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Eine archivmäßige Verwahrungdes Bebauungsplans, d.h. wenn dieser in einem Regal oder Aktenschrank verwahrt und nur auf Anfrage herausgegeben wird, ist unzulässig.[37] Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 BauGB erfordert eine Auslegung und nicht nur ein Bereithalten. Dies entspricht auch dem Sinn der Vorschrift. Jeder Interessierte muss, ohne noch Fragen und Bitten stellen zu müssen, in die Unterlagen Einblick nehmen können. Die Berechnung des Endes der Auslegungsfrist darf dem Bürger überlassen werden.[38] Die Möglichkeit der Einsicht während der Verkehrszeiten, d.h. während der für den Publikumsverkehr vorgesehenen Öffnungszeiten, genügt.[39]
Ob der Ort der Auslegung exakt, d.h. mit Raum der Auslegung, angegeben werden muss oder ob die Angabe des Amtes mit Anschrift und Stockwerk genügt, ist umstritten. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergverlangt eine exakte Angabe des Auslegungsorts.[40] Das Bundesverwaltungsgerichthingegen lässt es genügen, dass die Angabe des Amtes mit Anschrift, Stockwerk und einer Telefonnummer erfolgt, da es, wie auch bei sonstigen Behördengängen zumutbar sei, dass sich der Bürger zuvor telefonisch oder aber vor Ort näher erkundigt.[41]
In der dritten Phaseist die Gemeinde gemäß § 3 Abs. 2 S. 4 Hs. 1 BauGB verpflichtet die fristgemäß vorgebrachten Anregungen zu prüfen. Obgleich hierzu kein Verfahren verpflichtend vorgeschrieben ist, entscheidet die Gemeinde regelmäßig durch einen gesonderten Beschluss, ob und in welcher Weise die eingebrachten Einwendungen berücksichtigt werden. Das Ergebnis der gemeindlichen Prüfung hat die Gemeinde den Bürgern, die fristgemäß Einwendungen vorgebracht haben, mitzuteilen, § 3 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 BauGB. Nicht berücksichtigte Einwendungensind der Genehmigungsbehörde mit einer Stellungnahme zum Grund der Nichtberücksichtigung vorzulegen, § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB. Sollte der Planentwurfdes Bebauungsplanes aufgrund von Einwendungen oder aus sonstigen Gründen geändert oder ergänztwerden, so ist er erneutfür die Dauer eines Monats auszulegenund die notwendigen Stellungnahmensind erneut einzuholen, § 4a Abs. 3 S. 1 BauGB. In Bezug auf den Umweltbericht i.S.d. § 2a BauGB gilt das Gleiche.
Hinweis
Im Falle der Nichtberücksichtigung seiner Anregungen hat der Bürger keinen Rechtsbehelf gegen diese. Er muss vielmehr den Abschluss des Planaufstellungsverfahrens abwarten und kann dann im Wege einer prinzipalen Normenkontrolle (s.u. Rn. 571) gegen den Bebauungsplan vorgehen.
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Fehlerfolgen: Die Rechtsfolge eines Verstoßesbesteht in der Beachtlichkeit, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB. Es kann jedoch eine Heilungnach § 215 Abs. 1 Nr. 2 und § 214 Abs. 4 BauGB erfolgen.
dd) Formelle Behördenbeteiligung, § 4 Abs. 2 BauGB
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Die formelle Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB folgt, auch wenn die Auslegung zu einer Änderung des Bebauungsplanes geführt hat, gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 BauGB auf die frühzeitige Behördenbeteiligung. Erfasst sind Behördenund sonstige Träger öffentlicher Belange. Im Gegensatz zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung muss deren Aufgabenbereich durch die Planung berührtsein. Die Fristfür die Abgabe der Stellungnahme beträgt einen Monat, § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB. Diese soll jedoch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB angemessen verlängert werden.
