Im Zahlenbeispiel stimmen die Geschäftsführungsvergütung und die aus Leistungsbeziehungen mit Außenstehenden erzielten Gewinne betragsmäßig überein. Eine derartige Gehaltsvereinbarung würde als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden.[20] Der gewählte Berechnungsansatz gibt also insoweit eine unrealistische Konstellation wieder. Der Ansatz einer geringeren Vergütung würde hinsichtlich der Vorteilhaftigkeitsaussage die gleichen Ergebnisse liefern, allerdings könnten die Effekte des Abschlusses eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags nicht mehr so deutlich herausgearbeitet werden, weil nebeneinander die Besteuerung der Geschäftsführungsvergütung und des Gewinns der Kapitalgesellschaft berechnet werden würde. Die vorstehenden Berechnungen sind also wie folgt zu interpretieren:
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Ergeben die Berechnungen, dass das Geschäftsführungsgehalt geringer belastet wird als die von einer Kapitalgesellschaft erzielten Gewinne, ist die Vergütung möglichst hoch anzusetzen. Bei der Festsetzung der Obergrenze sind die Kriterien einer verdeckten Gewinnausschüttung zu beachten. |
• |
Ist die Besteuerung des Geschäftsführungsgehalts höher als die von einer Kapitalgesellschaft erzielten Gewinne, ist der Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags nicht zu empfehlen. |
Dritter Teil Einfluss der Besteuerung auf die Rechtsformwahl› Siebter Abschnitt Veränderung der Gesamtsteuerbelastung durch Abschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags › C. Belastungsvergleich
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(1) Rechtsformvergleich: Für die Analyse wird die Gesamtsteuerbelastung eines Geschäftsführungsvertrags bei einer Variation des Einkommensteuersatzes zwischen 0 und 45% berechnet und mit der Situation verglichen, in der kein Geschäftsführungsvertrag abgeschlossen wird. Eine Auswertung der Abb. 3.16 von links nach rechts zeigt, dass das an den Gesellschafter gezahlte Geschäftsführungsgehalt bei Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften nahezu gleich besteuert wird. Rechtsformabhängige Unterschiede ergeben sich nur insoweit, als bei Personengesellschaften eine effektive Gewerbesteuerbelastung bzw -entlastung auftritt. Die bei Kapitalgesellschaften durch den Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags erreichte Gewerbesteuerersparnis ist also für den Rechtsformvergleich kaum relevant. Bei Personengesellschaften unterliegt zwar das Geschäftsführungsgehalt der Gewerbesteuer. Diese Gewerbesteuer wird jedoch durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG weitgehend neutralisiert. Da bei Einzelunternehmen keine schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seinem Inhaber bestehen können, gelten für die Rechtsform „Einzelunternehmen“ die gleichen Aussagen wie für Personengesellschaften.
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Belastung des Geschäftsführergehalts |
Einzelunternehmen, Personengesellschaften |
s GewSt– s § 35EStG×(1+s SolZ) + s ESt×(1+s SolZ) |
Kapitalgesellschaften |
s ESt×(1+s SolZ) |
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Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400% ergibt sich für Personenunternehmen gegenüber Kapitalgesellschaften ein geringfügiger Vorteil von 0,04 Prozentpunkten. Die Belastung des Gehalts mit Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag ist rechtsformunabhängig: s ESt× (1+s SolZ). Bei Personenunternehmen ergibt sich bei einem Hebesatz von 400% eine geringfügig effektive Gewerbesteuerentlastung: s GewSt– s § 35EStG×(1+s SolZ) = 3,5%×400% – 3,5%×3,8×(1+5,5%).
