„Ich habe noch zehn Leute meines Sicherheitsteams“, stellte der Chief fest. „Jeder mit einer scharfen Pistole bewaffnet. Dazu kommen sechs Straßenkampfgewehre in unserem Waffenlager und zwei Ersatzpistolen.“
„Sie haben Straßenkampfgewehre im Lager? Das ist mir neu.“
Carmody zuckte mit den Schultern. „Gehört zur Standardausrüstung, Manager. Seit dem Streik auf Hauke hat die Corporation alle Sicherheitsstationen damit ausgerüstet. Das kommt uns jetzt zugute.“
Vosbergh nickte zögernd, obwohl ihm der Grund für die Waffen nicht gefiel. Vor einigen Jahren war es zum Streik auf Hauke gekommen. Nundagai hatte ihn für ungesetzlich erklärt und gedroht, ihn gewaltsam zu beenden. Das hatte den Unmut der Belegschaft zu Zorn und nacktem Hass anwachsen lassen. Es war zu einem regelrechten Aufstand gekommen, mit einigen Toten und Verletzten, bis eine Schutztruppe des Konzerns eingeflogen war und alles gewaltsam beendet hatte. Die kurzläufigen Straßenkampfgewehre mit ihrer hohen Feuerrate und tödlichen Projektilen hatten dabei eine wesentliche und, wenigstens nach Vosberghs Empfinden, unrühmliche Rolle gespielt. Die Corporation hatte große Mühe gehabt, alles unter dem Deckel zu halten.
„Die Gewehre haben keine große Reichweite“, führte Carmody aus, „aber auf kurze Entfernung eine ganz schöne Durchschlagskraft.“
„Ja, davon bin ich überzeugt“, murmelte Vosbergh, dem bei der Vorstellung, wie solche Gewehre in die Arbeiterschaft feuerten, übel wurde. „Was haben wir sonst noch an Waffen?“
„Laserschneider, ein paar Schneidbrenner und eine Menge Zeugs, welches sich zum Schlagen eignet. Hacken, Hämmer und dergleichen. Allerdings Sachen, die man nur im Nahkampf einsetzen kann.“ Der Sicherheitschef starrte nachdenklich hinaus. „Offen gesagt, diese Dinge geben den Leuten vielleicht ein klein wenig Zuversicht, aber ich glaube nicht, dass sie etwas bewirken.“ Er wandte sich wieder Vosbergh zu. „Sehen Sie, wir haben hier gute Leute. Prima Buddler. Doch es sind keine Kämpfer. Sicher, ein paar mögen sich tatsächlich zur Wehr setzen, aber die meisten werden laufen, wenn die Kreaturen hier eindringen, und sich ein Versteck suchen.“ Er machte eine ausholende Bewegung mit der Hand. „Doch hier drin gibt es kein Versteck, wenn diese Angreifer erst einmal ins Gebäude gelangt sind.“
„Also bleiben nur Sie und Ihre Handvoll Securitys, um wirklich etwas auszurichten.“
„Ein paar Buddler werden uns sicherlich unterstützen, doch letztlich läuft es darauf hinaus.“
Vosbergh ging zur Konsole der Seismologin zurück. „Können Sie anhand der Schwingungen berechnen, wann diese Dinger unser Gebäude erreichen?“
„Schwer zu sagen. Wir haben die Sensoren ja routinemäßig ausgebracht, nur um sicherzugehen, dass es hier wirklich keine tektonischen Aktivitäten gibt. Es ist also kein dichtes Netz.“
„Das verstehe ich. Eine grobe Schätzung?“
„Ungern“, seufzte sie. „Ich würde vermuten, dass es höchstens zwölf oder fünfzehn Stunden dauert, bis sie direkt unter unseren Füßen sind.“
„Großartig“, ließ sich Carmody vernehmen. „Bis dahin ist die Hilfe von der Basis im Auge sicher noch nicht eingetroffen.“
Vosbergh leckte sich über die Lippen. „Uns wird schon etwas einfallen, Carmody. Noch sind die Kreaturen nicht bei uns.“
Nundagai Mainbase Helldoor
Hoch-Manager Hiro Adanaki kannte die modernen APS-Kreuzer der Navy aus einigen Dokumentationen, doch nun sah er ein solches Schiff zum ersten Mal in der Realität. Es hatte die ungefähre Form eines flachen und nach vorne leicht spitz zulaufenden Achtecks von zweihundertdreißig Metern Länge, sechzig Metern Breite und einer Rumpfhöhe von dreißig Metern. Aus dem hellgrauen Rumpf ragten oben und unten die mächtigen Kuppeln der tödlichen Railguns auf. Mittelblaue Streifen, die quer über die Flanken des Schiffes liefen, wiesen es als Einheit der Navy aus. Ein dünnerer gelber Farbstreifen, der parallel zu dem blauen verlief, zeigte an, dass sich eine Truppe der Sky-Cavalry an Bord befand.
