Wolfram Christ - Dorian van Delft

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Dorian van Delft, ein erfolgreicher holländischer Kaufmann, begegnet im Jahr 1870 in Reykjavik dem Archäologen Dr. Frans Ingmarson. Der Wissenschaftler präsentiert ihm eine spektakuläre Theorie: Auf Island habe zu Zeiten der Wikinger eine Unsterbliche gehaust, eine Wahrsagerin. Es handle sich mit einiger Sicherheit um Kassandra, die legendäre Königstochter aus Troja! Ihren Spuren bis in die Gegenwart zu folgen, fehle ihm allerdings das Budget.
Van Delft ist sofort Feuer und Flamme. Für seine Geschäfte könnte eine zuverlässige Seherin von immensem Nutzen sein. Gemeinsam begeben sich die beiden ungleichen Partner auf eine abenteuerliche Reise kreuz und quer durch Europa.

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Dorian van Delft

Kassandras langer Schatten

&

Trojas dunkles Geheimnis

Phantastische historische Abenteuer

Zwei Romane in einem Band

Dorian van Delft - изображение 1

comediantes

Dorian van Delft - изображение 2

Verlag für Lyrik und Belletristik des 21. Jahrhunderts

1. Auflage der komplett überarbeiteten Neufassung

Herstellungsleitung: Uta Christ

Illustrationen: Ralf-Alex Fichtner

Bearbeitung: comediantes Lektorat

Cover: Zschiesche GmbH Repro Druck

e-book / EPUB

ISBN 978-3-946691-20-4

© 2020 www.comediantes.de

Dies Buch widme ich allen,

die sich ihr kindliches Vergnügen

am echten Abenteuer bewahren konnten.

In Dankbarkeit für die phantastischen Welten, die

uns Paul Delvaux und Jules Verne in ihren

Gemälden und Romanen hinterließen.

Band 1 – Kassandras langer Schatten – Inhaltsverzeichnis

Die Überlebende von Pompeji

Das Geheimnis der Kalifen

Es riecht nach Krieg

Überfall in den Pyrenäen

Elisabeth

Der Quell von Al Andalus

Die Spur führt nach Lissabon

Ein heiliger Berg

Sankt Peter Port

In der Hand von Freibeutern

Landung auf dem Mont Saint-Michel

Mademoiselle Raguenel

Nachwort

Reiseroute 1870

Band 2 – Trojas dunkles Geheimnis – Inhaltsverzeichnis

Zum Geleit

Eine unerhörte Nachricht

Aufbruch nach Troja

Die Gefangene des Sultans

Zwischen Leben und Tod

Unter Mönchen

Eine heiße Spur

Sophia Schliemann

Das Orakel von Delphi

Thassopoúla

Nachwort

Reiseroute 1871

Kassandras langer Schatten Die Überlebende von Pompeji Tagebuch des Dorian - фото 3

Kassandras langer Schatten

Die Überlebende von Pompeji

Tagebuch des Dorian van Delft Donnerstag, 12. Mai anno Domini 1870, an Bord des Dampfschiffes „St. Egidius“

Doktor Ingmarson! Zum Kuckuck. Das Schiff schlingert. Fast wäre ich gestürzt. So kann kein Mensch schreiben. Geschweige denn etwas suchen. Irgendwo klirrt es. Splitterndes Glas. Der Seegang wird stärker. Ich bin der Verzweiflung nahe. Ingmarson verdammt, ich kann mein Eau de Toilette nirgends finden. Wozu bezahle ich Sie eigentlich? Doch nicht aus purer Liebe zur Wissenschaft!

Zugegeben, seine Forschungen, die Theorien zu mythischen Kräften und deren Auswirkungen auf Mensch und Natur bereiten mir Freude. Sonst hätte ich ihm keinesfalls versprochen, seine zweifelhafte Unternehmung zu finanzieren. Natürlich unter der Voraussetzung, dass wir das Abenteuer gemeinsam bestehen. Trotzdem. Nie im Leben hätte ich mich ausgerechnet auf diesen Trottel eingelassen, wenn ich mir davon nicht persönlichen und sehr praktischen Nutzen verspräche.

Es mag beruhigen, mir auf diesem Blatt Papier den Frust von der Seele zu schreiben. In der Sache bringt es mich nicht weiter. Ingmarson muss mir helfen. Wo steckt der Kerl? Es kann einfach nicht sein, dass der gute Herr Ingmarson sich rarmacht und irgendwelche Messungen an Bord durchführt, während ich hier unten in der Kabine vergeblich mein Eau de Toilette suche! Und das bei den Wellen! Will er mich umbringen? Was sollen die Leute nachher beim Dinner sagen, wenn sie auf meine aparte Duftnote verzichten müssen?

