Flächennutzungspläne werden daher herrschend als hoheitliche Maßnahmen eigener Art verstanden,[38] die die Gemeinde über die gesetzliche Bestimmung des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB binden.[39]
Dem sachlichen Teilflächennutzungsplan (s. Rn. 74) hingegen wird wegen der Ausschlusswirkung i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB Rechtsnormqualität zugesprochen (s.u. Rn. 565).
6. Rechtswirkungen des Flächennutzungsplans
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Ein Flächennutzungsplan hat drei rechtliche Wirkungen, die sich im Wesentlichen auf den verwaltungsinternen Bereichbeschränken.[40]
a) Anpassungspflicht für öffentliche Planungsträger, § 7 BauGB
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Öffentlich-rechtliche Planungsträger, die an der Aufstellung des Flächennutzungsplanes beteiligt waren oder zu beteiligen sind (§§ 4 Abs. 1, 2; 13 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) und den Darstellungen nicht widersprochen haben, unterliegen gemäß § 7 BauGB einer Anpassungspflichtdahingehend, dass sie ihre laufenden oder künftigen Planungen dem Flächennutzungsplan anzupassen haben. Sollte ein Planungsträger dem Flächennutzungsplan jedoch widersprochen haben, so besteht keine Anpassungspflicht.[41] In diesem Fall stehen der Flächennutzungsplan und die Fachplanung auf gleicher Stufe selbständig nebeneinander.[42]
b) Rechtliche Bindung der Gemeinde (Entwicklungsgebot), § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB
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Eine weitere rechtliche Wirkung findet sich im Entwicklungsgebot gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB, wonach der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln ist (s.o. Rn. 25 ff.). Durch das Entwicklungsgebot kommt es zu einer Selbstbindung der Verwaltung:[43] Die Gemeinde hat ihre Bebauungspläne an ihrem im Flächennutzungsplan dargestellten planerischen Vorstellungen auszurichten.
c) Rechtswirkungen gegenüber Dritten
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Der Flächennutzungsplan hat, wie dargestellt, eine rein verwaltungsinterne, d.h. nur die Gemeinde bindende Wirkung. Durch den Flächennutzungsplan wird kein Baurecht begründet.[44] Die Zulässigkeit von Bauvorhaben richtet sich alleine nach dem Bebauungsplan. Der Flächennutzungsplan entfaltet also gegenüber Grundstückseigentümern keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Eine Außenwirkung ergibt sich vermitteltdurch andere Normen:[45]
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Eine mittelbare Außenwirkungerlangt ein Flächennutzungsplan bei Bauvorhaben im Außenbereich, § 35 BauGB. So kann ein Vorhaben im Außenbereich wegen entgegenstehender öffentlicher Belange gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGBunzulässig sein, wenn ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplanes gegeben ist.
Hinweis
§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB kann dazu führen, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplanes trotz seiner grundsätzlich nur die Verwaltung bindenden Wirkung zur Versagung eines Vorhabens im Außenbereich führen (s. Rn. 363 f.)
Einen weiteren Fall der mittelbaren Außenwirkung erzeugt § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB. Hiernach stehen einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB öffentliche Belange auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
Beispiel
Besondere Bedeutung hat die letztgenannte Konstellation insbesondere bei der Errichtung von Windenergieanlagen. Die Gemeinde kann mit Hilfe des Flächennutzungsplanes Konzentrationszonenfür Windkraftanlagen ( sog. Vorrangfläche) auf ihrem Gemeindegebiet ausweisen. In einem solchen Fall sind die grundsätzlich privilegierten Windkraftanlagen (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) nur in den ausgewiesenen Konzentrationszonen zulässig. Trotz ihrer grundsätzlichen Privilegierung stehen ihnen damit außerhalb der Konzentrationszone öffentliche Belange entgegen.
Eine weitere Vermittlung der Außenwirkung erfolgt durch § 15 Abs. 3 S. 1 BauGB.[46] Hiernach hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde, die einen Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB beschlossen hat, ihre Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 2–6 BauGB bis zu einem Jahr zurückzustellen, wenn durch das Vorhaben die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
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Auch § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGBführt zu einer mittelbaren Außenwirkung.[47] Danach kann die Gemeinde in einer Innenbereichssatzung bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind. Dies ermöglicht der Gemeinde eine rechtliche Aufwertung des Außenbereichs (§ 35 BauGB) zu einem Innenbereich gemäß § 34 BauGB.
JURIQ-Klausurtipp
Diese mittelbare Außenwirkung hat Auswirkungen auf die Prüfung der Zulässigkeit eines Vorhabens. Im Falle des § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB richtet sich die Zulässigkeit eines derartigen Vorhabens nicht nach § 35 BauGB, sondern vielmehr nach § 34 BauGB.
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Eine mittelbare Wirkungkann auch in Bezug auf das Eigentum bestimmter Grundstückseigentümergegeben sein.[48]
Beispiel
Dies ist beim Bauerwartungslandder Fall. Hiervon spricht man, wenn Ackerland im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt wird. In diesem Fall steigen in der Regel die Grundstückspreise.
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3. Teil Kommunale Bauleitplanung› B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB› IV. Der Bebauungsplan
IV. Der Bebauungsplan
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Der Bebauungsplan steht regelmäßig auf der zweiten Stufe (s.o. Rn. 62 ff.). Er ist das Hauptinstrument zur Umsetzung der Planungshoheit der Gemeinde.[49] Durch ihn findet eine verbindliche Festlegung, im Gegensatz zum Flächennutzungsplan der lediglich Darstellungen enthält, der zulässigen städtebaulichen Maßnahmen auf einem Grundstück statt (§ 8 Abs. 1 S. 1 BauGB). Er bildet gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 BauGB die Grundlage für weitere zum Vollzug des BauGB erforderliche Maßnahmen.
Beispiel
Im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes ist ein Vorhaben gemäß § 30 Abs. 1 BauGB nur zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht widerspricht.
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Der Bebauungsplan ist das planerische Gestaltungsmittel, mit dem die Gemeinde das Baugeschehen im Gemeindegebiet leitet und lenkt. Für die Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes stellt dieser eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar (s. Rn. 60), da im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nur gebaut werden darf, sofern das bauliche Vorhaben dessen Festsetzungen entspricht. Wegen des Entwicklungsgebotes des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB setzt der Bebauungsplan die Darstellungen des Flächennutzungsplanes rechtsverbindlich um und begründet unmittelbar ein Baurecht.
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