Der Kreuzer war ein beachtliches Symbol der Macht des Direktorats und Adanaki bewunderte die Kraft des Schiffes und die Fähigkeit seines Piloten, dem es gelang, diesen Koloss sicher durch das Auge nach unten zu bringen und das angewiesene Landefeld anzufliegen. Als sie überraschend sanft auf ihren drei Landebeinen aufsetzte, überragte die D.S. Orion alle Gebäude der Anlage, mit Ausnahme des Turms, in dem sich Adanaki aufhielt.
Die Rampe in der unteren Kuppel fuhr aus. Wenig später verließ eine Gruppe das Schiff, wurde von Chief Dellmann empfangen und zum Hauptgebäude geleitet. Dellmann war an dem auf der Wirbel-Welt üblichen leichten Druckanzug der Corporation zu erkennen. Einer der Ankömmlinge trug einen druckfesten Bordoverall der Navy, doch die anderen die Kampfanzüge der Raumkavallerie. Dieser Anblick bereitete Adanaki Unbehagen und er fragte sich, ob Chief Brandon und seine COBRAs im Bedarfsfall tatsächlich mit den Troopern fertig werden konnten.
Brandon wartete ebenfalls im Konferenzraum der Zentrale. Wie alle seine Leute hatte er inzwischen den orangen Overall eines Rettungsteams angelegt. Von seinem vorherigen Schmuck war nichts mehr zu sehen. An seinem Handgelenk, oberhalb der Manschette, an der die druckfesten Handschuhe arretiert werden konnten, war ein moderner MiniComp sichtbar.
„Sie kommen“, berichtete Adanaki mit leiser Stimme. „Ich hoffe, Sie wissen Ihre Rolle gut zu spielen.“
„Keine Sorge. Bis es erforderlich wird, sind wir ein professionelles Rettungsteam.“
Wenig später traten die Neuankömmlinge ein. Sie hatten die Helme in die Armbeugen gelegt, so dass Adanaki die Gesichter erkennen konnte. Die einzelne Person im leichten Druckanzug trug darunter die Uniform der Navy. Sie stellte sich kurz als Captain Jellenkova vor und übergab dann an eine junge Frau mit ungewöhnlichem Teint. Adanaki erinnerte sich an die Informationen, die er vom Mars erhalten hatte, und wusste sofort, dass dies der indianisch-stämmige weibliche Major sein musste, der das Einsatzkommando der Sky-Cavalry befehligte.
„Major Joana Redfeather“, stellte sie sich wie erwartet vor. „Ich befehlige das Bordkommando der Orion . Das neben mir sind Captain Kelly, Kommandeur des C-Troops, Sergeant-Major Basari und Tech-Lieutenant Hartmann, unsere technische Spezialistin.“
Captain Jerome Kelly war blond, blauäugig und mittelgroß. Er schien ideal, um Rekruten für die Sky-Cavalry zu werben und war ein erfahrener Offizier, der Joana schon auf etlichen Missionen begleitet hatte. Sein C-Troop gehörte zu insgesamt drei Kompanien, die das Bataillon des Majors bildeten.
Sergeant-Major Mario Basari war ein Hüne mit grauen Haaren und italienischen Wurzeln. Er diente bereits als Sergeant unter dem damaligen Lieutenant John Redfeather, brachte dem jungen Offizier „das Laufen“ bei und hatte daher ein besonderes Verhältnis zum Hoch-Admiral. Eigentlich gehörte Basari in den Stab des fünften Regiments der Raumkavallerie, doch auf seinen besonderen Wunsch hin gehörte er nun zum Bataillons-Stab von Joanas Truppe. Diese griff immer wieder gerne auf die Erfahrung des Unteroffiziers zurück, der bei den Troopern, trotz seines gelegentlich rauen Tons, äußerst beliebt war.
Jennifer Hartmann hatte ursprünglich zum technischen Stab der Arcturus-Raumbasis gehört und an der Entwicklung des Prototyps eines Nullzeit-Scanners mitgearbeitet. Beim Erprobungsflug musste sie, gemeinsam mit Joana und einer Gruppe ihrer Trooper, auf der Sandwelt der Negaruyen notlanden und stieß dort auf die geheime Basis der Piraten. Sie war technisch äußerst versiert, doch eine miserable Schützin. Ein unglücklicher Zwischenfall hatte dazu geführt, dass sie versehentlich einen Trooper getötet hatte. Etliche der Männer und Frauen des C-Troop akzeptierten sie nur, weil Joana offensichtlichen Wert auf ihre Fähigkeiten legte. Die junge Frau trug als einziger Angehöriger des C-Troops lange rote Haare, was Adanaki als ungewöhnlich empfand, da sie im Einsatz ebenfalls einen Kampfanzug tragen musste. Mit ihrer Haarpracht hatte sie sicherlich Probleme, eine Sensorverbindung mit dem Helm herzustellen.
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