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Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist als Personengesellschaft ein auf einem Gesellschaftsvertrag beruhender Zusammenschluss mehrerer Personen mit dem Ziel, durch gemeinsame Leistungen auf der Grundlage des persönlichen Zusammenwirkens der Mitglieder einen gemeinsamen Zweck zu erreichen, § 705 BGB (§ 705 Abs. 1 BGB-E). Der Zusammenschluss der Gesellschafter muss nicht auf eine gewisse Dauer ausgerichtet sein[1].
Beispiel:
Der Gesellschaftszweck kann auch die gemeinsame Durchführung einer lediglich fünftägigen Ausstellung sein.
Die (Außen-)BGB-Gesellschaft ist rechtsfähig und parteifähig. Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts können natürliche und juristische Personensein.
Beispiel:
H, G und die Zenia-Industrieabfallverwertungs-GmbH gründen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gegenstand (gemeinsamer Zweck) die Verwaltung der im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücke ist. H und G sind natürliche Personen. Die GmbH ist als juristische Person Gesellschafter der BGB-Gesellschaft mit den gleichen Rechten und Pflichten wie die Gesellschafter H und G.
Auch andere Personengesellschaften können Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft sein. Das gilt nicht nur für die OHG und die KG; auch der BGB-Gesellschaft selbst wird die Fähigkeit zuerkannt, Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu sein.
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Rechtslage nach dem MoPeG:
Die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR wird durch das MoPeG gesetzlich kodifiziert. Gem. § 705 Abs. 2 BGB-E kann die rechtsfähige GbR selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Voraussetzung ist lediglich, dass sie „nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll“, § 705 Abs. 2 BGB-E. Ein solcher Wille ist zu vermuten, wenn der Gegenstand der GbR der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen ist (§ 705 Abs. 3 BGB-E). Die Rechtsfähigkeit der GbR ist also nicht von einer konstitutiven Eintragung in ein Gesellschaftsregister abhängig gemacht worden.
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Die BGB-Gesellschaft hat eine ausführliche Regelung in den §§ 705 ff. BGB erfahren. Da sie die Grundform für alle Personengesellschaften darstellt, finden die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB auch auf die übrigen Personengesellschaften, die OHG, die KG und die Partnerschaftsgesellschaft, Anwendung, soweit das HGB für diese Gesellschaftsformen keine Spezialregelungen enthält. Allerdings ist das heute auf die BGB-Gesellschaft angewandte Recht zu wesentlichen Teilen das Resultat einer systematischen Neuordnung, die auf einer von Wissenschaft und Rechtsprechung dominierten Rechtsfortbildung beruht.[2] Das hat dazu geführt, dass viele die BGB-Gesellschaft betreffenden gesetzlichen Bestimmungen Ausdruck überholter Vorstellungen sind.
3. Die Bedeutung
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Die BGB-Gesellschaft erfreut sich in der Praxis einer großen Beliebtheit, weil sie für eine Vielzahl von denkbaren Zwecken geeignet ist. Dies rührt daher, dass die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft kaum zwingende, die private Gestaltungsfreiheit einengende Regelungen enthalten. Die BGB-Gesellschaft ist, was ihre Ausgestaltungsmöglichkeiten anbetrifft, im Vergleich zu den anderen Gesellschaftsformen besonders elastisch und anpassungsfähig.
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Eine besondere Bedeutung kam der BGB-Gesellschaft als der Gesellschaftsform zu, in der sich die Angehörigen der freien Berufe zusammenschließen können. Gesellschaftsrechtliche Schranken einerseits und standesrechtliche Einschränkungen andererseits machten es den Angehörigen der freien Berufe in der Vergangenheit fast unmöglich, sich in einer anderen Gesellschaftsform als der der BGB-Gesellschaft zusammenzuschließen.
Beispiele:
Eine echte Sozietät von Rechtsanwälten, d.h. eine Sozietät, bei der die Einkünfte der Gesellschaft zufließen und die Gewinne oder Verluste verteilt werden sollen, ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts[3].
