Fehlerfolgen: Die Rechtsfolge eines Verstoßes besteht in der Unbeachtlichkeit, da in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB zwar § 3 BauGB, jedoch nur Abs. 2 und nicht Abs. 1 genannt ist.
bb) Frühzeitige Behördenbeteiligung, § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB
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Die frühzeitige Behördenbeteiligunggemäß § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB setzt voraus, dass diejenigen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange entsprechend § 3 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BauGB, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden, am Verfahren der Bauleitplanung beteiligt werden. Auch die frühzeitige Behördenbeteiligung verfolgt einen doppelten Zweck:[24] Zum einen dient sie der Vervollständigung des Planmaterials, so dass gemäß § 1 Abs. 7 BauGB alle von der Bauleitplanung berührten Belange erfasst und bewertet werden können, zum anderen haben die Behörden der Gemeinde, falls sie über Informationen verfügen, die für die Beibringung oder Vervollständigung des Umweltberichtsgemäß § 2 Abs. 4 BauGB nützlich sind, diese zur Verfügung zu stellen (vgl. § 4 Abs. 3 BauGB). Die Behörden sind jedoch nur dann am Verfahren zu beteiligen, wenn ihr Aufgabenbereich von der Planung berührt ist. Hierfür genügt es nicht, dass die Behörde nur abstrakt betroffen ist. Sie muss vielmehr konkret betroffen sein.
Beispiele
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Schwieriger ist zu bestimmen, wer ein sonstiger Träger öffentlicher Belange i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB ist. Da § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB die sonstigen Träger öffentlicher Belange neben den Behörden eigenständig nennt, kann daraus gefolgert werden, dass es sich nicht um hoheitlich handelnde Behörden im organisatorischen Sinn handeln muss, denn ansonsten ergäbe die Nennung der sonstigen Träger öffentlicher Belange keinen Sinn.[25] Zu den Trägern öffentlicher Belange zählen daher Stellen, die den gesetzlichen Auftrag haben, öffentliche Belange zu verfolgen(sog. funktionaler Behördenbegriff). Dies sind vor allem die Träger funktionaler Selbstverwaltung, wie z.B. Industrie- und Handelskammer. Handwerkskammer oder Ärztekammer, und Energieversorgungsunternehmen, wie z.B. eine Stadtwerke GmbH.[26]
Hinweis
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob es sich im Einzelfall um einen sonstigen Träger öffentlicher Belange handelt, ist also ob ein gesetzlicher Auftragzur Verfolgung öffentlicher Interessen gegeben ist.
Auch Nachbargemeinden(s. hierzu Rn. 192 ff.), die von der Planungsabsicht betroffen sind, können ungeachtet, ob sie unmittelbar an das Gebiet der planenden Gemeinde angrenzen oder nicht, ein sonstiger Träger öffentlicher Belange sein, denn ansonsten bestünde keine Anpassungspflicht einer Nachbargemeinde gemäß § 7 BauGB.[27]
Nichterfasst sind hingegen private Interessenvertretungen, die sich mit öffentlichen Aufgaben beschäftigen, wie z.B. Naturschutzverbände[28] oder Sportverbände, da sie keinen gesetzlichen Auftrag haben öffentliche Interessen zu verfolgen. Sie sind jedoch über § 3 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BauGB zu beteiligen.[29]
Hinweis
Gemäß § 4a Abs. 2 BauGB können die frühzeitige Öffentlichkeits- (§ 3 Abs. 1 BauGB) und die frühzeitige Behördenbeteiligung (§ 4 Abs. 1 BauGB) gleichzeitig erfolgen.
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Unterstreichen Sie sich in Ihrem Gesetzestext bei § 214 Abs. 1 S. 1 BauGB nach der Nennung des „§ 4“ den „Abs. 2“.