Fußnote van Delft, Rotterdam im Januar 1871

Ich unterbreche nur ungern. Es lässt sich nicht vermeiden. Bei Durchsicht meiner Notizen aus dem vergangenen Jahr sehe ich mich gezwungen, die eine oder andere Bemerkung einzufügen. Nicht, um das seinerzeit Niedergeschriebene zu korrigieren und also zu verfälschen, wohl aber, um mit bedachtvoller Strenge Dinge zu erläutern, die, im Übereifer des Moments zu Papier gebracht, späteren Lesern ein falsches Bild meiner damaligen Absichten vermitteln möchten. Somit um Nachsicht heischend, fühle ich mich zunächst verpflichtet, ein paar Worte in eigener Sache zu verlieren.

Mein Name ist Dorian van Delft. Ich bin in Rotterdam ansässig, Kaufmann und Weltreisender aus Passion. Mein traditionsreiches und, wie ich nicht unbescheiden hinzufügen darf, recht erfolgreiches Familienunternehmen erfreut sich eines guten Rufes diesseits und jenseits des Atlantiks.

Anfang letzten Jahres war ich mit einer Schiffsladung hochwertiger Stähle und Bleche aus Pittsburgh auf dem Weg nach Reykjavik, wo ich diese Fracht löschte und anschließend meinen Gewinn zu mehren gedachte, indem ich Naturprodukte der isländischen Fischereiwirtschaft für den europäischen Festlandsmarkt erwarb. Tran vor allem, Dörrfisch, Robbenfelle und so weiter. Dass ich Dr. Frans Ingmarson begegnete, ergab sich rein zufällig. Allerdings lief mir dieser schrullige Wissenschaftler genau im rechten Moment über den Weg.

Sie kennen so etwas sicherlich. Nennen Sie es Schicksal, nennen Sie es Fügung. Gottes Wege sind unergründlich. Es sind die unerwarteten Ereignisse, die unseren Lebenskahn von Zeit zu Zeit in eine neue Strömung treiben. Ob dies dann zu unseren Gunsten oder Ungunsten ausfällt, vermögen wir in aller Regel erst im Nachhinein zu entscheiden. Rückgängig machen können wir die einmal getroffene Wahl nicht.

Glauben Sie mir, ich bereue nichts. Mein Leben erhielt damals einen neuen Sinn. Auch wenn mir das nicht von Anfang an klar war. Schon gar nicht an dem oben beschriebenen Abend, unserem dritten gemeinsamen Tag auf hoher See. Mehr noch. Ich bin mir sicher, dass ich mit Hilfe des kleinen Doktors mein Ziel erreichen werde.

Es ist ein hehres Ziel, fernab von gemeinem Gewinnstreben. Und ich bin bereit, einiges dafür zu riskieren. Wen würde es nicht reizen, einmal einer Unsterblichen leibhaftig gegenüber zu treten, ihren Worten zu lauschen, von ihr die Wahrheit über den Weltenlauf zu erfahren?

Denken Sie jetzt bitte nicht an Geschichtsbücher. Menschenwerk! Geschönt und geformt vom Blickwinkel des Autors, tausendmal glattgeschliffen und dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst. Nein, wovon ich rede, das ist die große, die reine, ungeschminkte Wahrheit über den Gang der Dinge, die wir unbedeutenden Erdenwürmer mit unserem Spatzenhirn normalerweise nie erfassen können.

Ich habe an der Schwelle des universellen Wissens stehen dürfen. Ich habe an seiner Tür gerüttelt. Weswegen ich mich verpflichtet fühle, Sie, meine geneigte Leserschaft, und durch Sie die gesamte Menschheit am Stand unserer Forschungen teilhaben zu lassen. Ich schwöre Ihnen: Ich werde nicht ruhen, bis ich diese Pforte öffnen kann.

Ich sehne mich nach dem Augenblick, endlich jener Frau gegenüberzustehen, die Pompejis Bürger vor dem Untergang hätte bewahren können. Es gibt keinen Zweifel. Sie hatte vor dem Ausbruch des Vesuv gewarnt, hatte zur Flucht aufgerufen. Sie erntete Spott und Häme, Unverständnis, Ignoranz.

Ich, Dorian van Delft, verspreche hiermit feierlich: Ich werde diese Frau, wie immer ihr richtiger Name sein mag, finden. Ich werde sie zurück in die Öffentlichkeit führen und zum Nutzen der Menschheit rehabilitieren! Amen.

Ihren Anfang nahm meine Suche wie erwähnt auf Island. In Reykjavik. Wenn ich nunmehr erneut darüber nachdenke, halte ich es zum besseren Verständnis der Ereignisse für sinnvoll, dieser Abschrift einige frühere Tagebucheintragungen ergänzend voranzusetzen. Beginnen wir also von vorn. Ende April vorigen Jahres, kurz nach meiner Landung auf der Insel.

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