Nila Wolfram - Resa

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Resa muss von Berlin wegziehen, ihre Freunde zurücklassen und das alles nur, weil ihre Mutter mit ihrem neuen Ehemann ein neues Leben anfangen will. Aber muss dabei ihr Leben auf der Strecke bleiben?
Und in dem Dorf, in das sie ziehen muss, erwarten sie so einige merkwürdige Bewohner …

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Nila Wolfram

Resa

ROMAN

1. Auflage, 2018

Copyright © Nila Wolfram

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: © Aleshyn_Andrei / Shutterstock;

© Ollyy / Shutterstock

shutterstock.com

© Wortley / Pixabay

pixabay.com

Umschlaggestaltung: Nila Wolfram

Impressum:

Nila Wolfram

c/o Papyrus Autoren-Club

Pettenkoferstr. 16-18

10247 Berlin

nila-wolfram@gmx.de

Inhaltsverzeichnis Titelseite Nila Wolfram Resa ROMAN 1 Auflage 2018 - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titelseite Nila Wolfram Resa ROMAN 1. Auflage, 2018 Copyright © Nila Wolfram Alle Rechte vorbehalten. Umschlagmotiv: © Aleshyn_Andrei / Shutterstock; © Ollyy / Shutterstock shutterstock.com © Wortley / Pixabay pixabay.com Umschlaggestaltung: Nila Wolfram Impressum: Nila Wolfram c/o Papyrus Autoren-Club Pettenkoferstr. 16-18 10247 Berlin nila-wolfram@gmx.de

Prolog

Ein stereotyper Anfang

Abdul

Sechzehn

Ein Einzug

Fünfzehn

Park

Ein paar Haare

Vierzehn

Ein Herr Liebe

LLLLLLL

Ein Priester

Dreizehn

Ein Abendessen

Zwölf

Eine Mitschülerin

Eine Aufregung

Elf

Jaguar

Eine Unannehmlichkeit

Ein paar Lampions

Zehn

Ein Zoo

Weiß

Ein Lippenstift

Neun

Eine Tüte

Acht

Ein Sohn und noch jemand

Sie

Ein Teich der Libellen

Sieben

Ein Labrador

Ein paar Diebe

Sechs

Ein Ausbruch

Ein Weg

Fünf

Eine Alster

Vier

Drei Rasierklingen

Eine Lüge oder mehr

Romanow

Drei

Ein Kaminfeuer

Zwei

Ein Feuerwerk

Eins

Erinnern Sie sich noch?

Ein Krankenhaus

SMS

Mond

Ein Lederarmband

Heimat

Ein Winter

Null

Prolog

Victor

Am Bahnhof stand die Zeit still, dachte er und zündete sich eine Kippe an. Niemand fuhr hierher, einige vereinzelte Reisende waren auf dem Weg fort von hier. Ein älterer Herr in einem Anzug, der ihm im Laufe der Jahre viel zu groß geworden war, der ständig auf seine Rolex schaute und den Kopf schüttelte. Ein junges kaugummikauendes Mädchen in Netzstrümpfen, das sich gegen die Ticketautomaten lehnte und auf den Bildschirm ihres Smartphones starrte. Auf den Bahnschienen hüpfte eine Amsel umher und pickte an den Gräsern.

Er saß verborgen in den Halbschatten der Wälder um den Bahnhof herum. Die Reisenden erahnten seine Anwesenheit nicht. Er kam sich manchmal nichtexistent vor, wie ein Phantom, das nur in seinem eigenen Kopf existierte. Auf seinem Schoß lag eine zerknitterte Zeitung, die er aus dem Müll gefischt hatte. Die freien Stellen hatte er mit Bleistiftskizzen versehen.

Das billige Wegwerfhandy vibrierte in seiner Jeanstasche. Er zog es heraus und las auf dem Bildschirm den Namen des Anrufers. Schon wieder sie.

Er zögerte einen Moment lang, konnte es ihr jedoch nicht antun, nicht ranzugehen. »Ja?«

Stille. Er hörte nur ihr Weinen im Hintergrund. Offenbar traute sie sich nicht, mit der Sprache rauszurücken. »Wo bist du?«, fragte er vorsichtig.

»Auf einem Klo an der Autobahn, ich weiß nicht mehr wo, ich weiß nicht -«, ihre Stimme zitterte, bald fragte sie, was sie immer fragte, wenn sie ihn anrief, »kannst du vorbeikommen, bitte, Victor? Mir ist so schlecht, mir tut alles weh, bitte, bitte …«

Er schwieg, wisperte schließlich in den Hörer: »Ich bin am Bahnhof.« Ablehnen konnte er nicht. Dafür tat sie ihm zu leid.

»Suchst du schon wieder nach Passanten, die du beklauen kannst?«

Er lächelte. »Du kaufst dir von dem gestohlenen Geld ja auch immer diese furchtbaren Lippenstifte.«

Sie lachte, es war ein negatives Lachen, wie alles an ihr. Ihre ganze Persönlichkeit war durchzogen von einer Art Traurigkeit. Mit jedem Schritt, den sie ging, schaufelte sie sich ein tieferes Grab, dachte er.