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Hinweis
Gemäß § 4a Abs. 6 S. 1 BauGBkönnen Stellungnahmen, die im Verfahren der Öffentlichkeits- oder Behördenbeteiligung nicht rechtzeitig abgegeben worden sind, unberücksichtigt bleiben, sofern die Gemeinde deren Inhalt nicht kannte und nicht hätte kennen müssen.
Sind diese Voraussetzungen gegeben tritt eine Präklusion[42] ein. Die Präklusionsregelung des § 4a Abs. 6 BauGB entfaltet damit eine eingeschränkte formelle und wegen des Wortlautes der Vorschrift („und deren Inhalt für die Rechtmäßigkeit des Bauleitplans nicht von Bedeutung ist“) eine auch eingeschränkte materielle Ausschlusswirkung:
Die formelle Ausschlusswirkungliegt im Ausschluss verspätet vorgebrachter Stellungnahmen. Sie dient der Verfahrensbeschleunigung. Eingeschränkt ist diese in dreifacher Hinsicht:[43]
1. Der Ausschluss wird nur ermöglicht („können“).
2. Der Ausschluss greift nicht ein, wenn es sich um Belange handelt, die der Gemeinde bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen und
3. der Eintritt der Präklusion ist gemäß § 4a Abs. 6 S. 2 BauGB von einem entsprechenden Hinweis nach § 3 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB abhängig.
Die materielle Wirkungführt zu einem Ausschluss im Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 2a VwGO (s.u. Rn. 586). Eingeschränkt ist diese Ausschlusswirkung neben dem oben genannten Grund auch wegen des diesbezüglich erforderlichen Hinweises, § 4a Abs. 6 S. 2 BauGB.
Zwingend berücksichtigtwerden müssen demnach auch nach Fristablauf:[44]
1. |
Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten sein müssen |
2. |
Belange, die für die Rechtmäßigkeit der Abwägung von Bedeutung sind |
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Inhaltlich sollen sich die Behörden und die sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 S. 3 Hs. 1 BauGB auf ihren Aufgabenbereich beschränken. Dabei sind sie verpflichtet, der Gemeinde verfügbare Informationen, die zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials zweckdienlich sind, zur Verfügung stellen. Es existiert eine Bringschuld der Behörden.[45] Wird der Entwurf aufgrund von Stellungnahmen geändert oder ergänzt, so ist das Verfahren gemäß § 4a Abs. 3 S. 1 BauGB erneut durchzuführen. Dabei kann eine Beschränkung auf die geänderten oder ergänzten Teile und eine angemessene Verkürzung der Frist erfolgen, § 4a Abs. 3 S. 2 und 3 BauGB.
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Fehlerfolgen: Die Rechtsfolge eines Verstoßesbesteht in der Beachtlichkeit, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB. Es kann eine Heilungnach § 215 Abs. 1 Nr. 2 und § 214 Abs. 4 BauGB erfolgen.
Lesen Sie § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB sorgfältig durch und verinnerlichen Sie dessen Normstruktur.
Hinweis
Bei den Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach §§ 3 Abs. 2, 3 Abs. 2, 4a Abs. 3 und Abs. 5 S. 2, 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 (auch i.V.m. § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB), 22 Abs. 9 S. 2, 34 Abs. 6 S. 1 sowie § 35 Abs. 6 S. 5 BauGB ist die interne Unbeachtlichkeitsklausel (s. dazu Rn. 213) des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 2 BauGB zu beachten. Hiernach ist es unbeachtlich, wenn bei der Anwendung dieser Vorschriften
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einzelne (nicht alle!) Personen, Behörden oder sonstigen Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind, |
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einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind (unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 S. 3 BauGB) gefehlt haben |
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der Hinweis nach § 3 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB (auch i.V.m. § 13 Abs. 2 S. 2 BauGB und § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB) gefehlt hat, |
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wenn bei der Anwendung des § 13 Abs. 3 S. 2 BauGB die Angabe darüber, dass von der Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder |
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wenn bei der Anwendung des § 4a Abs. 3 S. 4 BauGB oder des § 13 BauGB (auch i.V.m. § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB) die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind. |
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