Wolfgang Bendick
Jungens sind Jungens
Bube sind Bube
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Inhaltsverzeichnis
Titel Wolfgang Bendick Jungens sind Jungens Bube sind Bube Dieses ebook wurde erstellt bei
Jungens sind Jungens Jungens sind Jungens * Wolfgang Bendick Erste Erscheinung, April 2017 Umschlagfotos : Pamir 2, zwei Brüder Bilder: © Wolfgang Bendick © Copyright 2017 Wolfgang Bendick All rights reserved for all countries Legal deposit: March 2017
Widmung Widmung Sunt pueri pueri, pueri puerilia tranctant ( Bube bleibet Bube ) * Für meinen Bruder * Wir hatten zwar die gleichen Eltern wurden aber zu zwei verschiedenen Wesen
Der Irrtum des Klapperstorchs
Das fehlende Pippilein
Vergiftete Bonbons
Der Hausdrachen
Aa-Hund
Die Tö
Bütterken
Der Geruch des Herbstes
Die Zuckertüten
Wochenend und Sonnenschein…
Kreislaufstörung
I-Männeken
Die Lüge
Die Sau rauslassen
Die Kokosnuss
Mümmelmänner
Hammer und Amboss
Federhalter
Der Junge mit der dicken Lippe
Die Tommys
Sünde
Corpus Christi
Mein Paradies
Pamir 2
Der Verrat
Die Dreschmaschine
Altbewährte Erziehungsmethoden
Nachwuchs
Der Tod
Schiffen steckt an
Der Heilige Geist
Die neueste Mode
Du sollst es einmal besser haben!
Das Panzerschiff
Verbotenes und Strafen
Hawaii
Mit dem Fahrrad
Moritz
Kinderspiele
Karottenstecken
Der Ernst des Lebens
Neue Freunde
Das gelobte Land
Saupreiß, damischer!
Der Bastel
Heimatlos
Weiche Knie und heiße Bremsen
Resirap
Viel Zeit - wenig Geld
§ 175
Eine Explosion von Millionen von Sternen
Endlich Arbeiten
Gefährliches Spiel
Klassenparty
Hitze, Staub und Lärm
Die Jungfern
Mein Kampf
Endlich frei !
Impressum neobooks
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Wolfgang Bendick
Erste Erscheinung, April 2017
Umschlagfotos : Pamir 2, zwei Brüder
Bilder: © Wolfgang Bendick
© Copyright 2017 Wolfgang Bendick
All rights reserved for all countries
Legal deposit: March 2017
Sunt pueri pueri, pueri puerilia tranctant
( Bube bleibet Bube )
*
Für meinen Bruder
*
Wir hatten zwar die gleichen Eltern
wurden aber zu zwei verschiedenen Wesen
Der Irrtum des Klapperstorchs
Ich erblickte an einem 2. Januar 1948 um neun Uhr morgens das Licht der Welt. Auf einem Strohsack. Nicht in einer Krippe, dazu waren wir zu arm. Die erste Erinnerung an mein Erdendasein waren die Worte: „Willst‘ n Titi?“ Das muss mein Vater gewesen sein, und die Antwort meiner Mutter: „Vati, der ist doch jetzt zu groß dazu. Erinnere ihn doch nicht daran!“ Eine weitere Erinnerung ist die, aus dem Dunkel zum Licht zu steigen. Aber das kann genauso gut auch später gewesen sein. Denn wir wohnten an einem See und wie oft fiel ich vom Steg ins Wasser! Und genausooft zog mich jemand wieder hinaus. War das schön, den glänzenden Spiegel über mir zu durchbrechen und wieder die Lungen mit Luft zu füllen! Doch irgendwie war es da unten auch schön. Das Wasser übte immer eine große Anziehung auf mich aus, wie eine Kerze auf die Motten. Doch ebenso hatte alles andere Verbotene eine große Faszination für mich. Nach so einem kalten Bad zog man mir die festklebenden Kleider vom Leib, riss mir dabei halb den Kopf und die Ohren ab. Dann rieb man mich heftig mit einem rauen Handtuch, vielleicht, dass ich mir merken sollte, was mir das nächste Mal bevorsteht. „Wenn du das nochmal machst, kriegst du ‘ne ‚Abreibung‘!“ Das war nur eine Umschreibung für eine ‚Tracht Prügel‘, oder ‚Wucht‘, man ‚versohlte‘ mich, ‚gab mir den Hintern voll‘. Es gab viele Worte für diese seit Menschengedenken angewandte Erziehungsmethode, deren Erfolg zu widerlegen ich mir schon früh als Aufgabe gestellt hatte.
