Beachten Sie, dass im Rahmen der Prüfung dieser Folgemaßnahmen – im Gegensatz zur obigen Darstellung – ein rechtmäßiger Planaufstellungsbeschluss erforderlich ist.
b) Umweltprüfung und Umweltbericht
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Sofern die Gemeinde den Bebauungsplan im regulären Verfahren nach §§ 2 ff. BauGB aufstellt, muss sie gemäß § 2 Abs. 4 BauGB eine Umweltprüfung[13]durchführen. § 2 Abs. 4 BauGB konkretisiert die Belange der Verfahrensgrundnorm (§ 2 Abs. 3 BauGB).[14] Es sollen die gemäß §§ 1 Abs. 6 Nr. 7, 1a BauGB voraussichtlich erheblich Umweltauswirkungen ermittelt, beschrieben und bewertetwerden, § 2 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 BauGB. In die Planung ist einzustellen, was nach Lage der Dinge bedeutsam ist.[15] Was einzustellen ist, liegt im Ermessender Gemeinde, denn gemäß § 2 Abs. 4 S. 2 BauGB legt die Gemeinde für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung für eine ordnungsgemäße Abwägung erforderlich ist ( Scoping). § 2 Abs. 4 S. 3 BauGB legt hierfür den Maßstabfest. Die Umweltprüfung bezieht sich hiernach auf das, was nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft und anhand anerkannter Prüfungsmethoden angemessener Weise verlangt werden kann.
119
Gemäß §§ 2 Abs. 4 S. 1 BauGB sind die Ergebnisse der Umweltprüfung in einem Umweltberichtzu dokumentieren. Bei diesem Umweltbericht handelt es sich gemäß § 2a S. 3 BauGB um einen gesonderten Teil der Begründung des Bauleitplans.
Hinweis
Erlässt die Gemeinde den Bebauungsplan im vereinfachten oder im beschleunigten Verfahrenentfällt die Umweltprüfung (§ 13 Abs. 3 BauGB bzw. § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB).
§ 2 Abs. 4 S. 4 BauGBstellt klar, dass das Ergebnis der Umweltprüfung in der nachfolgenden Abwägung zu berücksichtigen ist. Dies folgt bereits aus dem Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB sowie aus der Verfahrensgrundnorm des § 2 Abs. 3 BauGB.[16] Verstößt die Gemeinde gegen § 2 Abs. 4 BauGB, ist dies zugleich ein Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB(s. Übungsfall 1).
Beispiel
Beim Scoping verkennt die Gemeinde A, dass für die beabsichtigte Planung eine umfangreiche Ermittlung der umweltbezogenen Auswirkungen auf Mensch und seine Gesundheit sowie auf die Bevölkerung insgesamt notwendig ist (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 lit. c BauGB).
Die Gemeine A hat die Erforderlichkeit, in welchem Umfang und Detailierungsgrad dieser Belang des Umweltschutzes zu ermitteln ist, nicht zutreffend festgelegt. Sie verstößt daher sowohl gegen § 2 Abs. 4 S. 2 wie auch gegen § 2 Abs. 3 BauGB.
Fehlerfolgen: Da die Gemeinde im Falle eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 4 BauGB auch § 2 Abs. 3 BauGB verletzt, besteht die Rechtsfolge eines Verstoßesin der Beachtlichkeitgemäß § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB. Es kann jedoch eine Heilungnach § 215 Abs. 1 Nr. 1 und § 214 Abs. 4 BauGB erfolgen.
Fehlt die Umweltprüfung oder der Umweltbericht ganz, so liegt ein nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 und Nr. 3 Hs. 3 BauGB beachtlicher Verstoß vor.[17] Verletzt werden sowohl die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB als auch diejenigen über die Begründung der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Abs. 2 und 9 Abs. 8 BauGB.[18] Unbeachtlich ist gemäß § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 letzter HS BauGB eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht, wenn die Begründung nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist.
c) Öffentlichkeits-/Behördenbeteiligung, §§ 3, 4 BauGB
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Das Verfahren der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ist zweistufigausgestaltet. Auf der ersten Stufe steht die frühzeitige, §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 BauGB, und auf der zweiten Stufe die formelle Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung, §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 BauGB.
aa) Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung, § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB
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Die Öffentlichkeit ist gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB grundsätzlich[19] möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung und deren voraussichtliche Auswirkungen öffentlich zu unterrichten. Die allgemeinen Ziele und Zwecke müssen bereits so weit entwickelt sein, dass sie einen gewissen Reifegradbesitzen (Vorstellungsreife).[20]
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Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung verfolgt mehrere Zwecke:[21] Primärdient sie, vgl. § 4a Abs. 1 BauGB, der vollständigen Ermittlung und der zutreffenden Bewertung der von der Planung berührten Belange. Die Gemeinde beschafft und vervollständigt das notwendige Abwägungsmaterial.[22] Sie erhält Kenntnis von den Wünschen und Befürchtungen der betroffenen Bürger. Weiterhin werden die Bürger aktiv in den Prozess der Vorbereitung politischer (Planungs-)Entscheidungen einbezogen, so dass die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung auch einen demokratischen Zweck verfolgt. Da die Gemeinde als Satzungsgeber auch grundrechtlichen Schutzpflichten unterliegt, erfüllt die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung auch eine Rechtsschutzfunktion.
Zur Öffentlichkeitzählt jedermann, der ein Interesse an der Bauleitplanung hat.
Frühzeitigist die Öffentlichkeitsbeteiligung, wenn die Planinhalte noch nicht verfestigt sind.
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Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung hat öffentlichzu erfolgen. Die Gemeinde kann nach eigener Entscheidung die Planung z.B. in öffentlichen Veranstaltungen oder Ausstellungen vorstellen. Das Kriterium „öffentlich“ ist jedoch verletzt, wenn die Gemeinde nur die planbetroffenen Bürger unterrichtet. Im Hinblick auf die Gelegenheit zur Äußerung und Erörterunggemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BauGB hat der Bürger keinen Rechtsanspruch dahingehend, dass dies in Form einer öffentlichen Versammlung erfolgt. Es besteht lediglich ein Anspruch auf eine persönliche Anhörung.
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Gegenstandder Unterrichtung und Anhörung können Informationen vor allem aus der ersten Fassung der Begründung des Planaufstellungsbeschlusses gemäß § 2a BauGB sein, sofern die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Planaufstellungsbeschluss stattfindet.
Nicht erforderlichist eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung in den Fällen des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr 1 und Nr. 2 BauGB: Eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung kann unterbleiben, wenn nach § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies nicht oder nur unerheblich auf das Plangebiet und seine Nachbargebiete auswirkt. Eine Entbehrlichkeit ist ferner gegeben, wenn die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf einer anderen Grundlage erfolgt ist, vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB.
Sollte die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer wesentlichen Änderung des Planentwurfs führen, so muss sie nicht erneut durchgeführt werden. Dann muss eine öffentliche Auslegung i.S.d. § 3 Abs. 2 BauGB wegen § 3 Abs. 1 S. 3 BauGB erfolgen.
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Ein Verstoßgegen § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB ist gegeben, wenn die Gemeinde bestimmte Planungsalternativen verwirft, bevor die Öffentlichkeit Gelegenheit hatte sich zu äußern.[23]
Unterstreichen Sie sich in Ihrem Gesetzestext bei § 214 Abs. 1 S. 1 BauGB nach der Nennung des „§ 3 BauGB“ den „Abs. 2“.
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