3. Teil Kommunale Bauleitplanung› A. Überblick› I. Kommunale Bauleitplanung
I. Kommunale Bauleitplanung
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Die kommunale Bauleitplanung ist eine örtliche Planung, die die Nutzung der Grundstücke in einem Gemeindegebietzum Gegenstand hat. Sie dient der Vorordnung der örtlichen Bodennutzung durch die Gemeinden.[1] Dies kommt in § 1 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck, wonach es Aufgabe der Bauleitplanungist, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. Träger der kommunalen Bauleitplanung sind die Gemeinden, vgl. §§ 1 Abs. 3 S. 1, 2 Abs. 1 S. 1 BauGB. Sie haben die Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG inne (s.o. Rn. 29). Die Gemeinde besitzt die Planungshoheit nur für ihr Gemeindegebiet.
Die Wahrnehmung der Aufgabe der Bauleitplanung erfolgt durch Bauleitpläne, vgl. § 1 Abs. 2 BauGB (s.u. Rn. 55 ff.).
Hinweis
Aus § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB ergibt sich, dass ein Einzelner kein subjektives öffentliches Recht auf Durchführung der Bauleitplanunghat. Die Durchführung der Bauleitplanung kann nur im Wege der Kommunalaufsicht durchgesetzt werden. Ein Anspruch des Einzelnen auf Einschreiten der Kommunalaufsicht besteht jedoch nicht, da die Kommunalaufsicht[2] nur dem öffentlichen Interesse, nämlich dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, dient.
3. Teil Kommunale Bauleitplanung› A. Überblick› II. Abgrenzung zur Raumordnung und zur Fachplanung
II. Abgrenzung zur Raumordnung und zur Fachplanung
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Wegen ihrer räumlichen Beschränkung auf das Gemeindegebiet unterscheidet sich die kommunale Bauleitplanung von der Raumordnung. Gegenstand der Raumordnung ist die überörtliche Planung und Ordnung des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland und seiner Teilräume, vgl. § 1 Abs. 1 ROG. Auf Bundesebene wird dies durch das ROG und auf Länderebene in Umsetzung des ROG insbesondere durch die Landesplanungsgesetze geregelt.[3] Durch die Raumordnung wird grundsätzlich nur die Exekutive gebunden. Gleichwohl stehen sich Raumordnung und kommunale Bauleitplanung nicht isoliert gegenüber, sondern sind miteinander verbunden, vgl. § 1 Abs. 4 BauGB.[4]
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Wegen ihres Charakters als umfassende örtliche Planung unterscheidet sich die kommunale Bauleitplanung von der sog. Fachplanung. Diese beschränkt sich auf die Planung einzelner sektoraler (raumbedeutsamer) Aufgaben- bzw. Problemfelder.
Beispiele
Planung von
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Bundesfernstraßen |
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Energieversorgungsanlagen |
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Wasser- oder Naturschutzgebieten |
[1]
Ennuschat/Ibler/Remmert- Remmert Öffentliches Recht in Baden-Württemberg § 3 Rn. 29.
[2]
Dies gilt grundsätzlich für alle Aufsichtsformen; selbst der Aufsicht der Europäischen Kommission nach Art. 258 AEUV kommt kein Drittschutz zu, vgl. Kenntner Öffentliches Recht in Baden-Württemberg Rn. 327.
[3]
BwLPlG: Dürig Ordnungsziffer 46.
[4]
Vgl. zum Zusammenwirken von Raum- und Bauleitplanung dargestellt am Beispiel von Windenergieanlagen Kirste DVBl 2005, 993 ff.
3. Teil Kommunale Bauleitplanung› B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB
B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB
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Die Aufgabe der kommunalen Bauleitplanung wird durch die rechtlichen Instrumente der Bauleitpläne erfüllt (s.o. Rn. 52). Gemäß § 1 Abs. 2 BauGB sind Bauleitpläne der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplanund der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan. Der Begriff des Bauleitplansstellt also den Oberbegrifffür den Flächennutzungs- und den Bebauungsplan dar.
Gemeindefreie Gebiete werden Ihnen in Klausuren regelmäßig nicht begegnen.
Das Recht der Bauleitplanung (§§ 1 ff. BauGB) bezieht sich nur auf die einer Gemeinde zugeordneten Gebiete. Für sog. gemeindefreie Gebiete, d.h. Gebiete, die außerhalb des Gemeindegebietes liegen, gilt die gemeindebezogene Bauleitplanung nicht.[1]
Beispiele
Ein gemeindefreies Gebiet ist z.B. bei einem Truppenübungsplatz und bei bestimmten Wasserflächen gegeben.
3. Teil Kommunale Bauleitplanung› B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB› I. Die Funktionen der kommunalen Bauleitplanung
I. Die Funktionen der kommunalen Bauleitplanung
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Die kommunale Bauleitplanung ist im Hinblick auf § 1 Abs. 1 BauGB funktional auf das dem Städtebaurecht zugrunde liegende Entwicklungs- und Ordnungsprinzipausgerichtet.[2] Die Funktionen sind im Einzelnen:
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Die Entwicklungs- und Ordnungsfunktion, durch die eine geordnete, nachhaltige (vgl. § 1 Abs. 5 BauGB) städtebauliche Entwicklung gewährleistet werden soll. |
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Die Koordinierungs- und Integrationsfunktion, die durch die Berücksichtigung sämtlicher für die städtebauliche Entwicklung relevanten Punkte erfolgen soll (vgl. § 1 Abs. 5–7 BauGB). |
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Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. |
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Das Planmäßigkeitsprinzip, das eine primäre Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitpläne bezweckt.[3] |
3. Teil Kommunale Bauleitplanung› B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB› II. Das zweistufige System der Bauleitplanung
II. Das zweistufige System der Bauleitplanung
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Grundsätzlich existiert im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung ein zweistufiges System.[4] Nach § 1 Abs. 2 BauGB sind Bauleitpläne der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan und der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan. Diese beiden Pläne stehen in einem grundsätzlichen Stufenverhältnis:
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1. Der Flächennutzungsplan
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Die Gemeinde soll zunächst für das ganze Gemeindegebiet (vgl. § 5 BauGB) einen Flächennutzungsplan als vorbereitenden Bauleitplani.S.d. § 1 Abs. 2 BauGB aufstellen.
Ein Flächennutzungsplanist der umfassende, auf die Bodennutzung im Gemeindegebiet bezogene gemeindliche Entwicklungsplan.[5]
Im Gegensatz zum Bebauungsplan regelt der Flächennutzungsplan auf der ersten Stufe nur die Grundzügeder von der Gemeinde beabsichtigten Art der Bodennutzung.[6] Er enthält also anders als der Bebauungsplan gerade keine konkreten Festsetzungen für einzelne Baugebieteenthalten.
JURIQ-Klausurtipp
Der Flächennutzungsplan ist wegen § 5 Abs. 1 BauGB für das gesamte Gemeindegebietaufzustellen. Eine nur teilweise Beplanung ist daher grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahmefindet sich jedoch in § 5 Abs. 2b BauGB. Hiernach ist eine Aufstellung von sachlichen Teilflächennutzungsplänen bei der Darstellung von Konzentrationsflächen mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB möglich.
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Aus § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB ergibt sich eine zeitliche Priorität der Bauleitpläne.[7] Zunächst soll ein Flächennutzungsplan erstellt und aus diesem dann der Bebauungsplan inhaltlich entwickelt werden (sog. Entwicklungsgebot, vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB). Von diesem Gebot existieren Ausnahmen (s.u. Rn. 67 ff.).
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