Verlag Echter - Geist & Leben 4/2021

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Schriftleiter Christoph Benke eröffnet Heft 4 mit seiner Notiz, die im Zeitalter der Empörun-gen und «Shitstorms» für die Wiederaneignung einer wohltuenden Unaufgeregtheit plädiert. Anlässlich des heurigen Gedenkjahres des hl. Josef gewährt Rob Faesen SJ unter der Rubrik Nachfolge interessante Einblicke in die unkonventionelle Josefs-Verehrung des Jesuiten Jean-Joseph Surin. Auch der Würzburger Bischof Franz Jung begibt sich auf die Spur des hl. Josef, indem er nach einer zeitgemäßen Relektüre des Begriffs Keuschheit fragt und sie schließlich als Schule der Beziehungsfähigkeit versteht. Marc Paulys Beitrag widmet sich der politischen Theologie Martin Bubers und Vernard Ellers, die von einer Haltung radikaler Ohnmacht ge-prägt ist.
Der Themenbereich Kirche zeichnet sich in diesem Heft durch einen eucharistietheologi-schen Schwerpunkt aus. So deutet Jens Brückner die eucharistische Anbetung der gebroche-nen Hostie als Zeichen göttlicher wie menschlicher Vulnerabilität. Die Kölner Fundamen-taltheologin und Religionsphilosophin Saskia Wendel beleuchtet unterschiedliche Spielarten von Leib-Christi-Kosmologien und weist auf die theologischen Problematiken hin, die sich aus einem Verständnis des Universums als Körper Gottes ergeben. Markus Kneer berichtet von einer Online-Tagung zum marokkanischen Kloster Toumliline, das in den 1950er-Jahren als Ort interreligiöser und interkultureller Begegnung weltweite Bekanntheit erlangte. In der Jungen Theologie verdichtet Saskia Löser ihre Erfahrungen mit den veränderten Formen von Liturgie während der Corona-Pandemie.
Unter Reflexion lenkt Marc Röbel die Aufmerksamkeit der Leser(innen) auf das bewegte Leben der französischen Philosophin Simone Weil (1909–1943). Sie hat aus ihren Denkerfah-rungen zu den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts drei Grundannahmen entwickelt, die auch in unserer Zeit zu einer adäquaten Kultur der Kontroverse beitragen können. Benedikt Poetsch stellt sich die Frage, was Berufung im Anschluss an das Zweite Vaticanum bedeutet und referiert dabei wichtige Einsichten seiner im letzten Jahr veröffentlichten Dissertation. Andreas Weiß stellt den zweiten Teil seines Beitrags zur «Radical Orthodoxy», der ihre theo-logischen Schieflagen in den Blick nimmt, zur Verfügung. Der Bochumer Fundamentaltheo-loge Markus Knapp geht der Frage auf den Grund, was die Kirchen den Menschen zur Zeit der Corona-Pandemie überhaupt noch zu sagen haben und inwiefern Dietrich Bonhoeffer hier ein hilfreicher Impulsgeber sein könnte.
Schließlich versammelt die Rubrik Lektüre ein von Michel de Certeau SJ verfasstes Portrait der Gründerin der Helferinnen, Eugénie Smet, sowie einen poetisch inspirierten Nachruf auf den in diesem Jahr verstorbenen Dichter und ehemaligen Prior der Abtei Maria Laach Drut-mar Cremer OSB von Georg Langenhorst.

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Inhalt

Heft 4 | Oktober–Dezember 2021Jahrgang 94 | Nr. 501

Notiz Notiz N Christoph Benke | Wien geb. 1956, Priester, PD Dr. theol. habil., Schriftleiter von GEIST & LEBEN c.benke@geistundleben.at

Wohltuend unaufgeregt

Christoph Benke

Nachfolge

Jean-Joseph Surins unkonventionelle Josefs-Verehrung

Rob Faesen SJ

Keuschheit neu gelesen. Auf der Spur des hl. Josef

Bischof Franz Jung

Radikale Ohnmacht. Politik als geistlicher Weg bei Martin Buber und Vernard Eller

