Wolfgang Bendick
Mondschattenland
Die Suche nach Shangri La
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Titel Wolfgang Bendick Mondschattenland Die Suche nach Shangri La Dieses ebook wurde erstellt bei
Mondschattenland Mondschattenland Die Suche nach Shangri La Wolfgang Bendick Erste Erscheinung Winter 2017 Bilder: © Wolfgang Bendick © Copyright 2017 Wolfgang Bendick All rights reserved for all countries Legal deposit: November 2017 Titelbild: Léa Fernandez Webseite: wolfgangbendick.com Ein heißes Sehnen treibt mich hin, ins Land des Friedens möchte ich ziehn, ins Land der Freude und des Glücks, zum Ort des ewgen Augenblicks, wo Lieb den Hass hat überwunden, und alles Werden sein Ziel gefunden, zum Weilen in dem tiefsten Sinn, da treibt mich all mein Sehnen hin… für meine Schwesterseele, die mir half, die Einheit zu finden
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Die Suche nach Shangri La
Wolfgang Bendick
Erste Erscheinung Winter 2017
Bilder: © Wolfgang Bendick
© Copyright 2017 Wolfgang Bendick
All rights reserved for all countries
Legal deposit: November 2017
Titelbild: Léa Fernandez
Webseite: wolfgangbendick.com
Ein heißes Sehnen treibt mich hin,
ins Land des Friedens möchte ich ziehn,
ins Land der Freude und des Glücks,
zum Ort des ewgen Augenblicks,
wo Lieb den Hass hat überwunden,
und alles Werden sein Ziel gefunden,
zum Weilen in dem tiefsten Sinn,
da treibt mich all mein Sehnen hin…
für meine Schwesterseele,
die mir half, die Einheit zu finden
Wir waren wieder im Bregenzer Wald. Wir wanderten auf dem gleichen Weg, auf dem ich zwei Jahre zuvor über die ‚grüne Grenze‘ zurück nach Deutschland gekommen war. Wir kamen an der Scheidewang-Alm vorbei und ich erzählte meiner Freundin, wie ich da später mit meinem Freund Ludwig mitten im Schneesturm Unterschlupf gefunden hatte. Kühe grasten oberhalb an einem Hang, der sich vom vielen Begehen der Tiere in eine Stufenlandschaft verformt hatte. Alle bewegten sich langsam in dieselbe Richtung vorwärts, bisweilen mit dem Kopf nach hinten, zum Rücken ausschlagend, wohl um lästige Bremsen wegzujagen. Dabei schepperte die am Halse hängende Glocke laut auf. Ansonsten war das Geläute eher harmonisch, im Rhythmus ihrer grasenden Mäuler. Ein süßlicher Geruch von Dung und Sommernachmittag lag wie ein friedlicher Dunst im weiten Tal. Ein Junge, wohl gerade erst im ferienpflichtigen Alter, saß auf der hölzernen Treppe der Almhütte und sah einem Schmetterling zu, wie er durch die Luft holperte. Frodo, unser Hund, war uns etwas voraus. Leise klingelte die Schelle an seinem Halsband. Ihr silbernes Geräusch holte den Jungen in die Gegenwart zurück. Er erblickte den Hund, und schlug leicht mit den Händen auf seine in einer glänzenden Lederhose steckenden Oberschenkel. Frodo näherte sich neugierig und beschnupperte dessen Füße. „Isch der aber schee!“, sagte er leise, „wie heischt du denn?“ „Frodo! Frodo Beutlin!“ antworteten wir an Hundes statt. Er streichelte ihn. Frodo schien das zu gefallen. „Und wie heisst du?“, fragten wir ihn. „Elmar!“ antwortete er. „Ein schöner Name. Er bedeutet ‚Apfel‘ auf Türkisch! – Wohnst du hier?“, fragten wir. „Nur im Summer, wenn die Kia auf dr Alm sand. Sonscht wohn i in Lingenau!“
Wir liefen noch eine gute Weile weiter und machten an einer Alm halt, um eine ‚Radler‘ zu trinken. Um uns herum wechselten Weiden mit Waldgebieten ab, leichtes Schellengeläut erfüllte das Hochtal, ein paar Wanderer genossen gleich uns die Schönheit der Allgäuer Berge. Wir waren auf Abschiedsbesuch hier oben. Bald würden wir nach Osten aufbrechen, soweit es ging über Land, und dann mit dem Schiff nach Australien. Und vielleicht für immer. Der Gedanke daran machte uns etwas traurig. „Weißt du, ich glaub die lange Fahrt über Land, das ist nichts für einen so kleinen Hund!“, sinnierte Doris. „Das hab ich auch schon gedacht. Vielleicht können wir ihn irgendwo unterbringen, wo er es schön hat!“ „Dem kleinen Jungen hat er gefallen. Vielleicht mag er ihn haben!“ Der Gedanke an eine Trennung von unserem vierbeinigen Gefährten machte uns das Herz noch schwerer. Waren wir doch bald zwei Jahre zusammen und hatten so manches erlebt. „Lassen wir es darauf ankommen!“ einigten wir uns.