Fehlerfolgen: Die Rechtsfolge eines Verstoßesbesteht in der Unbeachtlichkeit. In § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB ist zwar § 4 BauGB, jedoch nur Abs. 2 und nicht Abs. 1 genannt.
cc) Formelle Öffentlichkeitsbeteiligung, § 3 Abs. 2 BauGB
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Die formelle Öffentlichkeitsbeteiligung (auch Auslegungsverfahren genannt) gliedert sich zeitlich in drei Phasen:
Die erste Phaseist die Phase der Bekanntmachungder Auslegung, § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB. Es hat eine Woche vor der Auslegung eine ortsübliche Bekanntmachungmit dem Hinweis, dass Anregungen während der Auslegungsfrist eingebracht werden können, zu erfolgen. In dieser Bekanntmachung müssen enthalten sein:
• |
Ort und Dauer der Auslegung |
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Angaben dazu, welche umweltbezogenen Informationen verfügbar sind |
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ein Hinweis auf die Präklusion gemäß § 47 Abs. 2a VwGO |
Fristberechnungen müssen Sie (nicht nur im Baurecht) unbedingt beherrschen, da diese nicht zuletzt auch wegen deren Bedeutung für die Rechtspraxis häufig geprüft wird.
JURIQ-Klausurtipp
Hinsichtlich der Fristberechnunggemäß § 31 LVwVfG i.V.m. § 187 ff. BGB analog ist zu beachten, dass es sich nach h.M. bei der Wochenfrist nach § 3 Abs. Abs. 2 S. 2 BauGB um eine Ereignisfristhandelt. Dies bedeutet, dass der Fristbeginngemäß § 31 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog berechnet wird, d.h. der Tag an dem mit der Bekanntmachung begonnen wird, zählt nicht mit.[30] Für das Fristendesind §§ 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB, 193 BGB analog einschlägig.
Beispiel
Ist die Bekanntmachung z.B. an einem Montag erfolgt, endet die Wochenfrist daher am folgenden Montag um 24.00 Uhr, sofern es sich dabei nicht um einen Feiertag handelt. In diesem Fall läuft die Frist erst an dem folgenden Werktag ab.
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Sollte die öffentliche Bekanntmachung für einen zu kurzen Zeitraum erfolgt sein, so kann dies durch eine entsprechend längere tatsächliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB geheilt werden.[31]
Der Zweckder Bekanntmachung der Auslegung besteht darin, dass die Öffentlichkeit aufgefordert werden soll, zur Planung beizutragen. Gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 BauGB sollen auch die Behörden und die Träger sonstiger öffentlicher Belange von der Auslegung benachrichtigt werden.
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Die zweite Phaseist die Phase der öffentlichen Auslegung, § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB. Diese stellt den wichtigsten Teilder Beteiligung der Öffentlichkeit dar.[32] Gegenstandder Auslegung ist der von der Gemeinde beschlossene Entwurf des Bebauungsplanes mit dessen Begründungund den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen. Alternativentwürfe, Vorentwürfe und sonstiges Planungsmaterial müssen nicht ausgelegt werden.[33] Die Dauerder Auslegung beträgt einen Monat. Diese Frist darf zwar über-, jedoch nicht unterschritten werden.
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Im Gegensatz zur Ereignisfrist des § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB handelt es sich bei der Monatsfrist des § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB[34] um eine Ablauffrist, die über § 31 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 2 BGB analog berechnet wird, d.h. der erste Tag der Auslegung zählt mit.[35] Beachten Sie, dass die Frist einen Monat und nicht vier Wochen beträgt.
Der Zweckder Auslegung besteht darin, dass die Bürger und Behörden über die im Planentwurf konkretisierten Planungsabsichten der Gemeinde Kenntnis erlangen und dadurch in die Lage versetzt werden Anregungen vorzubringen. Es besteht also eine Anstoßfunktion.[36] Gemäß § 3 Abs. 2 BauGB kann sich in der Phase der Auslegung jedermann, ungeachtet, ob er planungsbetroffen oder aus sonstigen Gründen interessiert ist, schriftlich, mündlich oder zur Niederschrift äußern. Ein Recht vor dem Gemeinderat vorzutragen besteht nicht.
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