1 ...8 9 10 12 13 14 ...38 Richard stemmte seinen Arm dagegen. „Oh Sheila, er steht noch immer vor dir. Glaub mir. Und es wird alles besser werden, als du es dir je erträumt hast. Ich habe dort etwas gefunden. Es liegt im Schuppen. Es ist mit Sicherheit viel wert. Wir werden reich werden. Es tut mir leid für all das, was ich euch angetan habe, aber ich bin doch noch immer derselbe Mann, den du geheiratet hast!“
Sheila schaute ihn für einen Moment ausdruckslos in die Augen, dann liefen Tränen über ihre Wangen. „Nein, das bist du nicht!“ Ihre Worte klangen leise, brüchig und ohne Hoffnung. „Du hast nur zugelassen, dass er gegangen ist. Und dafür hasse ich dich!“ Sie zwängte sich hinter das Steuer, startete den Motor und fuhr den Wagen aus der Einfahrt.
„Verdammt nochmal!“ Richard starrte hinter ihnen her und wurde jetzt seinerseits wütend. „Wieso will sie mich nicht verstehen?“ Er war für einen Moment ratlos, was er jetzt tun sollte, dann aber lief er in den Schuppen und stieg in den Chrysler.
Verdammt, er musste ihr folgen. Sie musste verstehen. Es durfte so nicht enden.
XI
Sie bog auf die Hauptstraße und fuhr schneller, als erlaubt war.
Aber Sheila war inzwischen ebenfalls sehr nervös und sie wollte so schnell, wie möglich, davonfahren.
Verdammt, warum auch musste Richard zurückkommen, anstatt, wie sonst an solchen Tagen, die Nacht in der Wildnis zu verbringen?
Ausgerechnet heute?
Die Konfrontation vor dem Haus hatte sie nicht gewollt.
Richard sollte alles lesen, wenn er zurückkam. Dann hätten sie später darüber reden können.
So aber war alles viel schmerzvoller geworden und vor allen Dingen, und das war das Schlimmste, vor Debbies Augen.
Sheila schaute in den Rückspiegel und konnte Debbie mit starrem Blick weinend aus dem Fenster schauen sehen.
„Alles klar, Baby?“ fragte sie besorgt und wusste doch, wie dumm ihre Frage war.
„Ja, Mami!“ Die Antwort kam ohne Blickkontakt und war eine Mischung aus Gereiztheit und Verzweiflung.
Im selben Moment erscheinen im Rückspiegel zwei große Scheinwerfer und noch bevor der Chrysler zum Überholen ansetzte, wusste Sheila, dass Richard offensichtlich noch nicht aufgegeben hatte.
Instinktiv riss sie ihr Steuer herum, bog in die nächste Seitenstraße ein, gab wieder Gas, nahm die nächste Straße gleich wieder links.
Die Scheinwerfer verschwanden hinter ihnen, Sheila atmete kurz durch. „Keine Angst, Baby! Ich bin nur ein bisschen nervös. Wir sind bald bei Oma. Dann wird alles wieder gut werden!“ Sheila verlangsamte ihre Fahrt und lenkte den Wagen durch zwei weitere Seitenstraßen wieder in ihre ursprüngliche Richtung.
Wenige Augenblicke später hatte sie den Ortsausgang erreicht, beschleunigte auf 55 Meilen. Nach einer Meile kam die Abzweigung in die alte kleine Farmersiedlung. Dort wohnten ihre Eltern. Dort wollte sie mit Debbie hin.
Doch als der Chrysler urplötzlich wieder neben ihr auftauchte und sie furchtbar erschrak, wusste sie, dass es die längste Meile ihres Lebens werden würde.
Er hatte es gewusst.
Natürlich würde sie zu ihren Eltern fahren und dort Unterschlupf suchen.
Also war es für ihn ein leichtes gewesen, sie wiederzufinden.
Und mit seinem bulligen, viel stärkeren Motor, konnte er sich spielend neben sie setzen.
Er ließ das Seitenfenster sinken und wartete, bis auch Sheila ihres öffnete.
„Halt an!“ rief er ihr zu. „Bitte!“
„Verschwinde, verdammt nochmal. Lass uns in Ruhe!“ Sheila schaute wieder nach vorn, hörte Debbie im Hintergrund weinen und trat unbewusst aufs Gaspedal.
Richard wurde wieder böse, wollte sie gänzlich überholen, obwohl vor ihnen eine Kurve auftauchte.
Im letzten Moment erkannte er das Fahrzeug aus der Gegenrichtung, musste brutal abbremsen, verriss das Steuer, bevor er hinter Sheila einscheren konnte.
Seine Frau war auf diese Aktion nicht gefasst gewesen, schrie auf, verriss ebenfalls kurz das Lenkrad, bevor sie den Wagen wieder unter Kontrolle bekam.
