Hans Müller-Jüngst
Paulo Redmann
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Inhaltsverzeichnis
Titel Hans Müller-Jüngst Paulo Redmann Dieses ebook wurde erstellt bei
Paulo wächst heran und gründet eine Familie
Sehr strenger Winter in Dinkelstein
Endlich Tauwetter!
Hochwasser in Dinkelstein
Frühsommer
Trockenheit, Hitze
Ende der Trockenzeit
Ben und Joshua werden erwachsen
Ben und Joshuas letztes Schuljahr
Impressum neobooks
Paulo wächst heran und gründet eine Familie
Hans Müller-Jüngst
PAULO REDMANN
Impressum
Texte: © Copyright by Hans Müller-Jüngst
Umschlag: © Copyright by Hans Müller-Jüngst…
Verlag: Hans Müller-Jüngst
Waisenhausstr. 4
47506 Neukirchen-Vluyn
HaMuJu@t-online.de
Druck: epubli, ein Service der
neopubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
Paulo Redmann wurde als Sohn der Marga Redmann und ihres Mannes Arthur Redmann 1950 in Dinkelstein, einer kleinen Stadt am Fuße der Löhrberge in Norddeutschland, geboren.
Sein Vater war eine stattliche Erscheinung, sowohl was seine Körpergröße als auch was seinen Körperumfang betraf.
Er legte immer Wert auf eine angemessene Erscheinung, das hieß, dass man ihn fast ausschließlich in Anzug und Krawatte sah, wenn er das Haus verließ, und man kannte ihn in der Nachbarschaft kaum in einem anderen Aussehen.
„Guten Tag Arthur, machst du wieder einen Spaziergang?“, fragte man ihn dann, und Arthur Redmann antwortete:
„Ich will mir nur die Beine vertreten und mache eine Runde um den Block!“
Seine Nachbarn trugen Arbeitskleidung oder Freizeitkleidung, niemand von ihnen würde alltags Anzug tragen.
Arthur Rebmann aber ließ sich in seine Entscheidung, Anzug zu tragen, nicht hineinreden, auch nicht von seiner Frau. Wahrscheinlich wollte er sich von der Kriegszeit absetzten, in der man aus Gründen der Unterversorgung einfachste Kleidung getragen hatte.
Er hatte bei seinen Spaziergängen immer einen Gehstock bei sich, der seine Körperhaltung noch aufrechter erscheinen ließ.
Nicht dass er einen Stock gebraucht hätte, nicht weil er ein körperliches Defizit zu verzeichnen gehabt hätte, nein, der Stock war Teil des Gesamtbildes, das er für jeden sichtbar abgab.
Er war von Berufs wegen Prokurist bei einer Firma, die Staubsauger herstellte und bei den Hausfrauen hohes Ansehen genoss. Die Vertreter, die unterwegs waren, um die Staubsauger zu verkaufen, hatten leichtes Spiel.
Arthur Redmann war seit 30 Jahren bei der Firma und hatte sich bis zum Posten des Prokuristen hochgearbeitet. Auch er war früher Vertreter bei „Saugwerk“ und konnte sich gut erinnern, was es bedeutet hatte, bei den Hausfrauen zu erscheinen und seinen Staubsauger vorzuführen. Er war immer nett aufgenommen worden und konnte überzeugend darbieten, wie gut die „Saugwerk“-Staubsauger arbeiteten. Oft wurden ihm bei solchen Gelegenheiten Kaffee und Kuchen angeboten, worauf er sich gerne einließ.
Seit er nur noch im Innendienst tätig war, dann als Prokurist, gestaltete sich sein Arbeitstag ganz anders. Er hatte ein geräumiges Büro und saß die ganze Zeit hinter seinem Schreibtisch.
Die Firma „Saugwerk“ war seit ihrer Gründung in Dinkelstein ansässig, das war vor über 50 Jahren.
Alfred Strom hatte in den Wirren der Weltwirtschaftskrise die Gelegenheit beim Schopf gepackt und zunächst ganz klein angefangen, bis er den Betrieb immer mehr ausgeweitet hatte, es arbeiteten dann um die 1000 Menschen bei „Saugwerk“, was natürlich für die Wirtschaft von Dinkelstein von erheblicher Bedeutung war. Jeder Dinkelsteiner kannte „Saugwerk“, und die Firma war bis weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.
Arthur Redmann mischte auch in der Stadtpolitik kräftig mit und war über Jahre hinweg Stadtrat für die CDU im Stadtparlament.
