»Vielen Dank für die Hilfe. Wie kann ich Sie erreichen?«
»Einfach den grünen Knopf. Von außen ist es die Durchwahl zwei – null – zwei. Sie haben die zwei – null – eins. Für den Fall, dass jemand Sie direkt erreichen möchte.« Sie schrieb die Ziffern auf einen kleinen Block und klemmte den Zettel rechts an seine Unterlage.
Berendtsen begleitete seine Sekretärin zur Tür. »Ehe ich es vergesse: mit welchen Belangen kann ich mich an Sie wenden?«
»Mit allen. Fragen Sie nur. Was ich tun kann, tue ich. Wenn Sie Fragen haben oder einen Werkstattbesuch vereinbaren möchten … egal.«
»Hmm … darf ich gleich anfangen?«
»Nur zu!«
»Wo kann ich schön essen gehen. Meine Frau und ich haben am nächsten Dienstag Hochzeitstag. Vierundzwanzig Jahre.«
Sie empfahl ihm ein neu renoviertes Lokal mit guter Küche, fußläufig in der Nähe seines Hauses zu erreichen, und bot ihm sogleich an, Blumen und Pralinen oder dergleichen zu besorgen.
Er zeigte ihr seine ToDo-Liste. Sie strahlte. »Wird sogleich erledigt. Blumen erst am Montagabend, sehe ich das richtig?«
»Genau!« Er löschte die beiden unteren Zeilen. Er fragte noch kurz nach dem Standort der Apotheke, deren Namen er sich aufgeschrieben hatte. Es war die im Stadtsfeld, wo er wohnte.
»Vielen Dank für alles. Wunderbar. Bin mehr als zufrieden. Danke.«
»Gerne. Bei Fragen … nicht verzagen …«
»Uschi fragen!«, ergänzte Berendtsen.
Er sah auf seine Uhr. Um Elf war das Meeting. Er sollte bis dahin vorbereitet sein. Schließlich war er jetzt der Verantwortliche und musste wenigstens über das Wenige Auskunft geben können, was es zu dem Fall schon für Erkenntnisse gab. Außerdem war das weitere Vorgehen zu erörtern. Dabei fiel ihm ein, dass er jetzt derjenige war, der delegieren konnte. Er würde seinem Kollegen Hallstein verschiedene Aufgaben übertragen. Er drückte die Kurzwahl zur SpuSi. Die Absperrung des Parkplatzes war aufgehoben. Die Damen waren an der Arbeit. Also würde er nach dem Treffen zum Mittagessen nach Hause fahren können. Auf dem Rückweg würde er bei Frau Ritter vorbeifahren, um die noch offenen Fragen zu klären.
Er nahm seinen neuen Stift und skizzierte den Parkplatz sowie seine Vorgehensweise, wie er sie gleich auf die Tafel übertragen würde.
Nach dem Mittagessen, das er seit langem einmal wieder hatte zuhause genießen können, was während laufender Ermittlungen in Hamburg nie der Fall gewesen war, besuchte er die Apotheke in seiner Nähe und fragte nach dem Boten, der die Tüte bei Frau Irina Barami abgegeben hatte. Die Filialleitung wurde benachrichtigt und erkundigte sich nach dem Grund. Der Kommissar wies sich aus. Die Apothekerin sah im Computer nach und konnte alsbald Auskunft geben.
»Die Tüte hat Sascha mitgenommen. Sascha Wagner. Er kommt heute am späten Nachmittag. Gegen siebzehn Uhr taucht er meistens hier auf.«
»Wie lange kann ich ihn erreichen?«
»Er holt hier nur Ware ab für die Apotheke neben Ihren Kollegen in der Stadt. Dann ist er sofort wieder weg. In der Stadtmitte können Sie ihn allerdings bis achtzehn Uhr antreffen. Dort erhält er seine Aufträge. Wenn Sie etwas Spezielles erfahren wollen, dann werden sie dort mehr Erfolg haben. Kann ich etwas ausrichten?«
»Sagen Sie ihm, er soll dort warten bis ich komme. Ich muss ihn dringend befragen. Nichts Wichtiges und nichts Schlimmes«, fügte er gleich hinzu, als er die Mine der Apothekerin bemerkte.
Auf dem Weg nach Recklinghausen hielt er auf dem Parkplatz an, um Frau Ritter zu besuchen. Der Wagen von Viktoria Weiss schien leer zu sein. Unter der Brücke hatte er auch niemanden bemerkt. Die Vorhänge an Frau Ritters Wagen waren zugezogen und ein rotes Licht war erkennbar. Er setzte sich in seinen Wagen und wartete abseits vom Geschehen. Acht Minuten waren vergangen, genau die Zeit der Nachrichten mit anschließendem Verkehrshinweis, als ihr Besuch verabschiedet wurde. Maria hatte ihn erblickt. Sie wartete kurz die Abfahrt ihres Kunden ab, dann winkte sie ihn herbei.
