II. Das Gesellschaftsvermögen
1. Bisher: Gesamthandsvermögen
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Mit der Gründung einer Personengesellschaft wird ein Sondervermögen gebildet, das vom Privatvermögen der Gesellschafter streng zu trennen ist. Zu diesem Sondervermögen (= Gesellschaftsvermögen)gehört das, was die Gesellschafter als Beiträge geleistet haben, und die Gegenstände, die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworben worden sind (§ 718 BGB). Dazu können zählen: bewegliche Sachen, Grundstücke, Forderungen und sonstige Rechte aller Art. Die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Sachen und Rechte unterliegen einigen Sonderregelungen, die sich daraus ergeben, dass das Gesellschaftsvermögen nicht mehr dem unabhängigen und freien Willen des einzelnen Gesellschafters zur Verfügung stehen kann, sondern dem Gesellschaftszweck dienen soll und daher dem nach den gesetzlichen Vorschriften oder dem Gesellschaftsvertrag gebildeten Willen der Gesellschafter unterliegt.
Das Gesellschaftsvermögen ist Gesamthandsvermögen. Das heißt: Das Vermögen steht den Gesellschaftern in ihrer personenrechtlichen Verbundenheit in der Art zu, dass ein einzelner Gesellschafter über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und auch an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen nicht frei verfügen kann. Über das Gesellschaftsvermögen als Ganzes sowie auch über Teile des Gesellschaftsvermögens können nur alle Gesellschafter gemeinsam verfügen (§ 719 BGB). Da alle Gesellschafter als Gesamthänder – jeder vollständig und alle zugleich – die Gegenstände des gemeinschaftlichen Vermögens innehaben, gibt es keinen Bruchteil, der dem einzelnen Gesellschafter an einzelnen Gegenständen oder am Vermögen der Gesellschaft als Ganzem zusteht[2].
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Die Gesamthandsberechtigung des Gesellschafters, also die Mitinhaberschaft an den der Gesamthand zugeordneten Vermögensgegenständen setzt die Zugehörigkeit zur Gesellschaft voraus; sie kann ohne diese nicht fortbestehen. Wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen)nach § 738 Abs. 1 BGB den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern zu.
Beispiel:
Scheidet von drei gleich berechtigten Gesellschaftern einer aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Eindrittelanteil gem. § 738 Abs. 1 BGB nun – zu je einem Sechstel – den übrigen Gesellschaftern zu, so dass von diesen nun jeder einen Anteil von ein Halb inne hat.
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Wird ein neuer Gesellschafter durch Aufnahmevertrag in die Gesellschaft aufgenommen, so wird er mit dem Moment seines Eintritts in die Gesellschaft automatisch – durch „Abwachsung“ bei den Mitgesellschaftern – Mitberechtigter am Gesamthandsvermögen[3].
Beispiel:
Tritt in Fortführung des oben geschilderten Beispiels ein neuer Gesellschafter ein, der die gleichen Rechte wie die übrigen haben soll, so wächst ihm ein Drittel am Gesamthandsvermögen zu, das bei den anderen Gesellschaftern – zu je einem Sechstel – „abwächst“.
Es ist also stets zu unterscheiden zwischen dem Vermögen der BGB-Gesellschaft (Gesamthandsvermögen) einerseits und dem Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter andererseits. Die Vermögensgegenstände, die ein Gesellschafter in die Gesellschaft eingebracht hat, unterliegen nicht mehr seiner ausschließlichen Verfügungsgewalt. Die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstände stehen vielmehr den Gesellschaftern in der oben bezeichneten Weise gemeinschaftlich zu (§ 719 BGB).
Beispiel:
Hat ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der sich im Gesellschaftsvertrag verpflichtet hatte, einen ihm gehörenden LKW in die Gesellschaft einzubringen, diesen LKW der Gesellschaft wirksam übereignet, so gehört dieser LKW nicht mehr zu seinem Privatvermögen. Er ist nun Teil des Gesellschaftsvermögens. Inhaberin des Gesamthandvermögens ist die Gesellschaft selbst, jedenfalls soweit sie als Außengesellschaft rechtsfähig ist. Verfügungen erfolgen nur noch nach dem Willen der Gesellschaft, der nach den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlich vorgeschriebenen Regeln zustande kommt.
