1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 Als Paul durch die bittere Kälte nach Hause fuhr, bemerkte er auf der Straße plötzlich ein leichtes Vibrieren, er dachte sich aber weiter nichts dabei und fuhr einfach die Straße entlang.
Zu Hause traf er alle am Esstisch an, wie sie sich unterhielten und er setzte sich gleich zu ihnen.
Shirin fragte ihn, ob er eine Tasse Tee trinken wollte und er nahm dankbar an.
Als er gerade seine Teetasse zum Mund führte, gab es erneut ein leichtes Vibrieren, dass das ganze Haus erfasste, alle hielten kurz inne und Brando sagte:
„Da müssen wir uns keine Sorgen machen, das sind Bergsetzungen, die mit dem Gesteinsabbau unter Tage zusammenhängen, die hatten wir schon öfter hier, in letzter Zeit treten sie allerdings häufiger auf.“
Paul ging mit einem unguten Gefühl ins Bett, schlief aber gleich ein und auch seine beiden Freunde schliefen tief und fest.
Am nächsten Morgen saßen sie beim Frühstück, die Jungen waren in der Schule, Shirin und Brand jeweils auf ihrer Arbeit, als Paul sagte:
„Wir müssen langsam daran denken, wieder zu den Tolanern zurückzukehren und ich dachte, dass wir morgen früh zusammen mit Shirin im Bus sitzen werden, was haltet Ihr davon?“
„Ich denke, dass unser Aufenthalt hier gereicht hat, um uns eine Eindruck von der Lebenssituation der Nigren zu vermitteln und wir können getrost wieder zurück!“, sagte Bernd.
„Der Meinung bin ich auch“, entgegnete Tommy, „und Gudon ist ja so groß auch nicht, dass es hier für uns noch etwas zu entdecken gäbe!“
„Lasst uns heute noch einmal durch den Ort schlendern, ins Cafe und in den Stadtpark gehen“, schlug Paul vor und sie räumten den Frühstückstisch ab und verließen das Haus.
Als sie auf dem Bürgersteig standen, begann mit einem Mal die Erde zu beben, die Straße bäumte sich kurz auf und der Bürgersteig drehte sich wie eine Schnur, die man in ihrer Länge verdreht.
Paul, Tommy und Bernd fielen hin und hatten Mühe, einen Halt zu finden.
Die Straße sackte in sich zusammen und fiel in einen gewaltigen Erdschlund, der Bürgersteig, an den sich die 3 zu klammern versuchten, drohte, mit in das Erdloch zu fallen und sie hingen an der Abrisskante wie an einer Reckstange und wenn sie nicht die Kraft gehabt hätten, sich in dieser Position zu halten, wären sie 8 Meter in den Erdschlund gestürzt und auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
So aber schafften sie es, sich auf den inzwischen zur Ruhe gekommenen Bürgersteig hochzuziehen und sich hinzusetzen.
Sie rückten von der Abrisskante etwas weg, um nicht in den Schlund schauen zu müssen.
„Was war das denn?“, fragte Tommy, der ganz langsam zu realisieren begann, was um sie herum geschehen war.
Paul antwortete:
„Wir haben es hier wohl mit einem immensen Erdbeben zu tun und ich schätze, dass niemand von uns schon einmal Zeuge eines solchen Bebens geworden ist.“
Sie drehten sich um und versuchten, sich unter all den Trümmern, die dort lagen, einen Überblick zu verschaffen und sie stellten als Erstes fest, dass Shrins und Brandos Haus nur mehr eine Trümmerruine war.
Wohin sie auch sahen, erblickten sie nichts als Trümmer, die Straße war auf ihrer gesamten Länge bis zum Platz hin weggesackt, der Bürgersteig hatte sich in eine Spirale verwandelt.
„Was sollen wir denn jetzt machen?“, fragte Paul seine Freunde und Bernd erwiderte:
„Wir müssen versuchen, verschütteten Nigren zu helfen und sie aus den Trümmern befreien!“ und in diesem Augenblick hörten sie unter den Trümmern auf dem Nachbargrundstück gedämpfte Schreie.
Sie robbten dorthin und versuchten, die Stelle genau zu lokalisieren.
Schließlich gaben sie mit einem Stein Klopfzeichen und warteten auf Antwort, unmittelbar darauf später vernahmen sie ein Klopfen, das von einer Stelle unter den Trümmern herrührte, die direkt vor ihnen lag und sie begannen, dem Trümmerberg zu Leibe zu rücken.
