„Herr Bauer, ich leih mir mal Jessy aus. Wir müssen zu einer Befragung nach Ettlingen. Sie kommen ja beide hier gut zurecht!“
Bauer lächelte abermals, dieses mal Fuhr zu und meinte in jovialem Tonfall: „Ja, schon in Ordnung wir beide haben das schon im Griff.“
Kaum zur Tür draußen sprach Fuhr Jessy an: “Kannst du mich mal zwicken, war das unser Bauer, ich meine unser, lass mich grad in Ruh´ Bauer, unser ist mir scheißegal Bauer, unser das steht nicht in meiner Stellenbeschreibung Bauer, oder wurde der über Nacht von Aliens entführt und hat eine Gehirnwäsche mitgemacht?“
„Also über Nacht kann das nicht gewesen sein...“ gab Jessy lachend zurück. „...heute Morgen war er noch immer das Ekelpaket das wir alle kannten und hassten.“ „Also ich glaube wir sollten der Frau Hutt bei uns einen Job anbieten und die beiden in ein Zimmer setzen, dann hätten wir eine Kraft mehr und einen umgänglichen Kollegen Bauer. Als Sie das Dienstfahrzeug erreicht hatten und noch einige launige Kommentare über Bauer ausgetauscht hatten wechselte Jessy unvermittelt das Thema:
„Und, was macht die Liebe?“
„Der geht´s gut, danke.“ Antwortete Fuhr kurz.
„Na, nun erzähl schon und lass´ dir nicht die Brocken einzeln aus dem Mund ziehen, weißt du jetzt wie deine bald Ehefrau heißt, oder ist sie immer noch Schatzi?“ „Alexandra Seibel, von Heirat keine Rede, aber sie wohnt jetzt bei mir, spart Putzfrau, Köchin und Fremdwaschen.“
„Also das ist ja das dämlichste was ich bisher von dir gehört hatte.“ Empörte sich Jessy, ob der etwas verzerrten Telegramm Mitteilung
„Mehr gib´s nicht zu sagen, ob´s so funktioniert werden wir sehen, Ende des Themas.“
Fuhr delektierte sich an der Empörung der Kollegin deren Sommersprossen auf der Nase einmal mehr zu tanzen begannen.
„Na das ist aber wirklich sehr dürftig. Wenn wieder Katastrophe angesagt ist dann bekomme ich einen minutiösen Bericht und darf dir die Besten Tipps zum Umgang mit dieser Situation geben und wenn´s läuft werde ich mit Diätkost abgespeist – aber immerhin es scheint gut zu laufen – und übrigens, wie ist sie denn im Bett?“ Bei diesen Worten lächelte sie ihn mit einem Augenzwinkern frech an.
„Nur gut dass du keine intimen Fragen stellst...“ Gab Fuhr mit gespielter Empörung zurück „...aber ich kann dir ehrlich sagen, dass ich es nicht weiß. Ans Wochenende habe ich sowieso keine Erinnerung, gestern kam sie erst am späten Abend nach Hause, als ich schon schlief und heute morgen habe ich mich geduscht, wir haben gefrühstückt und dann bin ich hierher gekommen. Das schwöre ich bei allem was mir heilig ist!“
Jessy sah ihn aus den Augenwinkeln an und meinte mit kaum verhohlener Skepsis in der Stimme:
„Da ist doch noch irgend was. Immerhin ist das die erste deiner Freundinnen die bei dir einzieht und das einfach so?“
„Naja, die Wohnung habe ich ja auch erst seit drei - vier Jahren und seither hatte ich ja auch keine feste Beziehung mehr, also hatte ich folgerichtig zuvor auch niemanden in meine Wohnung einziehen lassen können. Schließlich willst du wohl das Loch wo ich zuvor gehaust habe nicht mit meiner jetzigen Wohnung vergleichen. Dieses Loch will ja keine Frau der Welt mit einem Mann teilen müssen. Das war ja bei Weitem zu klein. Aber die Wohnung ist ja alles andere als klein und ich glaube halt, dass der eine weibliche Hand da etwas mehr Lebensqualität einbringen könnte.“
„Schau, schau, der Herr Fuhr wird häuslich!“ Gab Jessy spöttisch zurück.
Als sie schließlich an der Praxis Meyer/Müllerschön in Ettlingen angekommen waren war das Thema dann erschöpft, nicht zuletzt, da Fuhr einfach mauerte. Sie fuhren mit dem Aufzug ins dritte OG des Ärztehauses. Zur Rechten erstreckte sich ein zum Bersten volles Wartezimmer, vor dem in geschmackvollem Vogelaugenahorn gehaltenen Tresen ebenfalls eine Menschenmenge und dazwischen emsig einher wuselnde Arzthelferinnen. Fuhr hatte keine Lust sich an das Ende der Schlange anzustellen und artig zu warten bis er dran war. Stattdessen griff er sich eine der vorbei huschenden Damen heraus, hielt ihr seinen Dienstausweis unter die Nase und fragte nach den Doktores.
