61Für gemeinnützige Vereinei. S. v. §§ 51 ff. AO können mit der Vermittlung von Tieren gegen eine Schutzgebühr auch steuerliche Risiken verbunden sein. Nach einer Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 18.4.2011 110kann die entgeltliche Vermittlung von Tieren ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. v. § 65 AO sein, der nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs i. S. v. §§ 66-68 AO erfüllt. Folge ist unter anderem, dass die Einnahmen aus der Schutzgebühr nicht mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 a) S. 1 UStG besteuert werden, sondern dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen. Das Gericht nimmt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der nicht Zweckbetrieb ist, an, wenn die Vermittlung von Tieren nicht das einzige und unentbehrliche Mittel ist, den steuerbegünstigen Zweck zu erreichen. 111Dem kann man durch eine entsprechende Gestaltung der Satzung entgegenwirken. Des Weiteren hat das FG Baden-Württemberg 112seine Rechtsauffassung im Entscheidungsfall auf die Erwägung gestützt, der Verein trete mit nicht begünstigten Unternehmen in größerem Umfang in Wettbewerb, als dies für die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. 113Das Gericht hat dies ohne Weiteres angenommen, weil der Verein durch die entgeltliche Vermittlung von Tieren in Konkurrenz zu Tierhändlern trete. Hierzu ist nicht der Nachweis erforderlich, dass der Verein tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Unternehmen derselben oder ähnlicher Art tritt. 114Viele Tierschutzvereine bemühen sich, alte, kranke oder körperlich behinderte oder beeinträchtigte Tiere zu vermitteln. Für solche Tiere gibt es keinen Markt. Eine abstrakte Wettbewerbssituation mit Tierhändlern ist ausgeschlossen. Bei gesunden und jungen Tieren stellt sich die Situation möglicherweise anders dar. Nach einer Verfügung der OFD Frankfurt am Main v. 9.8.2005 115sind die Aufnahme von Fundtieren durch ein Tierheim gegen eine jährliche Pauschalvergütung der Kommune, die Aufnahme von Abgabetieren gegen Entgelt und die Abgabe von Tierheimtieren gegen eine nach Art, Alter und Abstammung gestaffelte Vermittlungsgebühr als steuerlicher Zweckbetrieb i. S. v. § 65 AO zu beurteilen. Die Entgelte unterliegen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 a S. 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
62Das FG Nürnberg hat demgegenüber mit Urteil v. 21.1.2020 116entschieden, dass die Vermittlung von Tieren durch einen Tierschutzverein Zweckbetriebi. S. v. § 65 AO ist. Im Urteilsfall war die Vermittlung von Tieren in der Satzung ausdrücklich als satzungsgemäßer Zweck des Vereins festgelegt, weshalb das Gericht die Vermittlung als unentbehrliches und einziges Mittel zu Erreichung des Vereinszwecks angesehen hat. 117Das Gericht hatte zudem Zweifel, dass eine Wettbewerbssituation bestand, weil sich der Verein an einen anderen Interessentenkreis richtete als gewerbsmäßiger Tierhändler oder -züchter. Selbst wenn eine solche Wettbewerbssituation bestehe, sei diese unvermeidbar und stehe deshalb der Annahme eines Zweckbetriebs nicht entgegen. 118Das FG Nürnberg hat im Hinblick auf die Entscheidung des FG Baden-Württemberg 119die Revision zugelassen. Die Revision ist unter dem Aktenzeichen XI R 4/20 beim BFH anhängig.
63 c) Informationspflichten.§ 21 Abs. 5 Nr. 1 regelt Informationspflichten des Händlers bei der erstmaligen Abgabe eines Wirbeltieres an den künftigen Tierhalter. Die Information ist schriftlich zu erteilen. Sie soll den künftigen Halter über die wesentlichen Bedürfnisse des Tieres i. S. v. § 2 Nrn. 1 und 2 unterrichten. Die Informationspflicht gilt nicht für den Handel mit landwirtschaftlichen Nutztieren. Die nachhaltige Verletzung dieser Pflicht kann die Zuverlässigkeit des Händlers in Frage stellen.