Das Entfernen der großen Brocken fiel ihnen leicht, weil sie ja nur einen Bruchteil dessen wogen, was ihr Gewicht auf der Erde ausgemacht hätte und sie hatten sehr schnell einen großen Haufen Trümmer beiseite geräumt.
Nach einer halben Stunde konnten sie die Beine der Nachbarin erkennen, die eingeklemmt unter den großen Trümmerbruchstücken ihres ehemaligen Hauses dalag und um Hilfe schrie.
„Wir sind sofort bei Dir, hab noch einen Moment Geduld!“, rief Paul, wuchtete mit seinen Freuden die letzten großen Trümmerstücke zur Seite und befreite so die Nachbarin aus ihrer misslichen Lage.
Sie halfen ihr, aufzustehen und vergewisserten sich, dass sie keine größeren Verletzungen davongetragen hatte.
Als sie so dastand, schüttelte sie sich einmal kräftig und machte ein paar Schritte.
„Meine Güte“, sagte sie, „der gesamte Ort ist ja zerstört, was ist denn bloß geschehen?“, fragte sie voller Bestürzung und Paul sagte ihr:
„Ein Erdbeben ist für die Zerstörungen verantwortlich, hat es denn hier schon mal ein Erdbeben gegeben?“
„Es hat in der Vergangenheit schon mal leichte Erschütterungen gegeben, die jeder auf den Goldbergbau geschoben hatte und dessentwegen sich niemand ernste Gedanken gemacht hat, aber ein solches schreckliches Erdbeben habe ich noch nie erlebt!“, antwortete die Nachbarin.
In diesem Augenblick sahen sie einige Rettungskräfte, die mehr oder weniger hilflos zwischen den Trümmern herumstaksten, denn sie konnte ja nicht über die Straße fahren, um so zu den schlimmsten Beschädigungen zu gelangen.
Die Nachbarin stand in ihrer zerlumpten und zerrissenen Kleidung neben ihnen und fragte:
„Müssen wir nicht wenigstens versuchen, zu helfen, wir können doch nicht tatenlos hier herumstehen und die Rettungsarbeiten den Einsatzkräften überlassen?“
Paul überlegte, dass sie irgendwie zum Platz, oder was von ihm noch übrig war, kommen müssten, denn dort lagen die Schule und die Verteilstelle und in beiden Gebäuden verkehrten immer viele Nigren, die unter Umständen verschüttet waren und Hilfe brauchten.
Er sagte seinen Freunden und der Nachbarin, woran er gerade gedacht hatte und sie gaben ihm Recht, sie mussten nur einen Weg finden, auf dem sie zum Platz gelangen konnten, denn auf dem Bürgersteig war an ein Vorwärtskommen nicht zu denken.
„Wir müssen uns einen Weg durch die Haustrümmer suchen und über die Grundstücke laufen, sofern das möglich ist, einen anderen Weg gibt es nicht!“, sagte Bernd.
Und so begannen sie, sich vorwärts zu kämpfen und sie sahen auf ihrem Weg über die Grundstücke zum Teil erschütternde Bilder, sie sahen Tote, die von den Trümmern ihrer Häuser zerquetscht worden waren und denen man nicht mehr helfen konnte.
Sie befreiten aber auch noch viele aus den Trümmerbergen, unter denen diese ausgeharrt und auf Hilfe gewartet hatten.
Wenn die Geretteten konnten, gingen sie mit, um anderen zu helfen.
Wenn nicht, wenn ihre Verletzungen zu gravierend waren, warteten sie bei ihren ehemaligen Häusern auf die notärztliche Versorgung.
Paul, seine Freunde und die Nachbarin von Shirin und Brando wurden dann von 4 weiteren Nigren begleitet, die sei aus den Trümmern geborgen hatten und die nicht allzu sehr verletzt waren.
So näherten sie sich mehr und mehr dem Platz und der erste Blick, den sie schon von Weitem auf den Platz werfen konnten, versprach nicht Gutes.
Wie man sah, war der schöne Baum in der Mitte des Platzes verschwunden, er war sprichwörtlich von der Erde verschluckt worden.
Die Erde hatte sich über den gesamten Platz geöffnet und ein gigantisches Loch freigelegt.
Der Platz war somit im eigentlichen Sinn gar nicht mehr vorhanden und in den Abgrund verschwunden.
Die Häuser an seinem Rand waren zwar stark beschädigt und in sich zusammengefallen, aber sie waren an ihrer Position geblieben und nicht auch noch in den Abgrund gestürzt.
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