ARNIKA
Königin der Heilpflanzen
Johannes Wilkens
Frank Meyer
Ruth Mandera
ARNIKA
Königin der
Heilpflanzen
Inhalt
Einführung
Alltägliche Arnikageschichten
Arnikawiesen am Sitz der Götter
Ein goetheanistischer Blick auf die Arnika
Die Arnika – eine Königin und ihr botanischer und geografischer Umkreis
Die Korbblütler
Amerika – der Kontinent der Arnikas
Amerikanische Arnikas – Heilpflanzen der Indianer
Die Fähigkeiten der Arnica montana
Gestalt und Entwicklung der einzelnen Pflanzenteile
Die Bildung von ätherischen Ölen
Das Wesentliche der Arnika
Polarität …
… und Steigerung
Pflege und Anbau
Die Verwandten der Arnika
Ringelblume (Calendula officinalis)
Kamille (Matricaria recutita, früher Matricaria chamomilla)
Sonnenhut (Echinacea-Arten)
Gänseblümchen (Bellis perennis)
Löwenzahn (Taraxacum officinale)
Wegwarte (Cichorium intybus)
Disteln
Mariendistel (Silybum marianum, früher Carduus marianus)
Eselsdistel (Onopordum acanthium)
Artischocke (Cynara cardunculus subsp. flavescens, früher Cynara scolymus)
Benediktenkraut, Benediktendistel, Bitterdistel (Cnicus benedictus)
Edelweiß (Leontopodium nivale)
Arnika – Geschichte und Mythos
Die Arzneigeschichte der Arnika
Die Namensgebung
Wolfsblume Arnika
Sonnentier Wolf
Heilen mit der Arnika
Goethes Krankengeschichte als Vorbild der Arnikawirkungen
Wirkstoffe der Arnika
Arnika in der Pflanzenheilkunde
Eine Fallgeschichte
Selbstversuch mit Arnikatee
Arnika in der Homöopathie
Ergebnisse der Arzneimittelprüfung
Ein historischer Fall
Wissenschaftliche Untersuchungen zur homöopathischen Anwendung von Arnica montana
Arnika bei Schädigungen von Wirbelsäule und Bandscheiben
Arnika (und Brennnessel) bei Verbrennungen
Arnika bei entzündlichen Erkrankungen
Die Bedeutung der Arnika bei Blutern
Arnika beim psychischen Trauma
Arnika in der Anthroposophischen Medizin
Strukturgebung für das Nervensystem
Arnika und Gold
Arnika beim Herzinfarkt
Arnika beim Schlaganfall
Arnika bei multipler Sklerose
Arnika und die Honigbiene bei Nervenentzündungen und -schmerzen
Arnika bei Hirntumoren
Arnika und Auge
Arnika bei und nach Impfungen
Arnika und Arseneisen bei Muskeldystrophie
Epilog
Literatur
Bildnachweis
Autoren
Stichwortverzeichnis
Einführung
Arnika
Wo über mächt’ges Felsgestein
Der wilde Bergfluss jagt,
Und seiner Quellen Heimatort
»Leb wohl auf immer« sagt,
Wo tosend er in grauser Schlucht
Dem tiefen Abgrund nah –
Still trauernd wiegt im Wind ihr Haupt
Die gold’ne Arnika.
Dort, wo der Menschen Lieb’ und Hass
Nicht lodert hoch empor,
Dort, wo die Ruh’ ohn’ Unterlass
Zaub’risch umspinnt das Ohr –
Da trägt zu des Gebirges Ruhm
Dem blauen Himmel nah,
Ein Festgewand im Heiligtum
Die gold’ne Arnika.