7.Buchst. c) – Unterhaltung eines Reit- und Fahrbetriebes
64Reitbetriebe sind Betriebe, die Pferde oder andere zum Reiten geeignete Tiere wie Esel oder Kamele dem Reiter gegen Entgelt zur Verfügung stellen, vgl. AVV 12.2.1.5.2. Die Nutzung der Tiere zum Reiten oder Fahren muss gerade der Gegenstand der Überlassungsein. 120Das Anbieten von Ponyreiten gegen Entgelt im Rahmen von Kindergeburtstagen und anderen Veranstaltungen unterliegt der Erlaubnispflicht. 121
65Ebenfalls erlaubnispflichtig ist die Bereitstellung von Pferden im Rahmen eines Reitschulbetriebs, wobei es unerheblich ist, ob die Überlassung von Reitpferden an andere ohne nennenswerte Unterweisung des Reiters erfolgt, welche Qualität die mit der Überlassung von Reitpferden erfolgende Unterrichtserteilung oder sonstige Unterweisung hat oder ob die angebotene Tätigkeit eigene reiterliche Fertigkeiten des Unterrichtenden bzw. desjenigen, der die Reittiere überlässt, erfordert. 122Diese Wertung hat auch Konsequenzen für die Anforderungen an die Sachkunde des Betreibers eines Reitbetriebs, der ausschließlich die tierschutzrelevanten Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen muss, die für den tierschutzgerechten Einsatz von Tieren als Reittiere zum konkreten Zweck erforderlich sind. Dagegen muss der Betreiber auch dann keinerlei fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf Reitausbildungnachweisen, wenn er mit der Überlassung der Reittiere Reitunterricht anbieten will. 123Reitbetrieb ist ebenso ein Reitverein, der dem seinem eigentlichen Vereinszweck auch Dritten gegen Entgelt Reitpferde regelmäßig überlässt, AVV 12.2.1.5.3. Die Überlassung von Reittieren für Aufzüge (Karneval) oder kulturelle Veranstaltungen ist nicht gemäß Nr. 8 c) erlaubnispflichtig. 124
66Fahrbetriebe sind Betriebe, bei denen Reit- oder Zugtiere insbesondere zum Ziehen von Fahrzeugen jeder Art, insbesondere auch von Kutschen, genutzt oder überlassen werden. 125Die Erlaubnispflicht gilt damit auch für Betriebe, die mit Rückepferden Waldarbeiten durchführen.
67Die Schwelle der Gewerbsmäßigkeit liegt vergleichsweise niedrig. Nach AVV 12.2.1.5.3 ist diese in der Regel anzunehmen, wenn mehr als ein Tier regelmäßig gegen Entgelt für Reit- oder Fahrzwecke bereitgehalten wird; einschränkend Lorz/Metzger, Rn. 29 für Betriebe, die steuerlich als Liebhabereizu qualifizieren sind, weil kein Totalgewinn erwirtschaftet wird.
8.Buchst. d) – Zurschaustellen von Tieren
68 a) Zurschaustellen.Die Erlaubnispflicht betrifft insbesondere Zoos, Zirkusunternehmen und Tierschauen aller Art wie Rodeo-Veranstaltungen, 126„Mäusestreichelzoo und Mäuseroulette“, 127aber auch das Mitführen von Tieren zum Sammeln von Spenden, AVV 12.2.1.5.4 AVV. Tierzuchtausstellungen auf der Grundlage des TierZG, Tiersportveranstaltungen, Leistungsprüfungen von Tierzuchtverbänden oder Tierbewertungsschauen sollen wegen fehlender Gewerbsmäßigkeitnicht der Erlaubnispflicht unterliegen, AVV 12.2.1.5.4. Dies dürfte in dieser Allgemeinheit angesichts der geringen Anforderungen der Rechtsprechung an das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit bzw. das Vorliegen von Gewinnerzielungsabsicht – z. B. Bemessung des Eintrittsgelds an Marktpreise, Erwirtschaftung eines Kostenüberschusses – nicht gelten. Vielmehr wird man wie auch sonst bei der Abgrenzung zwischen gewerbsmäßigem und nicht gewerbsmäßigem Zurschaustellen auf die Umstände des Einzelfall abstellen müssen.
69Der Erlaubnistatbestand nach Nr. 8 d) erfasst sämtliche Tierarten, also auch Wildtiere.128Nr. 8 d) soll wie andere Erlaubnistatbestände sicherstellen, dass derjenige, der Tiere zur Schau stellt, über die erforderliche tierartspezifische Sachkunde und Zuverlässigkeit verfügt und angemessene Räume und Einrichtungen für die zur Schau gestellten Tiere vorhanden sind. Insbesondere muss die Unterbringung von Wildtieren unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Lebensbedingungen und Lebensumstände verhaltensgerecht sein. 129Maßstab für die in jedem Einzelfall festzustellenden Verhaltensbedürfnisse eines Tieres ist das Verhalten, das von Tieren gleicher Art und Rasse unter den natürlichen Bedingungen eines Lebens in Freiheit und nicht unter den derzeitigen von Menschen geprägten Bedingungen gezeigt wird. Eine in diesem Sinne verhaltensgerechte Unterbringung eines Tiers liegt nicht schon dann vor, wenn es zwar überleben kann und ihm keine Leiden, Schmerzen oder Schäden zugefügt werden, das Tier seine angeborenen bzw. natürlichen Verhaltensmuster aber soweit an seine konkreten Haltungsbedingungen anpassen muss, dass es mit seinen wildlebenden Artgenossen nicht mehr viel gemeinsam hat. 130
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