„A .... Ar ... Aru!“ stotterte er, als sich seine Erstarrung löste, und das Geschrei an Bord war groß.
Tüngör blickte herüber, fand als Erster Worte des Schreckens.
„Gugay, Gugay, der meint ja uns! Der hat ja so viel Sachen drauf, dass er uns gleich ... „
„Los, sitz nicht so rum!“ brüllte Gugay, der sich wieder erholt hatte.
„Hau den Alarmstart rein, vollen Antrieb!“
Doch schon hörten sie das Donnern der Jets, ein mitgebrachter Kampfhubschrauber setzte neben dem Shuttle auf, noch bevor es starten konnte, streifte seine Landefüße und es gab eine heftige Erschütterung. Die Frachtraum-Tür sprang wieder auf, die kostbare Ladung fiel ins Wasser und die Wellen schossen über die Tragflächen, so dass Gugay und Tüngör nass wurden. Nun fiel das Shuttle zur Seite, kippte ins Wasser und nach einem lauten Blubbern und Gurgeln sah man Tüngör und Gugay nur noch auftauchen, schwimmen und heftig nach Luft schnappen. Etwas weiter flussabwärts wendete der gewasserte Kommandojet des Geschwaders, kam wieder zurück und als Aru aus dem Cockpit den unten im Wasser paddelnden Gugay Fiscaux erblickte, stieß er ein brüllendes Gelächter aus, dass der ganze Raum vibrierte.
„Harrharhar, Gugay Fiscaux, du wirst nie wieder im Jagdgebiet des Großkaisers deine Echsen jagen! Jetzt hast du ausgespielt, du cisnairscher Stinkkäfer!“
Der Wasserflut des Fahrtwindes der Jets folgte eine Flut von Schimpfwörtern, die sich jeder Übersetzung widersetzen, eine Flut, in der Arfazzu Aru all seine Wut ablassen konnte, die sich in ihm seit Tolonmonaten aufgestaut hatte, - immer wieder war Gugay Fiscaux ihm zuvorgekommen. Und jetzt paddelte er mit den Flügeln hilflos vor ihm im Wasser herum.
Er strahlte vor Freude, sein Gefieder zitterte vor Erregung, und er blickte genüsslich aus dem Fenster, um dem Schauspiel der Festnahme der Wilderer zusehen zu können. Er verließ den Kommandojet, stellte sich auf die Rampe, die ihm wie die VIP-Lounge einer Aussichtsplattform vorkam, und postierte sich im warmen Licht der Wemursonne.
Die vollautomatischen I.P.O.-Raumsonden hatten eine neue, stabile Umlaufbahn um das fremde Zentralgestirn erreicht. Der mit künstlicher Intelligenz versehene „Altakol-Späher 21C“ fuhr seine Solarpaneele aus, das Spektralpolarimeter und die Mikroteleskope und –spektroskope. Er sammelte genauere Daten über die bewohnbaren Planeten, in fast allen Bereichen des EM-Spektrums. Und er begann sie zu speichern, um sie demnächst in die ferne, heimatliche Welt von Puntirjan zu senden. Seine Funktionsfähigkeit war nicht beeinträchtigt. Der Verlust des kleinen Dschersi-Moduls, dessen Neodymschraube sich von ihm gelöst hatte, blieb unbemerkt. Ohne dass sich jemand Sorgen machen musste, konnten die Sonden in Ruhe einige Jahrzehnte warten, bis dass neue Funkbefehle aus Puntirjan bei ihr eintrafen. Sie befolgte inzwischen ihre Forschungs- und Konstruktionsprogramme.
Das Verhängnis jedoch folgte seinen weiteren Lauf, so wie auch der Komet mit dem verlorenen Modul seiner weiteren Bahn folgte. Eine leichte Störung brachte sie auf einen neuen Kurs – auf Kollisionskurs mit dem einzigen, bewohnten Planeten, den es dort gab – der Erde.
„Los, Mann, holen sie raus, was rauszuholen ist! Wir müssen das Geschwader finden!“ befahl der Kapitänleutnant dem Bordingenieur, der mit öligem Gefieder einen Knopf bis zum Anschlag herunterpresste, sich etwas Öl vom Flügel wischte und ein „Eyeye, Sir, Order ausgeführt!“ erwiderte.
Unter dem Druck der Beschleunigung wurde die Besatzung einige Schritte weit geschleudert, als plötzlich vom Radarbeobachter die Meldung kam: „Geschwader backbord vorrraaaus!“
„Antrieb stop!“ krächzte der sarkarische Kapitänleutnant, „Kurs backbord voraus!“ und der Bordingenieur zog den Knopf wieder zurück. Der Besatzung des herannahenden Kampfjets Sarjowa bot sich ein dramatisches Bild. In seinem näheren Umkreis paddelen zwei schwer verwundete Puntirjaner, kurz vor dem Ertrinken und überall lagen Wrack-Teile verstreut am Ufer.
