»Ja! Ich würde mich sehr freuen!«, erwiderte Grimzhag.
»Gut!«, murmelte der Hobgoblin und verbeugte sich erneut. Dann verabschiedete er sich von dem jungen Brüller und verließ kurz darauf den Saal. Grimzhag, Zugrakk, Soork und einige Wachen sahen dem hageren Steppengoblin hinterher, bis er aus der Tür hinausgegangen war.
»Grashrakk Khan will mit uns ein Bündnis schließen? Damit hätte ich nicht gerechnet«, wunderte sich Soork.
»Der will uns bloß abzocken! Hobgoblins sind betrügerische Snags. Das weiß doch jeder!«, knurrte Zugrakk.
Missmutig fuhr ihm sein Freund in die Parade. »Wir sollten den Hobgoblins eine Chance geben. Ich habe nichts gegen ein Bündnis mit Grashrakk. Immerhin ist er der mächtigste Häuptling des Ostens. Wir haben doch auch die Krummaggoblins schon seit vielen Sonnenzyklen als treue Waffenbrüder. Warum sollte es bei diesen Hobgoblins anders sein?«
»Ach!«, stieß Zugrakk aus. »Goblins sind zwar auch listige, kleine Snags, aber diese Hobgoblins sind die geborenen Verräter, Grimzhag. Niemand sollte ihnen trauen. Die planen immer irgendeine Gemeinheit. Das ist jedenfalls meine Meinung.«
»Du solltest dich wirklich langsam einmal bemühen, endlich ein weltoffener und toleranter Ork zu werden. Diese Engstirnigkeit ist doch überholt. Umso größer unser Reich wird, umso mehr kommen wir in Kontakt mit fremden Stämmen und Kulturen. Ich finde das toll.«
»Da hat man zumindest mehr Abwechslung und muss nicht immer die gleichen Gnoggfressen erschlagen. Da haste wohl Recht!«, grunzte Zugrakk hämisch.
»Wir müssen unsere kleine Welt überwinden und unsere Klauen all unseren grünen Brudervölkern reichen!«, dozierte Grimzhag.
Zugrakk schnaufte genervt und würgte lautstark. »Ich kann diese Ostsnags halt nicht leiden und dabei bleibt’s!«
Das Bündnisangebot und der bevorstehende Besuch des Khans hatten Grimzhag in höchstem Maße beflügelt. Mehrere Hundert Grünhäute, vor allem Goblins, errichteten nun im Auftrag ihres ambitionierten Herrn weitere Häuser rund um den Palast und sorgten dafür, dass Karokum wuchs. Nichtsdestotrotz war Grimzhags Hauptstadt jedoch nach wie vor eine einzige große Baustelle in der Steppe und man hatte den Eindruck, dass es noch ewig dauern würde, bis der Begriff »Hauptstadt« wirklich angemessen war.
Wenn sich der junge Brüller nicht gerade damit beschäftigte, die Bauarbeiten zu inspizieren, dann befasste er sich mit organisatorischen und militärischen Dingen. So wurden die in Chaar-Ziggrath befreiten Grauaugen weiterhin in der Kriegskunst und außerdem von einem Stab aus Geistesbegabten in orkischer Geschichte geschult. Die Besten der Grauäugigen sollten eines Tages Grimzhags Hordenführer und vor allem Provinzverwalter werden. Dazu hatte dieser extra einen Hort der Weisheit – bei den Menschen hätte man von einer Universität gesprochen – im Zentrum der alten Khuzbaathhauptstadt einrichten lassen.
Aber auch die gewöhnlichen Orks und Goblins wurden sowohl in der Ebene von Ruuth als auch in Karokum regelmäßig zu Wehrübungen herangezogen, um die Kampfkraft der Horde nicht erlahmen zu lassen.
Währenddessen verwandelten sich Chaar-Ziggrath, Khumalak und einige weitere Kleinstädte, die einst den Khuzbaath gehört hatten, langsam in blühende Orksiedlungen. Zu Tausenden zogen die Grünhäute in die leerstehenden Häuser, deren Bewohner einst ihren Schwertern zum Opfer gefallen waren. Der nördliche Teil von Chaar-Ziggrath war den Cramogg vorbehalten, die dort wohnen und die Jungorks aufziehen konnten. Sie lebten, wie überall sonst auch, streng von den Kriegern abgeschottet.
Eine derart hochentwickelte Organisation wies kaum ein anderes Orkreich auf und Grimzhag hatte noch viel weitreichendere Pläne. Die unter seiner Herrschaft zusammengeführten Grauaugen hatten von ihm den Befehl bekommen, so viele Nachkommen wie möglich zu zeugen, damit sich ihre Anzahl so schnell es ging wieder vermehrte. So wurde eine jede Paarungszeit für die Besten der Grünhäute zum »Dienst am Orkvolk«, wie es Grimzhag formulierte.
