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Auch Kartelle, also privatrechtliche Zusammenschlüsse von selbstständigen Unternehmen, deren gemeinsamer Zweck es ist, die Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen, können in Form einer BGB-Gesellschaft begründet werden.
Beispiel:
Die Unternehmen A, B und C, die gleichartige und gleichwertige Waren herstellen und veräußern, vereinbaren, in Norddeutschland für ihre Produkte die gleichen Preise zu fordern. Hier wollen sich die Unternehmen A, B und C in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einem Kartell zusammenschließen.
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Zu beachten ist allerdings, dass mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungenerreicht werden soll, dass der Wettbewerb auf den Märkten erhalten bleibt und deshalb Beeinträchtigungen des Wettbewerbs verhindert werden, § 1 GWB.
In dem oben geschilderten Beispielist der beabsichtigte Zusammenschluss von A, B und C geeignet, die Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen. Er ist deshalb gem. § 1 GWB verboten. Entsprechende Verträge sind gem. § 134 BGB nichtig.
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Schließen Personen einen Vertrag ab, in dem sie sich zur Gründung einer Gesellschaft verpflichten (sog. Gründungsvorvertrag), so kann damit eine BGB-Gesellschaft entstehen.
Beispiele:
X, Y und Z vereinbaren, eine Bauträgergesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft zu gründen und in der nächsten Zeit alle Anstrengungen zu unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen. Es handelt sich bei dieser Vereinbarung um den Abschluss eines Vertrages, durch den eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsteht. Der gemeinsame Zweck im Sinne des § 705 BGB, der erreicht werden soll, ist die Gründung einer Kommanditgesellschaft als Bauträgergesellschaft.
Vereinbaren A, B und C, eine GmbH zu gründen, so bilden sie bis zum Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages der GmbH eine Vorgründungsgesellschaft in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft (s. dazu Rn. 724 ff.).
68
Als gemeinsamer Zweck, zu dessen Erreichung die Gesellschafter sich durch den Gesellschaftsvertrag zusammenschließen, kommt jeder erlaubte Zweckin Betracht. Dieser Zweck kann ein erwerbswirtschaftlicher oder ein ideeller sein. Eine Reihe von Gesellschaftszwecken erwerbswirtschaftlicher Art sind unter Rn. 61bereits aufgezählt worden.
69
Bei der Gründung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken hat der Gesetzgeber allerdings Grenzen gezogen. Ist der angestrebte gemeinsame Zweck der Betrieb eines kaufmännischen Gewerbes, so kann die Gesellschaftsform, in der dieser Zweck erreicht werden soll, nicht eine BGB-Gesellschaft sein. Eine Personengesellschaft kann ein kaufmännisches Gewerbe nur in den vom Gesetz dafür vorgesehenen Formen der OHG oder KG betreiben. Betreibt eine Personengesellschaft, die als BGB-Gesellschaft gegründet worden ist, ein Gewerbe, so wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, es sei denn, das Unternehmen erfordert keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbetrieb (§ 105 Abs. 1 u. § 1 Abs. 2 HGB).
70
Häufig werden BGB-Gesellschaften gegründet, um kulturelle oder gesellschaftliche Zwecke zu verfolgen. Es handelt sich dann um ideelle Zwecke.
Beispiele:
20 für das Theaterspiel interessierte Personen schließen sich mit dem Ziel zusammen, regelmäßig Theaterstücke zu proben und in jedem Halbjahr mindestens eine Aufführung zu veranstalten. Der Erlös soll caritativen Zwecken dienen. Es handelt sich hierbei um eine BGB-Gesellschaft.
Nachbarn, die sich zur Erlangung eines Preisvorteils für eine jährliche Heizölsammelbestellung zusammengeschlossen haben, können eine BGB-Gesellschaft bilden[6].