Die CDU führte die Stadt während der gesamten Nachkriegszeit mit absoluter Mehrheit, sie war in den Augen der meisten Dinkelsteiner Garant für wirtschaftliche Stabilität und für die Bewahrung der Werte. Wenn Arthur Redmann im Stadtrat das Rederecht zugeteilt wurde, und er sich erhob, dann herrschte schon allein wegen seines imposanten Äußeren augenblicklich Ruhe, und wenn er dann mit seiner sonoren Stimme anfing zu reden, regte sich nichts mehr im Saal.
Viele seiner Zeitgenossen trauerten seiner Amtszeit im Stadtrat hinterher, als er mit Ende 50 aus Altersgründen ausschied, er war auch gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe.
Zu Hause fühlt er sich am wohlsten, wenn ihn seine Marga umsorgte und ihn bekochte. Dann zog er seine Anzugjacke aus, lockerte seine Krawatte und schlüpfte in seine Hausschuhe. Er nahm sich die Zeitung und setze sich mit ihr lange Zeit an den Tisch und las.
Nach dem Essen legte er sich nachmittags immer hin und schlief. Er durfte dabei nicht gestört werden, sonst würde er fuchsteufelswild, das bekam schon Paulo in seinen jungen Jahren zu Hause zu spüren.
Marga führte ein sehr zurückgezogenes Leben, war aber mit dem, was ihr geboten wurde, sehr zufrieden. Sie pflegte das, was man gemeinhin Hausfrauendasein nannte, dazu gehörten das Putzen und das Kochen. Aber diese Tätigkeiten bereiteten ihr sogar Freude, sie klagte nicht, sondern sang dabei sogar fröhliche Lieder.
Einmal in der Woche traf sie sich mit Freundinnen in der Stadt, und sie ging mit ihnen einkaufen. Wichtiger als der Einkauf war aber der anschließende Cafebesuch.
Jede nahm zu dem Kaffee, den sie sich bestellten, ein ordentliches Stück Torte und genoss es, es wurde dabei nicht ein Wort geredet. Wenn dann alle ihre Torte gegessen hatten, setzte aber eine Redeorgie ein, in der alles zur Sprache kam, was sich in der zurückliegenden Woche ereignet hatte. Doch während die anderen ihre Männer und deren Allüren vorführten, hielt sich Marga zurück, sie wollte nicht über ihren Mann lästern, weil sie es zu sehr achtete, was er tat. Dann sahen sich die Frauen eine ganze Woche lang nicht, mit Ausnahme des Wochenmarktes, den einige aufsuchten, bis sie wieder einkaufen und im Anschluss in das Café gingen.
Wenn allerdings jemand vorher Geburtstag hatte, wurde das natürlich gefeiert, und alle Frauen waren eingeladen. Man schenkte sich Pralinen oder Parfums, etwas, von dem jeder wusste, dass sich das Geburtstagskind darüber freute.
Um spätestens 19.00 h, war die Geburtstagsfeier immer zu Ende, dann gingen die Frauen wieder nach Hause.
Arthur wartete dann immer schon auf Marga, nicht, dass er ihr Vorwürfe machte, er wusste ja, wo sie gewesen war, aber er hatte Marga gern um sich.
Sie unterhielten sich dann über Margas Heimat, die in Ostpreußen lag, Arthur war während des Krieges in Ostpreußen und hatte Marga dort kennengelernt. Sie sind dann gemeinsam vor den anrückenden Russen nach Westen in Arthurs Heimatstadt gegangen.
Marga war in Ostpreußen die Tochter eines Gutsbesitzers und hatte ein sehr angenehmes Leben geführt, sie hatte ein eigenes Pferd und ritt jeden Tag mit ihm aus.
Sie konnte sich bei ihrer Flucht nicht mehr von ihren Eltern verabschieden, und sie wusste nicht, was aus ihnen geworden war, sicher sind sie während der Besatzung durch die Russen ums Leben gekommen.
Arthur hatte mehrere Male versucht, Kontakt zu der inzwischen russischen Heimatstadt Margas aufzusuchen, um zu erfahren, ob Margas Eltern noch lebten. Er hatte aber nie eine Rückantwort auf sein Gesuch hin erhalten. Von Fahrten nach Ostpreußen, die inzwischen angeboten wurden, hatten Marga und er Abstand genommen, Marga wollte ihre Heimat im Gedächtnis behalten, so wie sie damals, als sie floh, ausgesehen hatte.
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