. Unsere Forscher sind der Auffassung, dass es, zumindest in begrenztem Umfang, eine ähnliche Wirkung wie die Hiromata-Kristalle besitzt. Jeder im Direktorat weiß, welche Bedeutung diesen seltenen Kristallen zukommt. Ohne sie ist bislang jegliche Nullzeit-Technik unmöglich. Das auf Kazumi abgebaute Metall verstärkt die Wirkung der Hiromata-Kristalle. Mit seiner Hilfe würde man weitaus geringere Mengen des Kristalls für den Bau von Antrieben, Scannern oder Kommunikationsmittel mit Hiromata-Technologie benötigen. Die Gewinne für Nundagai wären astronomisch. Ich wiederhole also, dass eine Aufgabe der Wirbel-Welt keine Option ist.“
Damit hatte Sensei Hiro Yagatana festgelegt, dass der Konzern notfalls gegen eine eingeborene intelligente Lebensform vorgehen und damit gegen die Gesetze des Direktorats verstoßen würde.
Wilbur Lloyd nippte an seiner Schale Tee und lächelte sanft. „Womit wir zu meinem Vorschlag einer Lösung kommen. Wir sollten das Direktorat einschalten.“
Ringsum zeigte sich Erstaunen in den Gesichtern. Die Hand von Yagatana, die gerade die Schale zum Mund führte, verharrte. „Sensei Lloyd möge uns dies erläutern.“
„Wie wir alle wissen, besteht die Aufgabe der Sky-Navy des Direktorats nicht alleine darin, das Hoheitsgebiet der Menschheit zu verteidigen. Mit Entdeckung des Hiromata-Nullzeitantriebs wurde es möglich, in Not befindlichen Welten oder Raumschiffen in kürzester Zeit Beistand zu leisten. Die Navy hat seitdem als zweite Aufgabe die interstellare Rettung und Katastrophenhilfe. Da wir gute Verbindungen zum Hohen Rat und damit der Navy unterhalten, sollte es uns möglich sein, eine Rettungsmission der Navy für Kazumi-12 zu initiieren.“
„Wahrscheinlich“, stimmte einer der anderen zu. „Womit wir ein wirkliches Problem bekommen würden, denn besteht die Gefahr auf der Wirbel-Welt tatsächlich aus einer intelligenten Lebensform, dann würden die Streitkräfte des Direktorats augenblicklich dafür sorgen, dass wir diese Welt verlieren.“
Zustimmendes Gemurmel war zu hören und selbst der alte Yagatana nickte.
Lloyd hob beschwichtigend die Hand. „So gut die Ausrüstung und die Angehörigen der Black COBRA auch sind, die der Sky-Cavalry des Direktorats ist unbestritten besser. Die Raumkavallerie verfügt über die neueste militärische Hardware, um mit jeder Bedrohung fertig zu werden. Ehrenwerter Sensei Yagatana, ehrenwerte Anwesende … Es ist keineswegs sicher, dass die Troopers der Sky-Cav tatsächlich feststellen, dass die Bedrohung auf eine intelligente Lebensform zurückzuführen ist. Handelt es sich um eine tierische Lebensform, wie auch immer sie geartet sein mag, so werden die Sky-Troopers mit ihr aufräumen. Stellen sie hingegen fest, dass wir es mit einer Intelligenz zu tun haben, dann können wir versuchen, das Rettungskommando der Troopers zu täuschen oder es neutralisieren.“
Selbst Yagatana riss nun die Augen auf. „Der ehrenwerte Sensei Lloyd will eine Abteilung der Sky-Troopers …“
„… notfalls neutralisieren lassen. Ja“, stimmte Lloyd zu. „Sicherlich werden wir, gegen eine angemessene Summe, ein weiteres Team der Black COBRAs anheuern können, welches wir ebenfalls als Rettungsteam deklarieren, und das den Troopern auf die Finger sieht und gegebenenfalls einen, äh, Unfall arrangiert.“
„Selbst wenn das gelingt, so wäre es lediglich ein Zeitaufschub“, wandte ein Manager ein. „Die Navy und die Cav würden niemals akzeptieren, dass eine Truppe einfach verschwindet.“
„Ich sprach nicht von verschwinden, sondern von einem Unfall“, stellte Lloyd richtig. „Einem tragischen Ereignis, mit dem wir, wenn wir geschickt vorgehen, auch das vorherige Verschwinden unserer eigenen Leute erklären können. Ein Unfall, der alles erklärt, der Navy und Cav zum Abzug bewegt und der uns letztlich wieder in Ruhe arbeiten lässt.“
„Da müssten wir in der Tat äußerst geschickt vorgehen, um die Streitkräfte und das Direktorat zu täuschen“, sagte Yagatana mit leiser Stimme.