Auf unserem Zurückweg trieben die Bauern gerade ihre Kühe zum Melken ein. Der Junge war dabei und half mit einem Stock geschickt mit, dass auch alle zusammenblieben, denn immer wieder fand eine irgendwo einen Leckerbissen und brach aus der Herde aus. Als er uns sah, kam er auf uns zu-gerannt. Auch Frodo lief ihm entgegen, als ahnte er, dass dieser sein neues Herrchen würde. „Gefällt er dir?“ fragte Doris. „An selln möcht i au mal hobn!“ antwortete er uns. „Wir wollen auf eine lange Reise gehen, und der Hund ist dafür etwas zu klein. Wenn du willst und deine Eltern nichts dagegen haben, schenken wir ihn dir!“ Er schaute uns freudig an, drehte sich um und rannte zu seiner Mutter. Und Frodo gleich hinterher. Dann kam er mit dieser zu uns. Wir begrüßten uns und erklärten ihr die Situation. „Er hat seinen Impfpass, ist stubenrein und frisst auch keine Pantoffeln mehr. Er kommt gerade von Rom zurück!“, erklärten wir. „Jo wenn du versprichst, dich auch gut um ihn zu kümmern, dann derfst ihn hoben!“ Der Junge umarmte seinen Hund und rannte mit ihm davon. So fiel uns der Abschied leichter. Als wir dann die Alm hinter uns liegen hatten, merkten wir, dass uns beiden die Tränen liefen. Wir setzten uns unter eine Tanne legten einer den Arm um den anderen, lehnten die Köpfe zusammen und weinten erst mal wie Schlosshunde. Nie hätten wir gedacht, dass Abschied nehmen so schwer sein kann!
Wir besuchten all unsere Bekannten, die an unserer Route lagen, und landeten in Görisried, wo wir schon vor drei Monaten mit dem Esel Halt gemacht hatten. Erna, das kleine Mädchen unserer Freunde, konnte schon laufen und gab uns viel Anlässe zum Lachen. Sie fing gerade an, die Sprache zu entdecken und erfand Wörter, die manchmal nur ihre Eltern verstanden. Das gab uns einen Einblick in das, was man Familienglück nennt. Vielleicht war es dies, was Doris dazu bewegte, nicht mehr reisen zu wollen. Eine Bedenkzeit einzulegen, um sich neu orientieren zu können, um herauszufinden, was sie wirklich wollte. Denn sie litt darunter, keinen Beruf zu haben und sie fühlte sich zu abhängig von mir. Also kamen wir überein, uns eine Weile zu trennen. Sie hatte vor, bei den Freunden zu wohnen. Mich selber zog es so sehr nach Osten, dass ich mich bald auf den Weg machen wollte. Das Mofa ließ ich bei unseren Freunden. Ich wollte per Anhalter reisen, zu sehr lastete noch die Erinnerung meiner Solo-Reise mit dem Seitenwagen-Gespann in meinem Gedächtnis. Unser Abschied voneinander war noch schmerzlicher als die Trennung von Frodo. Würden wir uns je wiedersehen? Wir versprachen unter Tränen, in Kontakt zu bleiben. Ich stopfte also nur das strikte Minimum in meinen Rucksack, frei nach dem heiligen Franziskus, kein Hemd zum Wechseln zu besitzen, und lief zur nächsten größeren Straße.
Für mich war klar, dass dieses eine Pilgerreise werden sollte zu den heiligen Stätten des Ostens, nachdem wir gerade die des Abendlandes besucht hatten. Auch beschloss ich, auf dieser Reise sowohl auf Alkohol als auch auf Haschisch zu verzichten, um mit klarem Kopf all die Länder zu erleben. Seitdem ich damals Indien verlassen hatte, war mir klar gewesen, dass ich wiederkommen würde. Am liebsten hätte ich die Reise mit meiner Schwesterseele gemacht. Jetzt, wieder alleine, dachte ich, dass auch ich mich neu orientieren musste, und nichts war dazu besser als ein totaler Ortswechsel. Und als erstes Ziel meiner Pilgerfahrt nahm ich mir Jerusalem vor.
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