„Verdammter Hurensohn!“ sagte sie mehr zu sich selbst, war sich aber mehr denn je bewusst, dass sie mit Richard in diesem Zustand nicht würde reden können. Alles, was ihr blieb war die Flucht zu ihren Eltern. Also gab sie noch mehr Gas, um so schnell wie möglich die Hügelkuppe zu erreichen, hinter der die Abzweigung zu ihnen war.
„Mami!“ Das war Debbie, die ängstlich weinte.
„Ja, Baby! Ich weiß!“
„Sag Vati, er soll damit aufhören. Bitte!“
Er hatte nicht mehr viel Zeit sie zu stoppen, das wusste er.
Hinter der Hügelkuppe, die er schon sehen konnte, war die Abfahrt zu ihren Eltern.
Wenn sie dort erst einmal angekommen war, würde er nicht mehr an sie herankommen.
Aber er musste sie doch sprechen. Ihr alles sagen, was er wusste. Ihr den Kristall zeigen.
Damit sie überzeugt sein würde, dass sich ihr Leben endlich wieder ändern würde.
Denn davon war Richard überzeugt. Der Kristall war der Schlüssel in eine bessere Zukunft.
Er wusste es, er konnte es fühlen, er spürte Kraft in sich aufsteigen.
Aber diese Kraft würde er nur mit Sheila und Debbie an seiner Seite aufbringen.
Und das musste seine Frau doch verstehen, deshalb durfte sie ihn jetzt nicht verlassen.
Also tat er das, was er tun musste und scherte erneut zum Überholen aus, wo er den Chrysler schnell auf über achtzig Meilen die Stunde beschleunigte.
Es ging alles derart schnell, dass niemand mehr fähig war, auch nur annähernd zu reagieren.
Als der Chrysler den Ford überholt hatte, hatten beide Wagen die Hügelkuppe fast erreicht.
Warum Richard nicht sofort wieder auf die eigene Spur überwechselte, sondern noch über die Kuppe hinweg auf der Gegenfahrbahn blieb, wurde nie geklärt.
Der frontale Aufprall auf den Vierzig-Tonnen-Lastzug erfolgte dann auch mit einer derartigen Wucht, dass der Chrysler augenblicklich explodierte.
Richard war sofort tot, noch bevor er durch die Wucht des Aufpralls durch die Windschutzscheibe an der Kühlerhaube des Trucks wie eine Seifenblase zerplatzte.
Da der Lastzug selbst gerade quasi Schwung geholt hatte, um problemlos über den Hügel zu kommen, wurde die Geschwindigkeit des Chrysler innerhalb eines Augenblicks in Energie umgewandelt, bevor er durch den Truck in die Gegenrichtung zurückgeschleudert wurde.
Dort hatte Sheila noch für einen winzigen Moment Zeit, das furchtbare Schauspiel zu beobachten, dann krachte ihr der Chrysler direkt vor die Haube, sodass sie das Steuer nur noch verreißen konnte, um mit einer ungebremsten Geschwindigkeit von fast siebzig Meilen die Stunde über die Böschung zu schießen.
Der Aufprall brach Debbie das Genick und Sheila den Schädelknochen.
Auch sie waren auf der Stelle tot.
Der Kristall hatte das Leben von Richard und seiner Familie verändert.
Doch er hatte ihnen keine bessere Zukunft gebracht, sondern den Tod!
Sie hatte Hunger, doch wie fast alle Katzen, war sie in erster Linie sehr, sehr neugierig.
Und dieser Stein, der noch dazu in diesem leichten Rot pulsierte, hatte sofort ihre ganze Aufmerksamkeit.
Jackie, so hieß die Katze der Nachbarn, sprang auf die Arbeitsplatte, setzte sich vor den Kristall, schaute ihn eine Sekunde an, dann zuckte vorsichtig ihre linke Pfote in die Höhe.
Als sie den Stein berührte, begann er zu wackeln.
Das spornte Jackie an und sie stupste ihn stärker.
Beim vierten Mal war der Stoß so stark, das der Stein wieder ins Trudeln geriet und auf die Kante zurollte.
Jackie sprang hinterher, gab ihm nochmals einen Klaps, der Kristall rollte schneller, kippte über die Kante hinweg, fiel zu Boden.
Doch der Aufprall, so unscheinbar er gewesen sein mochte, beschädigte die Hülle um den Kristall an einer Stelle, verursachte einen kleinen Haarriss bis zu dem Stein in der Mitte, wo sich sofort ein kleiner, tiefroter Blitz entzündete, der kaum hörbar zischend durch den Haarriss nach außen drang, wo er die Hülle für den Bruchteil einer Sekunde umspielte, bevor er wieder verschwand und der Kristall auf dem unebenen Boden zurück unter den Tisch rollte und dort tief in eine Nische fiel, wo sein rotes Licht nicht mehr hervortrat.
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