Der einzelne Gesellschafter ist nicht berechtigt, die Teilung des Gesamthandsvermögens zu verlangen (§ 719 Abs. 1 BGB).
2. Künftig: Gesellschaftsvermögen
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Rechtslage nach dem MoPeG:
Mit § 713 BGB-E wendet sich der Gesetzgeber von dem Gesamthandsmodell der §§ 718, 719 BGB ab und legt fest, dass die Beiträge der Gesellschafter sowie die erworbenen Rechte und begründeten Verbindlichkeiten (nur) unmittelbares Vermögen der GbR selbst sind. Dies ist eine Folge der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR durch den Gesetzgeber. Für die nicht rechtsfähige GbR wird in § 740 Abs. 1 BGB-E dagegen ausdrücklich angeordnet, dass diese kein Vermögen haben kann.
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Aus der Abschaffung der Gesamthand ergeben sich auch Folgen für das Zwangsvollstreckungsrecht. § 722 BGB-E ordnet entsprechend den §§ 124 Abs. 2, 129 Abs. 4 HGB die vollstreckungsrechtliche Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen an und stellt klar, dass für eine Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein gegen die GbR gerichteter Vollstreckungstitel die notwendige Voraussetzung ist (vgl. § 722 Abs. 1 BGB-E). Ein gegen alle Gesellschafter gerichteter Vollstreckungstitel soll, anders als bisher nach § 736 ZPO, nicht mehr zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen berechtigen. Eine Umschreibung des Vollstreckungstitels ist demnach nicht erforderlich, wenn keine Veränderung an Name, Sitz und Gesellschafterbestand der GbR eingetreten ist. Der nach § 722 Abs. 1 BGB-E erforderliche Titel berechtigt nicht zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschafter (vgl. § 722 Abs. 2 BGB-E). Zudem kann ein wegen einer Verbindlichkeit der GbR in Anspruch genommener Gesellschafter nach § 721b BGB-E entsprechend § 129 Abs. 1 bis 3 HGB die Einwendungen und Einreden sowie Gestaltungsrechte der GbR geltend machen.
III. Die Organisation der Gesellschaft
1. Die Geschäftsführung der Gesellschaft
a) Die Begriffe Geschäftsführung und Vertretung
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Die Gesellschaft als solche kann nicht handeln. Deshalb müssen Gesellschafter (natürliche Personen) für sie tätig werden. Bei der Tätigkeit für die Gesellschaft unterscheidet das Gesetz zwischen Geschäftsführung und Vertretung.
Unter Geschäftsführungist die auf die Verfolgung des Gesellschaftszweckes gerichtete Tätigkeit der Gesellschafter zu verstehen. Die Geschäftsführung kann bestehen in
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rein tatsächlichen Handlungen und |
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rechtsgeschäftlichen Handlungen. |
Beispiele:
für tatsächliche Handlungen, die Geschäftsführungstätigkeiten darstellen: Die Leitung eines Unternehmens, das in der Form einer Handelsgesellschaft betrieben wird; das Aufstellen von Bilanzen; die Kontrolle der Arbeitnehmer im Betrieb.
Beispielefür rechtsgeschäftliches Handeln, das Geschäftsführungstätigkeit darstellt: Der Abschluss von Arbeitsverträgen mit dem Personal; der Abschluss von Kaufverträgen betreffend den Einkauf und Verkauf von Waren im Namen der Gesellschaft.
Die zuletzt geschilderten Handlungen stellen allerdings nicht nur Geschäftsführungstätigkeiten dar. Es handelt sich gleichzeitig um Vertretungsmaßnahmen. Unter Vertretungsmaßnahmenversteht man die rechtsgeschäftlichen Erklärungen, die die Gesellschafter im Namen der Gesellschaft abgeben und entgegennehmen. Die Rechtsfolgen der Erklärungen treffen nach § 164 BGB die Gesellschaft, für die gehandelt wird und nicht die sie vertretenden Gesellschafter.
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