III. Der Gesellschaftsvertrag
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Eine BGB-Gesellschaft entsteht durch einen Gesellschaftsvertrag, in dem sich die Gesellschafter verpflichten, einen gemeinsamen Zweck zu erreichen. Die Gesellschafter fördern die Erreichung des gemeinsamen Zwecks insbesondere durch die Leistung der vereinbarten Beiträge. Die Verpflichtung der Gesellschafter, zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks zusammenwirken zu wollen, und eine Beschreibung der Art und Weise, wie das geschehen soll, bilden deshalb den Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrages. Bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages können die Gesellschafter in dem zulässigen Rahmen von ihrer Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen (vgl. Rn. 47 ff.).
2. Die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages
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Will man die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertragesbestimmen, so ist zu berücksichtigen, dass die Vertragschließenden
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sich einerseits zur Erbringung bestimmter Leistungen verpflichten, also eine Gläubiger- und Schuldnerstellungschaffen, |
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andererseits aber auch eine Gemeinschaft errichtenwollen, deren Mitglieder sie werden möchten. |
Daraus folgt: Der Gesellschaftsvertrag, durch den die BGB-Gesellschaft begründet wird, ist sowohl ein Schuldvertragals auch ein organisationsrechtlicher Vertrag, der auf die Gründung einer Personenvereinigung abzielt[7]. Der Gesellschaftsvertrag ist demnach ein schuldrechtlicher Vertrag, der einerseits die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter – wie z.B. die Beitragspflicht – regelt, andererseits aber auch Bestimmungen über die Organisation der Gesellschaft enthält.
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Soweit der Gesellschaftsvertrag ein schuldrechtlicher Vertrag ist, finden auf ihn nicht nur die allgemeinen Normen des BGB über Rechtsgeschäfte (1. Buch des BGB, Allgemeiner Teil), sondern auch die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts (2. Buch des BGB) grundsätzlich Anwendung. In Fällen, in denen ein Gesellschafter mit der Erfüllung von Mitgliedspflichten aus einem Leistungsverhältnis gegenüber der Gesellschaft in Verzug gerät, können z.B. Ansprüche aus §§ 280, 286 BGB entstehen.
Beispiel:
Mit einem Gesellschaftsvertrag i.S.d. § 705 BGB haben sich mehrere Gesellschafter zur Herstellung und Vervielfältigung eines mehrbändigen Nachschlagewerkes zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Im Gesellschaftsvertrag hat ein Gesellschafter die Vertriebspflicht als eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Leistung von Diensten i.S.v. § 706 Abs. 3 BGB übernommen, der er nur unzureichend nachgekommen ist. Es handelt sich um eine Pflichtverletzung, die bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 280 BGB zum Entstehen eines Schadensersatzanspruchs der Gesellschaft gegen den Gesellschafter führen kann, der seiner Verpflichtung nicht oder nur schlecht nachgekommen ist.
74
Bei der Anbahnung von Verhandlungen zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages kommt dadurch, dass sich die Verhandelnden Vertrauen entgegenbringen, ein vorvertragliches Schuldverhältnismit den daraus erwachsenden Verpflichtungen zustande (§ 311 Abs. 2 BGB). Schuldhafte Verletzungen vorvertraglicher Verhaltenspflichten können zur Entstehung eines Anspruches aus culpa in contrahendo(§§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) auf Ersatz des Vertrauensschadens führen[8]. Der Gesellschaftsvertrag ist allerdings kein Austauschvertrag, weil die Gesellschafter sich zusammenschließen, um durch ihr Zusammenwirken einen gemeinsamen Zweck zu erreichen, nicht aber, um Leistungen auszutauschen. Es fehlt auch die synallagmatische Verknüpfung von Leistungspflichten. Wenn aber die Verpflichtung zur Förderung des gemeinsamen Zweckes im Vordergrund steht, so ist damit im Grundsatz unvereinbar, dass ein Gesellschafter gem. §§ 320 ff. BGB die eigene Einlageleistung von dem Erbringen der anderen Beiträge abhängig macht.
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