»Ich habe Petzold versprochen, heute Abend im Restaurant auszuhelfen«, überlegte er laut, »dem kann ich nicht so einfach absagen, du kennst ihn. Sonst wird er uns das nächste Mal rausschmeißen, wenn wir dort wieder Reste schnorren gehen.«

Sie seufzte und weinte wieder los, mit einem Mal, so war es immer bei ihr, wenn sie nicht bekam, was sie wollte, und wenn sie sich in den kranken Winkeln ihres Kopfes verlor. »Okay«, keuchte sie unter Tränen. »Ist schon okay. Das verstehe ich. Du hast Pläne.«

Er erinnerte sich daran, was das letzte Mal passiert war, als er sie in so einem Moment im Stich gelassen hatte. Nein. Er konnte nicht zu Petzold gehen, nicht an diesem Abend, vielleicht gab er ihm ja noch eine Chance nächste Woche oder so. »Wo genau bist du?«

Nach mehreren Anläufen, die nach asthmatischen Anfällen klangen, nannte sie eine Adresse mehrere Kilometer weit weg. »Das ist der letzte Ort, an den ich mich erinnere«, beendete sie ihren Satz.

Er pfiff durch seine Zähne. »Wie bist du dahin gekommen, verdammt?«

»Mit dem LKW, ein Fahrer hat mich mitgenommen, ich wollte nach Köln. Doch dann hat er mich einfach rausgeschmissen, als als …« Sie hatte erneut Heulkrämpfe, ihre Stimme klang mehrere Oktaven höher als sonst, sie klang wie ein kleines Mädchen, das sein Zuhause verloren hatte. »Ich wollte weg von denen. Ich hasse sie.«

Sie sprach von ihrer Pflegefamilie, die er bisher noch nicht getroffen hatte. Von all dem, was er über sie gehört hatte, mussten sie extrem scheiße sein. Sie bekam von ihnen nur eine Mahlzeit pro Tag, hungerte die restlichen Stunden oder bettelte in der Innenstadt mit ihm. Sie schlief auf einer Matratze in der Abstellkammer, eingepfercht zwischen Staubsauger und Müllsäcken, bekam natürlich kein Taschengeld und musste sich die Klamotten aus den Altkleider-Containern zusammen klauen.

Es wunderte ihn nicht, dass sie so verkorkst war.

»Ich bin gleich da, ja, dauert vermutlich eine halbe Stunde oder so, ja? Tu nichts, bis ich bei dir bin. Ich liebe dich, das weißt du, oder? Du hast mich, du wirst mich nie verlieren, du brauchst nur einige Minuten lang auf mich zu warten. Schließ die Augen, bis ich bei dir bin, tu nichts. Ruh dich aus.«

»Ich bin in der dritten Kabine, links«, stöhnte sie und klang müde, »beeil dich bitte, ich halte es nicht länger aus.«

»Ja.« Er legte auf, fluchte und stand auf, faltete die Zeitung sorgfältig zusammen und steckte sie in seine Jackentasche. Wie sollte er nur bis dahin kommen? Er hatte kein Geld für ein Ticket bei sich, konnte er sich was von Petzold leihen? Er rief ihn an, doch der Restaurantbesitzer ging nicht ran. Er fuhr sich mit den kalten Händen übers Gesicht.

Schließlich rannte er los, aus dem Wald hinaus, in Richtung der Straße. Einige Minuten später stand er an einer Bushaltestelle und streckte den Daumen nach rechts. Er musste denselben Weg nehmen wie sie, um zu ihr zu gelangen, obwohl er sich geschworen hatte, das nie wieder zu tun.

Zu viele schlechte Erfahrungen.

Am Himmel prangte der Mond, wie angeheftet, verteilte sein silbriges Licht auf die angrenzenden Häuser, in denen einige von ihren Mitschülern wohnten. Sie lagen in ihren heimeligen Betten, zockten an ihren teuren PCs, mit vollem Bauch, während er auf eine Fahrt ins Nichts wartete, hungrig.

Bis auf ein paar schwarz gewordene Bananen, die er aus dem Müllcontainer eines Supermarkts mitgenommen hatte, und einer abgelaufenen Flasche säuerlicher Milch hatte er an diesem Tag nichts gegessen.

Er fror in seiner Regenjacke. Darunter trug er ein Hemd von früher, das sie ihm in der Kleiderspende im Obdachlosenheim geschenkt hatten, und eine Jeans von Primark, die er sich im letzten Jahr für fünf Euro in Bochum gekauft hatte, als er dort mit ihr drei Wochen lang abgehauen war. Seitdem hatte er sie beinahe jeden Tag getragen und genauso sah sie auch aus, verschlissen, dreckig, die Hosenbeine voller getrockneter Erde und Schlamm. Am Hosenbund lösten sich einige Fäden, er trug keinen Gürtel, obwohl ihm die Hose mittlerweile zu groß geworden war. Er hatte sie mit einem Schnürsenkel, den er um die Hüfte geknotet hatte, befestigt. Ziemlich erbärmlich eigentlich.

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