Recht der Anlagen-Außenwerbung
Systematische Darstellung am Beispiel Baden-Württemberg mit länderübergreifenden Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen
von
Professor Karlheinz SchlotterbeckVorsitzender Richter am Verwaltungsgericht a. D.; Honorarprofessor der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen (HVF) – Université des Sciences Administratives et Financières Appliquées – Ludwigsburg
Verlag W. Kohlhammer
1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
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ISBN 978-3-17-039730-9
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Das Recht der Außenwerbung stellt ein Querschnittsrecht dar, da es in unterschiedlichen (Bundes-, Landes-), schier unüberschaubaren, Gesetzen und Rechtsverordnungen sowie ggf. in bestehenden Satzungen der Gemeinden verortet ist.
Das Werk gibt daher allen denjenigen, die es mit dem Recht der Anlagen-Außenwerbung zu tun haben, einen strukturierten Überblick in der gebotenen Kürze und enthält zudem zahlreiche Literatur- und Rechtsprechungsnachweise. Übersichten und Mustersatzungen runden das Werk ab. Soweit es um Landesrecht geht, wird beispielhaft auf das baden-württembergische Landesrecht Bezug genommen, das Parallelen zu entspr. Vorschriften in anderen Bundesländern aufweist; die zitierte obergerichtliche Rspr. und die Literaturnachweise sind nicht auf Baden-Württemberg beschränkt.
Professor Karlheinz Schlotterbeck, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht a.D.; Honorarprofessor an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen (HVF) - University of Applied Sciences - Ludwigsburg.
Unter „Außenwerbung“ist die (allgemein sichtbare) Werbung (Propaganda; Reklame) aller Art im öffentlichen Verkehrs- (Straßen-) Raum zu verstehen, die branchenüblich „ Out-of-Home Media“(OOH), auch „ Outdoor Media“,bezeichnet wird. Außenwerbung kommt in verschiedenartigen Formen vor. Sie reicht von der einfachen Plakat-Werbung bis hin zur stark zunehmenden sog. „ Digital Out-of-Home“(DOOH) über Bildschirme, energiesparende LED-Flächen 1und Projektionen im öffentlichen Raum, die, von Computern gesteuert und vernetzt ( „online“), Werbung ausstrahlen. 2Und sie reicht vom einfachen „Nasenschild“,etwa an der Stätte der eigenen Leistung eines Einzelhandelbetriebes, bis hin zum sog. BlowUp-Poster, einem Riesenposter im sog. urbanen Raum, das Formate von 120 m 2(10 m × 12 m), 144 m 2(12 m × 12 m) oder sogar 225 m 2(15 m × 15 m) aufweisen kann. Außenwerbung kann Eigenwerbungoder – dies vor allem – Fremdwerbungsein. Sie kann gewerblich, handwerklich, beruflich, gemeinnützig, religiös, politischsein.
Außenwerbung ist für eine breite interessierte Öffentlichkeit gedacht. Sie wartet in einer die Aufmerksamkeit lenkenden Weise dort, wo eine Vielzahl von ansprechbaren Menschen als sog. Rezipienten(Werbungsempfänger) unterwegs ist. Sie ist vor allem für die (gewinnorientierte) Wirtschaft als Teil der sog. kommerziellen Kommunikation von hervorgehobener Bedeutung. Kommerzielle Kommunikationhat jede Form der Kommunikation zum Inhalt, welche der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbildes eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe, Handwerk oder einen freien Beruf als Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater, Architekt u. Ä. m. ausübt.
Außenwerbungtritt neuerdings auch als hochwertige und in optisch-bauästhetischer Hinsicht ansprechende Stadtmöblierung im öffentlichen Verkehrsraumauf; Stadtmöbel können allein für Werbezwecke geschaffen werden. Dies belegen beispielhaft die klassischen City-Light-Poster (CLP), City-Light-Säulen (CLS; Litfaß-Säulen), City-Light-Boards (CLB), die urbanen BlowUp- (Riesen-) Poster sowie die Wartehallen und City-Toiletten mit integrierten Werbeflächen, die Recycling-Behälter mit hinterleuchteter Plakatwerbung, auch die Stadtinformationsanlagen.
Die lokalen Werberechte Privater auf öffentlichem Grund und Boden (Stadtmöblierungsrechte)werden von den Städten und von den Gemeinden zunehmend durch (wirksame) Verwaltungsverträge (§§ 54 Satz 2 und 56 I LVwVfG; sog. Werbe-, Sondernutzungsverträge)und vergaberechtlich durch sog. Dienstleistungskonzessionenan private Werbeunternehmen vergeben (Text Rn 239 ff.). So bietet z. B. die bundesweit bekannte Firma Wall GmbH, 3ein deutsches (Filial-) Unternehmen der französischen JCDecaux SA Gruppe4mit Sitz in Berlin, den Städten und Gemeinden im Rahmen von Verträgen individuell konzipierte Stadtmöbel an, die sie kostenfrei installiert, reinigt und wartet („Alles-aus-einer-Hand-“ System). Das Unternehmen refinanziert die kostenfreien Produkte und Dienstleistungen über die Vermarktung der in die Stadtmöbel integrierten Werbeflächen. Darüber hinaus werden die Städte und Gemeinden an den Einnahmen der Außenwerbung beteiligt.
Außenwerbung kann auch – und dies nicht selten – in der Form des sog. wilden Plakatierens vorkommen,nämlich durch unbefugtes Anbringen von Plakaten auf dafür nicht vorgesehenen Flächen (Werbung in Form von bloßen Anschlägen). Diese Art von Werbung gehört bewusst nicht zu den Werbeanlagen im Sinne der LBO (§ 2 IX 3 Nr. 2 LBO). Sie ist dem allgemeinen Polizeirecht vorbehalten. Insoweit sind die Ortspolizeibehörden der Gemeindenin Baden-Württemberg ermächtigt, durch Polizeiverordnungen(§ 17 PolG 2020) 5und ggf. durch Einzelmaßnahmen(§§ 1 und 3 PolG 2020) dagegen einzuschreiten (Text Rn 39). Im Übrigen kann sich wildes Plakatieren strafrechtlichals Sachbeschädigungwegen unbefugter Veränderung des Erscheinungsbildes einer fremden Sache erweisen (§ 303 II StGB), was ordnungsrechtlich mit einer Störung der öffentlichen Sicherheit(§ 1 PolG 2020) verbunden ist. Und es kann zivilrechtlich Unterlassungs- bzw. Beseitigungsansprüche(§ 1004 BGB) begründen (vgl. Text Rn 40).
Eine besondere Art von Werbung ist das branchenüblich so bezeichnete Guerilla-Marketingvor allem als Marketing-Mix, dessen geistiger Vater der US-amerikanischen Marketing-Experte Jay C. Levinson 6ist. Damit werden ungewöhnliche Vermarktungsaktionen bezeichnet, die mit geringem Mitteleinsatz eine große (Werbe-) Wirkung versprechen (vgl. Text Rn 47). Es gibt darüber hinaus unterschiedliche Guerilla-Marketing-Taktiken, die von Mund-Propaganda bis hin zur Schleichwerbung reichen.
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