„Welchen meinen sie, fragte sie hilflos“
„Mir völlig egal einen mit dem ich eine Befragung aller Kräfte hier organisieren kann.“ Gab Fuhr in barschem, autoritären Tonfall zurück.
„Wie stellen sie sich das vor? Sie sehen doch was hier los ist!“ Meinte die Frau hilflos.
„Hören sie mal meine Gute, wir führen hier eine Mordermittlung durch und im Übrigen muss ich mir das nicht vorstellen, sondern sie, ihre Kolleginnen und vor allem die Ärzte und jetzt soll sich einer der Herren hierher bequemen, sonst werden hier Ladungen ins Polizei-präsidium ausgesprochen und dann sind die Fehlzeiten länger, darauf können sie sich verlassen!“
Sichtlich eingeschüchtert gab die ca. 1,70m große, sehr schmal gebaute Frau mit ihren groben Gesichtszügen nur noch ein: „Ich seh mal was sich machen lässt“ von sich und verschwand.
Keine zwei Minuten später sahen die beiden Kriminalbeamten einen gut durchtrainierten, braungebrannten Mann in typischer Arztkleidung, weißes Poloshirt, weiße Hose, weißer Arztkittel in Birkenstocksandalen steckend auf sich zukommen. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts Gutes und die stahlblauen Augen drohten Fuhr zu durchbohren.
„Was glauben sie denn wohl wer sie sind? Hier steppt der Bär und sie wollen alle meine Mitarbeiterinnen und auch noch uns Ärzte verhören. Wir werden ihnen gerne Rede und Antwort stehen, aber bitte nach Praxisschluss!“
„Guten Tag Herr Doktor...?“
„Müllerschön“ ergänzte er mit entnervter Stimme.
„Ich glaube sie verkennen die Rechtslage und die staatsbürgerlichen Pflichten etwas. Sollten wir jetzt nicht die drei Fragen, die wir an sie und ihre Leute haben stellen können, werden wir diese zu uns genehmen Zeiten ins Polizeipräsidium einbestellen, im Weigerungsfalle auch mit polizeilichen Zwangsmaßnahmen. Was wir hier tun ist bereits ein entgegenkommen und nun würde ich empfehlen vergeuden sie nicht teure Zeit und beantworten sie uns die paar Fragen die wir an sie haben.“
„Das ist doch unmöglich, wie sie sich hier aufführen. Am Sonntag werde ich mit ihrem Polizeipräsidenten Golf spielen und ihm von ihrem unmöglichen Verhalten berichten!“ Blaffte der Arzt.
„Oliver Fuhr, hier ist meine Dienstausweisnummer, ich wünsche viel Vergnügen und gut Holz, oder wie man beim Golf sagt“
Müllerschön sah Fuhr vor Wut kochend an und bellte ihn an „Also, was wollen sie wissen?“
Fuhr entgegnete gelassen und mit ausgesuchter Freundlichkeit: „Vielen Dank Herr Doktor für ihr Entgegenkommen, wir wissen das zu schätzen. Also erste Frage kennen sie diesen Mann?“ Dabei zeigte er ihm das vergrößerte Passbild von Vogtländer
„Kann sein, kommt mir jedenfalls bekannt vor, aber bei der Menge von Menschen, die ich jeden Tag sehe.“
„Das ist Herr Vogtländer – sagt ihnen der Name etwas?“ Wieder überlegte der Arzt kurz und antwortete in gleicher Weise ausweichend.
„Letzte Frage...“ begann Fuhr „...sie haben oder hatten eine Angestellte, ich habe sie bisher noch nicht gesehen, 1,45m bis 1,50m groß, mittelschlank, dunkles Haar, wo finden wir die?“
„Keine Ahnung ich hatte nie eine solche Kraft, das muss eine Verwechslung sein.“
Fuhr´s Blick auf den Arzt wurde immer skeptischer
„Gut das war´s jetzt werden wir ihren Mitarbeitern die gleichen Fragen stellen. Sie sehen ja geht ganz schnell und vielen Dank für Ihre Kooperation“
Ohne ein Wort zu sagen und ohne die Polizisten anzusehen entferne sich Müllerschön.
„Ach Herr Doktor...“ rief Fuhr ihm nach. Der drehte sich um und schleuderte ihm ein entnervtes „Was, denn noch?“ entgegen.
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