Marc Pauly

Nachfolge | Kirche

Vulnerabilität und Fragment. Ein neuer Zugang zur eucharistischen Anbetung

Jens Brückner

Das Universum – Körper Gottes? Überlegungen zur Bezeichnung „Leib Christi“

Saskia Wendel

Das Kloster Toumliline und die Frage des Anderen. Ein Tagungsbericht

Markus Kneer

Nachfolge | Junge Theologie

Augenblicke. Liturgie unter geänderten Bedingungen

Saskia Löser

Reflexion

Gegensätzliches Denken. Zu einer Kultur der Kontroverse nach Simone Weil

Marc Röbel

Was ist Berufung? Eine Reflexion im Anschluss an das Zweite Vaticanum

Benedikt Poetsch

An den Grenzen von „Radical Orthodoxy“ (Teil II). Ein theologischer Problembefund

Andreas G. Weiß

Vor, mit und ohne Gott. Dietrich Bonhoeffer und die Pandemie

Markus Knapp

Lektüre

Eugénie Smet. Gründerin der Helferinnen

Michel de Certeau SJ

Theopoesie aus benediktinischem Geist. Ein Nachruf auf Drutmar Cremer OSB

Georg Langenhorst

Buchbesprechungen; Jahresinhaltsverzeichnis

Impressum

GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik

Erscheinungsweise: vierteljährlich ISSN 0016–5921

Herausgeber:

Zentraleuropäische Provinz der Jesuiten

Redaktion:

Christoph Benke (Chefredakteur)

Britta Konlechner-Mühl (Redaktionsassistenz)

Redaktionsbeirat:

Margareta Gruber OSF / Vallendar

Stefan Kiechle SJ / Frankfurt

Bernhard Körner / Graz

Edith Kürpick FMJ / Köln

Ralph Kunz / Zürich

Jörg Nies SJ / Stockholm

Andrea Riedl / Regensburg

Klaus Vechtel SJ / Frankfurt

Redaktionsanschrift:

Pramergasse 9, A–1090 Wien

Tel. +43–(0)664–88680583

redaktion@geistundleben.de

Artikelangebote an die Redaktion sind willkommen. Informationen zur Abfassung von Beiträgen unter echter.de/zeitschriften/geist-und-leben. Alles Übrige, inkl. Bestellungen, geht an den Verlag. Nachdruck nur mit besonderer Erlaubnis. Werden Texte zugesandt, die bereits andernorts, insbesondere im Internet, veröffentlicht wurden, ist dies unaufgefordert mitzuteilen. Redaktionelle Kürzungen und Änderungen vorbehalten. Der Inhalt der Beiträge stimmt nicht in jedem Fall mit der Meinung der Schriftleitung überein. Für Abonnent(inn)en steht GuL im Online-Archiv als elektronische Ressource kostenfrei zur Verfügung. Nichtabonnent(inn)en können im Online-Archiv auf die letzten drei Jahrgänge kostenfrei zugreifen. Registrierung auf echter.de/zeitschriften/geist-und-leben.

Verlag:Echter Verlag GmbH,

Dominikanerplatz 8, D–97070 Würzburg

Tel. +49 –(0)931–66068–0, Fax +49– (0)931–66068–23

info@echter.de, www.echter.de

Visuelle Konzeption:Atelier Renate Stockreiter

E-Book-Herstellung und Auslieferung:Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

Bezugspreis: Einzelheft € 12,50

Jahresabonnement € 42,00

Studierendenabonnement € 28,00

jeweils zzgl. Versandkosten

Vertrieb:Zu beziehen durch alle Buchhandlungen oder direkt beim Verlag. Abonnementskündigungen sind nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs möglich.

Auslieferung:Brockhaus Kommissionsgeschäft GmbH, Kreidlerstraße 9, D–70806 Kornwestheim

Auslieferung für die Schweiz: AVA Verlagsauslieferung AG, Centralweg 16, CH–8910 Affoltern am Alibs

Diesem Heft liegen folgende Prospekte bei:

Lebendige Seelsorge, Echter Verlag

… träume ich von Flügeln, Echter Verlag

Wir bitten um Beachtung.

