Heft 3 | Juli–September 2021
Jahrgang 94 | Nr. 500
Notiz Notiz N Klaus Vechtel SJ | Frankfurt a. M. geb. 1963, Dr. theol., Professor für Dogmatik an der Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN vechtel@sankt-georgen.de
Wenn nichts fehlt
Klaus Vechtel SJ
Nachfolge
Bruch und Umkehr. Vor 500 Jahren wurde Ignatius von Loyola verwundet
Stefan Kiechle SJ
Emmanuel Mounier und die Spiritualität der Begegnung
Markus Kneer
Den Fremden lieben
Georg Braulik OSB
Nachfolge | Kirche
Die Wiederentdeckung des Heiligen Geistes in der Liturgie
Gerard Rouwhorst
Ökumeniker der dritten Art. Zur Formation Ständiger Diakone
Thomas Pogoda
Was wissen wir über Diakoninnen?
Phyllis Zagano, Bernard Pottier SJ
Nachfolge | Junge Theologie
Sentire aude!? Zur Deutung des Gefühls bei Ignatius von Loyola
Stephanie Höllinger
Reflexion
Versöhnung mit der Schöpfung
Jaime Tatay SJ
Die radikalen Grenzen von „Radical Orthodoxy“ (Teil I). John Milbanks postmoderne Re-Konstruktion christlichen Glaubens
Andreas G. Weiß
Sendung und Kontemplation. Facetten einer missionarischen Spiritualität
Michael Meyer
Eine Anthropologie in Gebetsform. Das Vater unser in der Auslegung des Thomas von Aquin
Hanns-Gregor Nissing
Lektüre
Unerschöpflich: Simone Weil
Gotthard Fuchs
Buchbesprechungen
GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik
Erscheinungsweise: vierteljährlich
ISSN 0016–5921
Herausgeber:
Zentraleuropäische Provinz der Jesuiten
Redaktion:
Christoph Benke (Chefredakteur)
Britta Konlechner-Mühl (Redaktionsassistenz)
Redaktionsbeirat:
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Stefan Kiechle SJ / Frankfurt
Bernhard Körner / Graz
Edith Kürpick FMJ / Köln
Ralph Kunz / Zürich
Jörg Nies SJ / Stockholm
Andrea Riedl / Regensburg
Klaus Vechtel SJ / Frankfurt
Redaktionsanschrift:
Pramergasse 9, A–1090 Wien
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Diesem Heft liegen folgende Prospekte bei:
Gottes Wort im Kirchenjahr, Echter Verlag
inspiration, Echter Verlag
Wir bitten um Beachtung.
Klaus Vechtel SJ | Frankfurt a. M.
geb. 1963, Dr. theol., Professor für Dogmatik an der Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN
vechtel@sankt-georgen.de
Wie ein Brennglas hat die Corona-Pandemie die Transformationsprozesse, in denen der christliche Glaube und die katholische Kirche in Deutschland stehen, offengelegt. Nach dem Verbot von öffentlichen Gottesdiensten im vergangenen Jahr war eine Reaktion die eines schmerzlichen Vermissens der gemeinsamen Feiern und der Möglichkeit, die Sakramente zu empfangen. Darüber hinaus gab und gibt es aber auch Menschen, die feststellen: Es geht auch ohne – ohne sonntägliche Eucharistie und ohne priesterlich geleiteten Gottesdienst, ohne Sakramente und ihre Feier. Manchmal auch verschämt gestehen Menschen sich selbst oder anderen ein: Ich habe gemerkt, dass mir nichts fehlt. Die Erfahrung, dass nichts fehlt, kann verbunden sein mit spirituellen Neuorientierungen. Sei es, dass man in digitalen Netzwerken zu neuen, anderen gemeinschaftlichen Gebets- und Gottesdienstformen findet. Sei es, dass der Glaube und seine Ausdrucksformen stärker in den Bereich des Familiären und Privaten rücken. Vielleicht fehlt nichts, weil eine bessere, ansprechendere Möglichkeit gefunden wurde, dem persönlichen Glauben Ausdruck zu verleihen, gerade angesichts der Alternative, in einer – präsentisch oder digitalen – Eucharistiefeier einem männlichen Amtsträger und einer oftmals nichtssagenden Predigt „ausgeliefert“ zu sein. Für andere Menschen stellt sich die Frage nach einer Alternative vielleicht auch nicht mehr: Es geht eben ohne.
Die Erfahrung, dass „nichts fehlt“ bzw. eine bestimmte Form sakramentalgottesdienstlichen Feierns und Betens Menschen nicht fehlt, stellt m.E. ein großes spirituelles Thema dar. Es betrifft nicht nur einzelne Christ(inn)en, sondern wirft Fragen auf nach den Sinnressourcen, die gottesdienstliche Feiern darstellen, und nach den Disbalancen in gottesdienstlichen Feiern zwischen Priestern und Laien. Nicht zuletzt handelt es sich deshalb um ein großes Thema, weil die Erfahrung des Nichtfehlens nicht nur die „religiös Indifferenten“ betrifft, sondern den Kernbestand engagierter und überzeugter Christ(inn)en. Im Blick auf die immer größer werdende Anzahl religiös indifferenter Menschen haben Julia Knop oder auch Magnus Lerch darauf hingewiesen, dass die Theologie der vergangenen Jahrzehnte die Relevanz der Gottesfrage zu selbstverständlich – zumindest implizit – in den Menschen eingeschrieben habe. Dabei ging die Sensibilität für die Gottesfrage und ihre Relevanz nicht immer einher mit einer Sensibilität für das Phänomen einer religiösen Indifferenz. Gilt etwas Vergleichbares auch für den Binnenbereich des christlichen Glaubens? Das kirchliche Selbstverständnis etwa der Eucharistie als „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (LG 11) bzw. als Kristallisationspunkt, in dem persönliches und gemeindliches Gebet zum Ausdruck kommen, entspricht nicht mehr dem Erleben und den spirituellen Suchbewegungen von Christ(inn)en. Eine selbstverständliche Säkularität und Weltlichkeit der Lebensbezüge, in der auch gläubige Menschen so leben, als wäre Gott nicht gegeben (Dietrich Bonhoeffer), führt dazu, dass Gott nicht unbedingt fehlen muss.
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