Er selbst hatte allerdings kaum Zeit, sich um seine beiden Jungorks im Cramogglager von Karokum zu kümmern. Das Gleiche galt für die beiden Brüterinnen, die seinen Nachwuchs auf die Welt gebracht hatten. Lazuku, von welcher er selbst vor nunmehr fast vierunddreißig Sonnenzyklen ausgebrütet worden war, hatte ihn allerdings mehrfach in seinem Herrscherhaus besuchen dürfen. Sie war unglaublich stolz auf ihren Sprössling, der sich zu einem richtigen König entwickelt und schon jetzt mehr erreicht hatte, als die meisten seiner Mitorks. Als besonderes Privileg wurde es Lazuku sogar gestattet, einen ganzen Tag im Palast zu bleiben. Das war für die inzwischen runzlig gewordene Brüterin ein unvergessliches Erlebnis und sie kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, als ihr Grimzhag von seinen Feldzügen und Heldentaten erzählte. Liebevoll nannte sie ihren Sohn von nun an ihren »kleinen Schlächter« und kehrte schließlich vor lauter Rührung fiepend ins Cramogglager zurück, um dort bei der Aufzucht der nächsten Orkgeneration zu helfen.
Mehrere Monate vergingen und Grimzhag organisierte und plante ohne Pause. Er erließ Gesetze, die das Leben in seinem Reich regelten, kümmerte sich um den Aufbau seiner Steppenstadt und gönnte sich keine Ruhe. Zugrakk und Soork waren in dieser Zeit häufig bei ihm, genau wie sein Freund Artux von den Agram, Skarnak von den Krummag und eine Reihe junger Grauaugenkrieger, die auf eine Karriere im Dienste ihres Königs hofften.
Schließlich kam Grashrakk nach Karokum, um mit Grimzhag persönlich zu sprechen. Der Khan reiste mit einer großen Gruppe Leibwächter sowie seinen ranghöchsten Schamanen an und ließ sich von seinem Gastgeber begeistert durch den kleinen Teil der Orkhauptstadt führen, der bereits fertiggestellt war. Der Häuptling der Mazauk selbst hatte sich sehr auf diesen Staatsbesuch gefreut, denn nun konnte er ein Bündnis mit dem einflussreichsten Stammesführer der östlichen Steppen eingehen.
Obwohl Karokum noch immer eine einzige Baustelle war, versuchte Grimzhag seinen Gast aus den östlichen Steppen so gut es ging zu beeindrucken. Hunderte von Orkkriegern hatten als lange Reihe vor dem Haupteingang des Königshauses Spalier gestanden und ihre Speere hochgehalten, als Grashrakk Khan mit seinem Gefolge angerückt war. Das hatte imposant und zugleich respekteinflössend ausgesehen, meinte Grimzhag, der den Khan nun in seiner Thronhalle willkommen hieß. An den Wänden kündeten bunte Malereien von Grimzhags glorreichem Sieg über die Khuzbaath, genau wie eine Vielzahl von Trophäen und erbeutete Banner und Standarten.
Inzwischen saßen Grashrakk und seine Leibwächter, alles gut bewaffnete Hobgoblins in Lederrüstungen mit matt glänzenden Eisenhelmen oder breiten Fellmützen, zu Tisch und schlangen das saftige Ruumphfleisch auf den großen Tellern hinunter. Grimzhag und seine Mazaukkrieger taten es ihnen gleich und so erfüllte ein emsiges Schmatzen und Schwatzen die von zahlreichen Fackeln erhellte Halle.
»Sehr salzig und sehr schmackhaft!«, rief Grashrakk mit halb vollem Mund in die gefräßige Runde und grinste.
»So bereiten wir Mazauk unser Ruumphfleisch seit Generationen zu. Immer schön viel Salz, dann schmeckt es besonders gut«, meinte Grimzhag und hob sein Trinkhorn.
Kurz darauf stand der Khan von seinem Platz auf und ging zu der riesigen Wandmalerei am anderen Ende der Halle herüber, um sie genauer in Augenschein zu nehmen. Er schmunzelte.
»Eine wundervolle Arbeit, großer König. Ha! Diese Kleinwüchsigen haben alle die Köpfe verloren. So gehört sich das!«, stieß Grashrakk schadenfroh aus. Alle Anwesenden lachten laut durcheinander.
»Ohne Kopf sehen die hässlichen Snagschnauzen einfach besser aus«, bemerkte Zugrakk und einige Hobgoblinköpfe schwenkten blitzartig in seine Richtung.
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