Notiz

N

Christoph Benke |Wien

geb. 1956, Priester, PD Dr. theol. habil., Schriftleiter von GEIST & LEBEN

c.benke@geistundleben.at

Wohltuend unaufgeregt

Die Medienwelt funktioniert nach ungeschriebenen Gesetzen. Eines lautet: Empöre Dich! Soziale Netzwerke setzen sich zu einem Gutteil aus Kurz-Glossen zusammen, deren Inhalt aus Entrüstung besteht. Sich aufregen gehört zum guten Ton. Wer sich mit-empört, darf sich dazu zählen. Das hat zur Folge, dass es bald nicht mehr um die Sache geht, sondern darum, wer auf welcher Seite steht. Die in unserer Gesellschaft – und Kirche – zu beobachtenden Phänomene der Polarisierung, der Entzweiung und des Lagerdenkens nähren sich auch aus dem Gestus der Empörung. Nicht zuletzt: Die Erregung hält das Geschäft am Laufen.

Freilich, auch ich bin Teil der Empörungsgesellschaft. Der Hund in meinem Inneren bellt, manchmal ziemlich laut. Manches, was ich aus meiner Perspektive als Fehlentwicklung in Gesellschaft und Kirche einschätze, regt mich auf. Wohin mit Wut und Enttäuschung?

Wie so oft ist genaueres Hinschauen angebracht und Unterscheidung vonnöten. Zweifellos gibt es vieles, was nicht hinnehmbar und eine Empörung wert ist. Aber entsteht daraus echter, fundierter Protest, der sich, wenn nötig, auch längerfristig engagiert? Oder handelt es sich eher um ein momentanes, gereiztes Genörgel, das im Unverbindlichen bleibt? Die Lust an der Entrüstung hängt wohl auch mit der Art der Kommunikation zusammen. Gedankenexperiment: Würden mehr Briefe geschrieben, weniger aus unmittelbarer Betroffenheit, sondern mehr aus der Distanz heraus und in wohlüberlegten Worten – wer weiß, vielleicht gäbe es weniger Grund zur Empörung. Vielleicht hätte sich die eine oder andere Aufregung schon gelegt. Einer übereilten, hastigen Reaktion ist die Gefahr des Sich-Überhebens und des allzu schnellen Ver-Urteilens nicht bewusst.

Und was stattdessen? Gleichgültigkeit kann es nicht sein. Auch nicht das, was man heute coolness nennt. Die diversen Zumutungen des Lebens und der Mitmenschen lethargisch abperlen lassen – das ist keine Alternative, jedenfalls keine christliche. Zu erbitten wäre das „Charisma der Unaufgeregtheit“. Ja, dabei handelt es sich tatsächlich um ein Charisma, denn dadurch wird Communio gefördert und Gemeinde aufgebaut. Das Charisma der Unaufgeregtheit baut Gemeinde mehr – im Sinne von: nachhaltiger – auf als überreizter Enthusiasmus oder äußere Begeisterung. „Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, / verricht das Deine nur getreu“ ( Gotteslob 424,5), so singt eine Liedzeile des 17. Jahrhunderts. Die Arbeit verlässlich tun, dranbleiben, und in allen Krisen und unvorhergesehenen Wendungen an Gott festhalten und ihn loben. Das ist mit Sicherheit eines: unaufgeregt. Wohltuend unaufgeregt. Gelegentlich mag sich dieses Programm langweilig anfühlen. Doch wo steht geschrieben, dass Leben nur aus Hochgefühl besteht? Angesichts vieler Schwierigkeiten und Krisen, vor denen wir derzeit ratlos stehen, braucht es statt Empörung die transformierende Kraft der Erinnerung an das in der Taufe geschenkte „schon“ der Erlösung. Hier hat die Übung der Dankbarkeit ihren Ort. Sie führt das Präsentische vor das innere Auge.

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