Abb. 3.16: Steuersatzeffekte von Geschäftsführungsverträgen in Abhängigkeit vom Einkommensteuersatz
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Einzelunternehmen, Personengesellschaft (1) |
Kapitalgesellschaft (2) |
Rechtsformdifferenz (3) = (2) – (1) |
Vergleichsbasis: gesellschaftsrechtlicher Bereich (Ausschüttungsfall) |
0,00% bis 47,44% |
29,83% bis 48,33% |
+29,83% bis +0,89% |
Geschäftsführungsvertrag |
0,00% bis 47,44% |
0,00% bis 47,48% |
±0,00% bis +0,04% |
Veränderung durch Geschäftsführungsvertrag |
± 0,00% |
– 29,83% bis– 0,85% |
– 29,83% bis– 0,85% |
Legende zu Spalte 3: |
+ Vorteil von Personenunternehmen – Vorteil von Kapitalgesellschaften ± kein Unterschied zwischen den Rechtsformen |
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(2) Veränderung der Gesamtsteuerbelastung bei der Rechtsform „Kapitalgesellschaft“: Bei Einzelunternehmen sind keine schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen mit dem Inhaber möglich, sodass sich insoweit keine Ansätze für steuerplanerische Überlegungen ergeben. Bei Personengesellschaften wird das Geschäftsführungsgehalt dem gewerblichen Bereich zugerechnet. Das Gehalt wird damit in gleicher Weise besteuert wie der Gewinnanteil, dh die Gesamtsteuerbelastung verändert sich nicht.
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Wird das Unternehmen als Kapitalgesellschaft geführt, empfiehlt es sich insbesondere bei niedrigen Einkünften, einen Geschäftsführungsvertrag abzuschließen ( Abb. 3.16von oben nach unten ausgewertet). Die gewerbesteuerlichen Vorteile werden durch den positiven Steuersatzeffekt bei der Körperschaftsteuer und Einkommensteuer verstärkt. Je höher der persönliche Einkommensteuersatz ist, umso mehr geht der Steuersatzvorteil im Rahmen der Körperschaft- und Einkommensteuer zurück. Ab einem persönlichen Einkommensteuersatz von 36,04% ist die Belastung des Geschäftsführungsgehalts mit Einkommensteuer höher als die Belastung von Gewinnen einer Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer und der Dividenden mit der 25%igen Abgeltungsteuer.
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Einfluss auf die Steuerbelastung bei Kapitalgesellschaften |
ausgeschüttete Gewinne |
s GewSt+ s KSt×(1+s SolZ) + (1–s GewSt–s KSt×[1+s SolZ])×s AbgSt×(1+s SolZ) |
Geschäftsführungsvertrag |
s ESt× (1+s SolZ) |
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Unter Einbezug der Gewerbesteuer kann bei Kapitalgesellschaften durch den Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags häufig eine Minderung der Gesamtsteuerbelastung erreicht werden. Der Steuersatzvorteil geht zwar mit einem Anstieg des Einkommensteuersatzes zurück. Beim Spitzensteuersatz von 45% ist der Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags jedoch vorteilhaft, wenn der Gewerbesteuerhebesatz mindestens 367% beträgt:
ausgeschüttete Gewinne |
= |
Geschäftsführungsvertrag |
s GewSt+ s KSt×(1+s SolZ) + (1–s GewSt–s KSt×[1+s SolZ])×s AbgSt×(1+s SolZ) |
= |
s ESt× (1+s SolZ) |
bei einem Körperschaftsteuersatz von 15%, einem Solidaritätszuschlagsatz von 5,5% und einer Abgeltungsteuer von 25% gilt |
s GewSt+ 0,15825 + (1–s GewSt–0,15825)×0,26375 |
= |
s ESt× 1,055 |
0,73625×s GewSt+ 0,3802616 |
= |
s ESt× 1,055 |
s GewSt |
= |
s ESt×1,4329566 – 0,5164843 |
da s GewSt= Hebesatz×Steuermesszahl, ergibt sich bei einer Steuermesszahl von 3,5% |
Hebesatz |
= |
(s ESt×1,4329566 – 0,5164843)/0,035 |
Hebesatz |
= |
s ESt×40,941617 – 14,7566694 |
bei s ESt=45% gilt |
|
|
Hebesatz |
= |
3,6670587 |
Hebesatz |
≥ |
367% |
81
Bei einem Einkommensteuersatz von 42% ist der Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags bereits ab einem Gewerbesteuerhebesatz von 244% zu empfehlen.[21] Da der Gewerbesteuerhebesatz auf mindestens 200% festzusetzen ist, ist bei einem Einkommensteuersatz von 40% oder weniger die Gesamtsteuerbelastung bei einem Geschäftsführungsvertrag generell niedriger als bei Gewinnausschüttungen, dh der Situation ohne Geschäftsführungsvertrag.
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