Eigentlich hätte ich ein Mädchen sein sollen. So hörte ich meine Mutter oft zu anderen sagen. „Wie gerne hätte ich als zweites Kind ein Mädchen gehabt! Das hätte ein schönes Pärchen gegeben. Na ja, ein Junge ist auch nicht so schlecht. Da kann er wenigstens die Kleider vom Großen auftragen!“ Manchmal zog sie mich aber trotzdem wie ein Mädchen an und drehte mich im Kreis. Bisweilen machte mir das ein schlechtes Gewissen, dass ich die Mutter so enttäuscht hatte. Ich wusste aber nicht, wie ich das hätte anstellen sollen, ein Mädchen zu werden. Was war überhaupt der Unterschied zwischen einem Jungen und einem Mädchen? Dass die einen in Lederhosen stecken, die anderen in Kleidern? Dass wir eine hässliche ‚Topffrisur‘ haben, die Mädchen schöne Zöpfe, an denen man aber nicht ziehen durfte? Wie hätte ich auch mehr wissen sollen, hatte ich doch nur einen Bruder als Vergleich! Und auch in der Nachbarschaft gab’s nur Jungens.
Eigentlich hätte ich schon am Vortag zur Welt kommen sollen. Denn für ‚Glückskinder‘ gab es eine Prämie. Die hätten wir bitter notwendig gehabt! Aber es lag damals schon in meiner Art, die Wünsche meiner Eltern zu durchkreuzen. Man nannte mich Wolfgang. Ein Name der mir nie gefiel; aber er deutete an, welche Erwartungen man an mich stellte: mindesten so zu werden wie Goethe oder Mozart, am besten noch besser als beide zusammen!
Seit dem ‚Titi-Entzug‘ war meine Hauptbeschäftigung, an meinem Daumen zu saugen. Das ersparte meinen armen Eltern wenigstens den Kauf von Schnullern. „Daumenlutscher“ nannte mich mein Bruder verächtlich. Wenn der wüsste, wie gut der schmeckte! Manchmal war er so wund gesaugt, vor allem als ich die Zähne bekam, dass ich eine Weile meinen Ersatzdaumen, den linken, saugen musste. Doch dieser schmeckte eigenartigerweise ganz anders. Was hatten die Eltern alles versucht, um mich davon abzubringen und zu einem normalen Kind zu machen! Die Mutter las mir aus dem ‚Struwwelpeter‘ vor, bis ich das ganze Buch auswendig kannte. „…weh, jetzt geht es klipp und klapp, mit der Scher‘ die Daumen ab!“ Doch ich lachte nur darüber. Obwohl ich anfangs schon ziemliche Angst hatte. Ich war überhaupt ein Angsthase. Nur gelang es mir, das gut zu verbergen. Lutschte ich später aus Trotz? Auf jeden Fall gab es mir ein Gefühl der Geborgenheit und ich brauchte keinen Schnuller. Jemand riet meiner Mutter, es mit Senf zu versuchen. Meine gespitzten Ohren hatten das natürlich mitgekriegt. „Euch werd‘ ich’s zeigen!“ sagte ich mir. Als meine Mutter dann mit dem Senfglas erschien, und meinen Daumen da reintauchte, steckte ich ihn gleich in den Mund, und obwohl es ziemlich brannte, leckte ihn ab und verlangte nach mehr. Am Abend dann erzählte sie alles dem Vater: „Stell dir vor, das hilft auch nicht! Er hat das halbe Glas leergegessen. Ich habe Angst, dass er sich den Magen verdirbt. Ich glaube, ich muss das Glas verstecken!“
Ich wollte alles wissen. Zerlegte mein Spielzeug um zu sehen, was da drinnen ist. Das Wort ‚warum?‘ war mein meistgebrauchtes Wort. Sehr zum Schrecken meiner Eltern! „Warum soll ich schon ins Bett? Warum ist es schon Zeit? Warum müssen Kinder schlafen?“ Manchmal sagte ich das Wort warum und wusste noch gar nicht, was ich eigentlich fragen wollte. Meine Eltern waren ziemlich am Ende, wussten keine Antworten mehr, oder gaben alberne. Ich nahm diese wie ernste, und stellte ebenfalls alberne, heute würde man sagen, absurde Fragen. „Warum ist die Banane krumm?“ antwortete mir mein Vater einmal. Darauf versuchten wir dann zusammen eine Antwort zu finden. Es wurde ein lustiger Abend! „Warte nur, bis du in die Schule kommst! Da kannst du alles erlernen!“ Doch als es dann, später, soweit war, waren es die Lehrer, die uns die Fragen stellten…
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