Die Gemeinschaftspraxis von Ärzten (Arztsozietät) ist häufig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der gemeinsame Zweck im Sinne des § 705 BGB, zu dessen Erreichung sich die Ärzte zusammenschließen, ist die gemeinsame Ausübung des Berufs.
Es geht aber auch anders: 120 Zahnärzte schließen sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, deren Ziel es ist, die Gesellschafter von der Verwaltung ihrer Zahnarztpraxen zu entlasten und durch eine einheitliche Verwaltung und Buchführung für die Gesellschafter Kosten zu sparen[4].
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Was den Zusammenschluss von Freiberuflern angeht, so hat die Entwicklung der letzten Jahrzehnte neue Möglichkeiten eröffnet. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Schaffung von Partnerschaftsgesellschaften am 1. Juli 1995 (PartGG) ist es z.B. möglich, dass Anwälte und andere Freiberufler sich zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenschließen (s. dazu Rn. 480 ff.).
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Eine BGB-Gesellschaft kann auch zur gemeinsamen Durchführung einzelner Geschäftsvorhaben gegründet werden. Sie wird dann häufig als Konsortiumoder als Arbeitsgemeinschaft (ARGE) bezeichnet. Ein Konsortium ist eine Gelegenheitsgesellschaft, zu der sich mehrere Personen zur Durchführung eines Geschäftes oder einer Reihe von Geschäften zusammenschließen. Es ist zwar auf eine wirtschaftliche Betätigung gerichtet, kann aber weder eine OHG noch eine KG sein, weil es nicht den dauernden Betrieb eines Handelsgewerbes zum Gegenstand hat.
Beispiele:
Mehrere Banken schließen sich zusammen, um einen Großkredit zur Finanzierung eines Vorhabens aufzubringen. Hier handelt es sich im Zweifel um ein sog. Finanzierungs- und Kreditkonsortium in Gestalt einer BGB-Gesellschaft.
Nicht selten werden auch Emissionskonsortien gebildet: Mehrere Banken schließen sich zusammen, um die Aktien einer neu gegründeten Aktiengesellschaft zu übernehmen und auf dem Markt unterzubringen. Ein Emissionskonsortium als eine nur vorübergehende Verbindung von Banken zur Erledigung einer konkreten Aufgabe liegt auch dann vor, wenn mehrere Banken „junge Aktien“ bei einer Kapitalerhöhung übernehmen, um für diese Erwerber zu finden.
Gründen in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Unternehmen eine „Arbeitsgemeinschaft“, um in einem Land der Dritten Welt ein Stahlwerk zu errichten, so handelt es sich im Zweifel um ein Konsortium in Gestalt einer BGB-Gesellschaft als einer vorübergehenden Verbindung zur Erledigung einer konkreten Einzelaufgabe.
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Häufig schließen Personen sich in Form von BGB-Gesellschaften zusammen, um bestimmte unternehmerische Teilfunktionen gemeinsam auszuüben. Solche BGB-Gesellschaften werden oft als Interessengemeinschaftenbezeichnet. Nicht selten schließen Unternehmen Verträge über Forschungs- und Entwicklungskooperationen ab. Gegenstand solcher Kooperationen kann alles sein, was von Unternehmen entwickelt, hergestellt und vertrieben wird und was es an Herstellungsverfahren und -vorrichtungen hierfür benötigt. Dazu gehören einzelne Produkte, Systeme und Anlagen, Software jeder Art und Verfahren jeder Art. Wenn die Vertragsparteien keine Kapitalgesellschaft, wie z.B. eine GmbH, gründen, um die Kooperation durch zuführen, handelt es sich in der Regel um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts[5].
Beispiele:
Drei Chemieunternehmen schließen sich zusammen, um gemeinsam Forschungsanlagen zu errichten und zu nutzen. Dies kann in der Form einer BGB-Gesellschaft geschehen, die als Interessengemeinschaft bezeichnet wird.
Mehrere Unternehmen, die Einzelteile für die Kraftfahrzeugindustrie herstellen, schließen sich zusammen, um in der Zukunft gemeinsam für ihre Produkte auf dem europäischen Markt zu werben. Auch dies kann in der Form einer BGB-Gesellschaft geschehen.
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