Emil Schlegel (1852–1934)
Alltägliche Arnikageschichten
Die Triathleten hatten ihre Übungsstunde im Wasser beendet und betraten nun wieder den festen Boden. Ich bewunderte ihre Kraft und Ausdauer, ließ mich aber selbst gerade passiv von der Sonne bescheinen und genoss den Tag. Mein kleiner Sohn tauchte und schwamm im Wasser. Als er dann zu mir zurückeilte, stürzte er heftig und verletzte sich an der rechten Wade. Noch ehe ich mich erschrocken aufraffte und zu ihm eilte, war bereits einer der Triathleten zu ihm gerannt: »Hier, nimm Arnikaglobuli, dann wird es wieder.«
Meine Freundin konnte es nicht lassen. In der Fußgängerzone begrenzten Steinpolder im Abstand von einem Meter den Weg. Es war ihr ein Vergnügen, von Polder zu Polder zu springen, sie sang und sprang. Dann geschah doch das, was ich befürchtet hatte. Sie stürzte kopfüber mit der Stirn auf das Pflaster. Die Beule an ihrer Stirn wuchs in Sekunden an und hatte schnell die Größe von einem kleinen Ei erreicht. Arnica D30 hatte ich dabei. Sie nahm sofort ein paar Globuli davon, und verblüfft konnte ich zuschauen, wie die Schwellung sich binnen weniger Minuten fast komplett zurückbildete. Auch einen Tag später zeigte sich nur im Ansatz ein Bluterguss. Wer so etwas nicht selbst gesehen hat, der glaubt es nicht. So dachte ich schon damals, lange Zeit vor meinen wissenschaftlichen Forschungen zur Arnika.
Bei einem Patienten war es wieder passiert. Dabei hatte er sich von seinem Schlaganfall so gut erholt. Nach einem Sturz war erneut eine große Blutung im Gehirn aufgetreten. In der Klinik war man zögerlich und entschloss sich, erst einmal abzuwarten und zu beobachten. Ich riet dazu, täglich Arnika-Wundtücher (WALA) auf den betroffenen Schläfenbereich aufzulegen. Ergebnis der Kontrolle nach sieben Tagen: Hämatom komplett resorbiert.
Drei typische Arnikageschichten. Keine andere homöopathische Arznei hat so schnell den Weg in die moderne Hausapotheke gefunden wie Arnika. Keine andere Arznei ist so populär und wird von fast jeder Mutter in der Tasche mitgeführt. Arnika ist vielen Menschen ein Begriff beziehungsweise wieder ein Begriff geworden. In den Reformhäusern und Apotheken schmückt ihr Bild so manchen
Artikel: Shampoo, Fußbäder, Massageöle und viele weitere weisen als Inhaltsstoff Arnikaauszüge auf.
Viele der alten Bauersfrauen aus dem Frankenwald und dem nahegelegenen Fichtelgebirge kennen sie aus eigener Anschauung und haben früher selbst Arnika in Alkohol eingelegt. Noch vor fünfzig Jahren gab es Wiesen, die in Gänze mit Arnica montana besiedelt waren. Arnika aus dem Fichtelgebirge galt zur damaligen Zeit in Deutschland als die arzneikräftigste. Das ist inzwischen Legende. Sie ist fast vollständig aus dem hiesigen Gebiet verschwunden, und nur der Kenner weiß noch kleine Standorte zu nennen; Überdüngung und andere Nebenerscheinungen der modernen Landwirtschaft haben sie von ihren alten Standorten verbannt.
Es ist eine gegenläufige Entwicklung zu beobachten: Je seltener Arnika infolge der modernen Landwirtschaft und der Industrialisierung geworden ist, desto mehr wird sie für die Zivilisationskrankheiten des Menschen benötigt. Sie ist tatsächlich eine Heilpflanze für die heutige Zeit: Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Unfallfolgen, Nervenerkrankungen gehören zu ihrem Heilrepertoire – alles Krankheiten der stressreichen heutigen Zeit.
In allen komplementärmedizinischen Richtungen nimmt die Arnika einen Stammplatz ein: Die Phytotherapie setzte sie bevorzugt bei Herzkrankheiten ein, die Homöopathie betont seit Hahnemanns Zeiten ihre Heilkraft bei Unfallfolgen, die Anthroposophische Medizin bedient sich ihrer zusätzlich für Nervenschädigungen in Rückenmark und zentralem Nervensystem. Man kann sich fragen, wie das möglich ist: Eine Pflanze heilt zugleich Rhythmusstörungen des Herzens, Nervenschwäche und Verletzungen der Blutgefäße. Was verbirgt sich hinter diesem »Mixtum compositum«, wie Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophischen Medizin, die Arnika einmal in einem Kurs für Mediziner bezeichnet hatte (Vortrag vom 2. 1. 1924)?
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