„Ich habe diesbezüglich einen groben Plan, der natürlich noch entsprechend verfeinert werden muss.“ Lloyd begann mit weiteren Ausführungen. Auch wenn er nicht alle Zweifel ausräumen konnte, so sahen die Anwesenden doch weit mehr Vorteile als Gefahren für Nundagai.
Schließlich ließ der alte Yagatana abstimmen und das Ergebnis fiel, bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme, zu Lloyds Gunsten aus.
Hiro Yagatana wandte sich an Lloyd: „Der ehrenwerte Sensei Lloyd wird seine Gedanken persönlich vervollkommnen und sich um deren Umsetzung kümmern.“
Der Angesprochene nickte. Es war selbstverständlich, dass der alte Yagatana dabei nicht persönlich in Erscheinung treten konnte. Ein Restrisiko ließ sich nicht ganz ausschließen und im Zweifel durfte kein Schatten der Unredlichkeit auf Hiro Yagatana fallen.
Mining Facility 12
Abbaumine 12 war eine zweckmäßige und in modularer Technik errichtete Anlage. Einige Dutzend Standardcontainer waren, je nach Verwendung, nebeneinander gebaut oder übereinander gesetzt worden. Vereinfacht entsprach die Anlage einem fünfzackigen Stern, dessen Strahlen unterschiedlich lang waren. Im Zentrum erhob sich das Zentralgebäude. Die drei Ebenen bestanden aus je sechs fest und luftdicht miteinander verbundenen Containern. Unten befanden sich die Hauptenergieversorgung, Lager und die Garage für die Sandkatzen, die auf Helldoor das Standardfahrzeug waren, sowie einige Baufahrzeuge. In der mittleren Etage waren Unterkünfte, Aufenthaltsräume und das kleine Hospital untergebracht, oben die Verwaltung, die Zentrale und die Räume des Managers. In der zweiten und dritten Ebene gab es eine ganze Reihe von Fenstern, deren Scheiben aus Panzerglas bestanden.
Die anderen fünf Gebäude waren unterschiedlich groß und dienten verschiedenen Zwecken. Drei von ihnen dem Abbau. In ihnen befanden sich alle Maschinen und Geräte, die erforderlich waren, um unter die Oberfläche zu gelangen und von dort aus Stollen voranzutreiben. Die beiden anderen Bauten waren der Aufbereitung und Verarbeitung dessen gewidmet, weswegen die Abbauanlage überhaupt errichtet worden war. In ihnen befanden sich Stampfwerke, Rüttelsiebe, Schmelzöfen und dergleichen, so dass aus dem geförderten Erz jene gegossenen Metallbarren wurden, die Nundagai höchste Gewinne versprachen.
Zwischen den Gebäuden, jeweils in Höhe der zweiten Ebene, zogen sich die Verbindungsgänge wie die Arme eines Kraken entlang. Aufgrund einer Schutzschicht aus Keraplast strahlten die Bauten cremefarben. Die Identifikationsnummern hoben sich in grellem Rot davon ab. Lediglich die Seiten und das flache Dach des Hauptgebäudes zeigten das Logo der Nundagai Corporation.
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