»Mahlzeit, Herr Kommissar. Bitte treten Sie ein. Hauptkommissar, nicht wahr? Entschuldigung. Soviel Zeit muss sein.«
»Einfach Berendtsen. Ich habe noch einige Fragen, die ich ohne Ihre Mithilfe nicht beantworten kann.« Während er sich setzte, begann er schon. »Haben Sie die Telefonnummern ihrer Kolleginnen?«
Maria schrieb sie auf.
»Hatte Frau Barami eine Internetseite?«
»Sie hatte keine, brauchte auch keine. Sie hat nur hier gearbeitet und nur Laufkundschaft. Das Handy hat sie ebenfalls nur privat genutzt, Tina ebenfalls. Sie sind allerdings heute beide nicht auf dem Platz. Ich habe sie noch nicht gesehen.«
»Das war’s dann auch schon. Danke Frau Ritter für die Mithilfe.«
»Maria.«
Berendtsen schmunzelte. »Maria. Vielen Dank.«
»Gerne. Immer zu Diensten.« Sie verabschiedete ihn mit Kusshand, als er in seinen Wagen stieg. Er schrieb Hallstein eine Nachricht mit den Telefonnummern und der Bitte, die Damen anzurufen, sobald sie wieder verfügbar sind. Eventuell Vorladung zwecks Befragung. Dann schnallte er sich an und fuhr zur Dienststelle.
Beim Aufschließen der Tür hörte er schon das Telefon klingeln. Er meldete sich.
»Rother. Es gibt Neuigkeiten. Haben sie eine Viertelstunde?«
»Natürlich. Ich komme.« Er kannte den Weg. »Was haben Sie für mich?«
»Es gibt eine Überraschung. Die Frau ist nicht an dem Hirntrauma gestorben, wäre sie zweifelsohne, aber der Täter ist auf Nummer sicher gegangen und hat sie mit einem Kissen erstickt. Wir haben entsprechende Fasern in ihrem Atmungsapparat gefunden, also Nase, Mund, Trachea. Ich gehe von einem bunten, gestrickten oder gehäkelten Kissen aus, wie von Omas Sofa.«
»Gefunden hat man keines, nicht wahr?«
»Nein. Fragen sie die SpuSi. Die müssen es wissen. Sie waren heute noch einmal vor Ort, habe ich gehört.«
»Sie haben die Endabnahme gemacht und den Platz frei gegeben. Ich gehe noch einmal vorbei. Vielen Dank für den Tipp.«
Die Spurensicherung war nicht weit davon entfernt. Er klopfte an. Schmidt war nicht da. Die Anwesenden waren nicht befugt, eine Auskunft zu geben.
Auf dem Weg zum Büro klopfte er bei Uschi an. ›Sekretariat Ursula Bremer‹ stand an ihrer Tür. Jetzt kannte er auch ihren Hausnamen.
Sie freute sich über seinen Besuch. Sie tippte gerade den schriftlichen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für eine Auskunft der Telefondaten.
»Wie finde ich Herrn Schmidt von der SpuSi?«
»Wenn er im Hause ist, funke ich ihn an. Er meldet sich dann bei mir. Ich stelle um auf Ihr Büro. In Ordnung?«
»Wunderbar. Ich danke vielmals.« Schon war er wieder unterwegs. Er klopfte bei Hallstein. Keine Antwort. Irgendwie schienen die Leute heute alle unterwegs zu sein. Der Bote, Schmidt, Hallstein …
Er hatte gerade sein Passwort eingegeben, als Schmidt am Apparat war. »Wir sollten noch einmal zum Tatfahrzeug fahren. Ich habe da etwas gefunden, was nicht ganz in die Reihe passt. Wann haben Sie Zeit? Es dauert eine knappe Viertelstunde vor Ort.«
»Ich muss um halb sechs in Dorsten in der Apotheke sein, die die Medikamente zugestellt haben. Ich möchte den Boten interviewen. Er kommt gegen halb sechs und ist hält sich nicht lange auf. Vielleicht hat er Beobachtungen gemacht. Sind Sie solange hier?«
»Dann lassen Sie uns halb fünf zum Tatort fahren. Anschließend mache ich Feierabend und Sie nehmen sich Zeit für den Fahrer.«
Berendtsen sah auf seine Uhr. »Dann treffen wir uns in einer Stunde am Tatort.«
Hallstein klopfte an. Er wollte kurz bestätigen, dass die Anfrage zwecks Telefonverbindungen veranlasst war. Morgen oder übermorgen würden sie die Daten einsehen können. Was die Damen vom Parkplatz anging, hatte er nichts erreicht. »Wie vom Erdboden verschwunden. Die Telefone sind ausgeschaltet. Keine Ortung möglich. Wir warten, dass sie wieder eingeschaltet werden.«
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