„Die Sarjowa!“ brüllte Arfazzu Aru vor Freude bebend, „Die Sarjowa, mein Anführer!“ Er erkannte den Gouverneursshuttle sofort, denn er hatte ihn bei einer Reichsgrenzschutzübung gesehen.
„Fahnenmarschall, senden sie Grußfrequenzen!“
Er flog vor Freude einen Salto. Der großkaiserliche Prinzgouverneur musste die Sarjowa unverzüglich zum Sar geschickt haben, um die Mündung zu blockieren.
Der Gouverneursflieger hatte fast gigantische Maße und im Vergleich zu Arus Shuttle und dem Kampfhubschrauber wirkte er wie ein Flugzeugträger neben einem Gummiboot und einer auf dem Wasser treibenden Ente. Arfazzu Aru sah angewidert bis ängstlich die Markierung an der Außenwand empor, an der entlang er hochfligen sollte. An der Eingangsplattform landete er plötzlich neben einer Gardisten-Abordnung, an deren Vorderseite ein nordsarkarischer Garde-Offizier in einer schicken, frischen Gardeuniform auf ihn zukam.
Aru salutierte und nahm mit knallenden Hacken Haltung an. Er schluckte aufgeregt.
„Leutnantskommandeur Aru.“
„Leutnant Narkjowair.“
Der Offizier sah ihm in die Augen.
„Ich muss sofort Ihren Kapitänleutnant sehen. Es geht um die Grenzsicherheit des Kaiserreichs.“
Generalstabs-Kapitänskommandeur Prinz Sarfazzu Sarjowär setzte sich, als er Arfazzu Aru empfing. Er war gepflegt, kräftig und aus der Verwandtschaft des Großkaisers. Und er kam sofort zur Sache.
„Die Cisnairi haben einen Besatzungstrupp im Sar gelandet, begleitet von einigen Armeegeschwadern?“
„Neinein, äh, der Bericht ist aufgebauscht worden.“
Arfazzu bedauerte es jetzt zutiefst, übertriebene Ausdrücke in seine Meldung platziert zu haben.
„In Wirklichkeit war die Rede nur von ... …“ Er zögerte, „einem Shuttle.“
„Typ, Größe, Bewaffnung?“ wollte Sarfazzu Sarjowär wissen.
„Äh … ein unbewaffnetes Zwergshuttle, Frachtertyp Cisnapp 3.“
Arfazzu Aru begann zu schwitzen, dass es ihm aus dem Gefieder tropfte. Der Kapitän runzelte die Stirn. „Von welchem Typ?“
Arfazzu errötete vor Verlegenheit.“Eine Cisnapp 3.“
„Das kann nicht sein! Unser Große Anführer und Großkaiser hat dem Regierungssitz des Président Cisnair ein Ultimatum zugemailt. Er hat die Mobilisierung für drei Kampfgeschwader-Divisionen befohlen!“
Generalstabs-Kapitänskommandeur Sarfazzu Sarjowär drehte sich überrascht herum und begann nachdenklich auf der Kommandobrücke hin und her zu flattern.
„Wozu diese Invasion? Warum dieser ... dieser Shuttle? Was soll ich dem Großkaiser melden?“
Aru Arfazzu schnappte nach Luft. Er war einem Herzinfarkt nahe. Er wollte nicht mehr im Brennpunkt des Konfliktes stehen zwischen den Sarkariern und dem Rest der Welt. Er wäre am liebsten davongeflogen. Er suchte nach mündlichen Ausflüchten.
„Äh, ich … ich habe recherchiert. Ich habe Informationen, dass die … äh … Invasion von einem illegalen Erzräuber und Terroristen namens Gugay Fiscaux angeführt wird …“
„Erzdiebstahl ist immer illegal, was reden sie da?“, tobte der Kapitän. „Die Bodenschätze im Naturschutzgebiet gehört dem Kaiser allein!“
„Wir … äh ... haben ihn aus seinem Frachtshuttle geholt, arrestiert … äh ... und Fracht und Shuttle versenkt …“.
„Ich glaube, ich stelle sie gleich selbst unter Arrest! Sie reden Schwachsinn! Soll das ein Witz sein? Die kaiserliche Grenzschutzgarde macht sich zum Spott – ein ganzes Kampfgeschwader, nur um zwei Mineralien-sammelnde Guerilleros zu arrestieren!?“
„Aber Kommandeur! Wir dürfen die Diebe doch nicht entkommen lassen! Sie haben der Natur im kaiserlichen Naturschutzgebiet irre Schäden zugefügt!“
„Aber wir können auch nicht einen fremden Shuttle fast noch im Niemandsland mit einem, ganzen Kampfgeschwader attackieren, noch dazu, wenn es den Gris Quadre funkt! Das wäre eine völkerrechtswidrige Handlung, ein – Kriegsverbrechen!“
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