Echter - Geist & Leben 4/2018

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Am 09. November jähren sich die entsetzlichen Ereignisse der Reichspogromnacht zum achtzigsten Mal. Damit sich die Geschichte nicht wiederholt und die Namen der vielen Opfer des Nazi-Regimes in Vergessenheit geraten, kommt der Erinnerungskultur eine kaum überschätzbare Bedeutung zu. In einem tief berührenden Beitrag spricht Raymond Pelly in Heft 4 über seine intensiven Erfahrungen als Pilger an den «unheiligen Orten» der Arbeits- und Todeslager. Stephan Philipp ist den Stolpersteinen in Westberlin auf der Spur und fragt nach den dahinterliegenden Schicksalen. Auch das «Herbstheft» steht wieder im Zeichen der ignatianischen Spiritualität: So führt Antonio Allende 6 Regeln ignatianischer Weisheit auf, die Familien dabei unterstützen können, im Geist des Evangeliums zu leben. Stefan Kiechle berichtet von seinen Pilgererfahrungen auf dem existenziell wie spirituell fordernden «Camino ignaciano», den Ignatius selbst im Jahr 1522 ging. Wie Hugo Rahner zu einer theologischen Relektüre der Schriften des Gründers der Jesuiten beigetragen hat, beleuchtet Jörg Nies. Die Überlegungen von Michaela Puzicha zum Umgang mit geistlichem Machtmissbrauch in der Benediktusregel weisen ebenso wie Klaus Vechtels Gedanken zur Sehnsucht nichtkatholischer Christen nach der Eucharistie einen starken Aktualitätsbezug auf. Matthias Wirz stellt seine Ordensgemeinschaft, die Kommunität von Bose vor, in der Ökumene bereits täglich gelebte Realität ist. Ökumenisch sensibel betrachtet Gerhard Lohfink in Thesenform Geistliche Gemeinschaften im Licht der Bibel. Während Annika Schmitz mit Emily Dickinson eine im deutschen Sprachraum kaum rezipierte us-amerikanische Lyrikerin aus dem 19. Jh. vorstellt und die theologischen Motive ihres Werkes aufweist, bringt Mathias Bänziger dem/der Leser(in) den weltberühmten französischen Philosophen und Orientalisten Henry Corbin näher, der im bewegten 20. Jh. lebte und als Grenzgänger zwischen Religionswissenschaft, Philosophie und Theologie bemerkenswerte Analysen der geistigen Entwicklung im Abendland vorlegte. Christian Rutishauser betrachtet den Menschen als geschlechtliches Wesen und geht in seinem Beitrag dem Zusammenhang von Erotik, Sexualität und Gottesbeziehung auf den Grund. Andreas Falkner verdanken wir auch in diesem Heft eine konzise Übersetzung des zweiten Teils des Arbeitergebets von Michel de Certeau. Schließlich inszeniert Martin Schleske auf kunstvolle Weise ein Streitgespräch zwischen den «Jüngern», welcher unter ihnen nach dem Zeugnis der Schrift denn nun der bedeutendste sei.

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Inhalt

Heft 4 | Oktober-Dezember 2018 Jahrgang 91 | Nr. 489

Notiz

Sehnsucht nach Eucharistie

Klaus Vechtel SJ

Nachfolge

Ignatianische Spiritualität in der Familie

Antonio Allende SJ

Erotik, Sexualität und die Beziehung zu Gott

Christian M. Rutishauser SJ

Ignatianisch Pilgern. Gedanken zum „Camino ignaciano“

Stefan Kiechle SJ

Nachfolge | Kirche

Geistliche Gemeinschaften. Biblische Perspektiven

Gerhard Lohfink

Profunde Spiritualität.

Das Verdienst Hugo Rahners (1900–1968)

Jörg Nies SJ

Gegen Machtmissbrauch.

Das Zeugnis der Benediktusregel

Michaela Puzicha OSB

Das „tägliche Werk“ der Ökumene. Zeichen der Einheit in Bose

Matthias Wirz

Nachfolge | Junge Theologie

„Die Himmel lächeln milde“. Theologische Annäherungen an Emily Dickinson

Annika Schmitz

Reflexion

Henry Corbin (1903–1978).

Philosoph, Orientalist, Suchender

Mathias Bänziger

Pilger an unheiligen Orten

Raymond Pelly

Stolperstein

Stephan Philipp

Lektüre

Das Gebet von Arbeitern (Teil II)

Michel de Certeau SJ

Die Verhandlung

Martin Schleske

Buchbesprechungen; Jahresinhaltsverzeichnis

Impressum

GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik

Erscheinungsweise: vierteljährlich ISSN 0016–5921

Herausgeber:

Deutsche Provinz der Jesuiten

Redaktion:

Christoph Benke (Chefredakteur)

Britta Mühl (Lektorats-/Redaktionsassistenz)

Redaktionsbeirat:

Bernhard Bürgler SJ / Wien Margareta Gruber OSF / Vallendar Stefan Kiechle SJ / Frankfurt Bernhard Körner / Graz Jörg Nies SJ / Rom Simon Peng-Keller / Zürich Andrea Richter / Berlin Klaus Vechtel SJ / Frankfurt

Redaktionsanschrift:

Pramergasse 9, A–1090 Wien Tel. +43–(0)664–88680583 redaktion@geistundleben.de

Artikelangebote an die Redaktion sind willkommen. Informationen zur Abfassung von Beiträgen unter www.geistundleben.de. Alles Übrige, inkl. Bestellungen, geht an den Verlag. Nachdruck nur mit besonderer Erlaubnis. Werden Texte zugesandt, die bereits andernorts, insbesondere im Internet, veröffentlicht wurden, ist dies unaufgefordert mitzuteilen. Redaktionelle Kürzungen und Änderungen vorbehalten. Der Inhalt der Beiträge stimmt nicht in jedem Fall mit der Meinung der Schriftleitung überein.

Für Abonnent(inn)en steht GuL im Online-Archiv als elektronische Ressource kostenfrei zur Verfügung. Registrierung auf www.geistundleben.de.

Verlag: Echter Verlag GmbH,

Dominikanerplatz 8, D–97070 Würzburg

Tel. +49 –(0)931–660 68–0, Fax +49– (0)931–660 68–23

info@echter.de, www.echter.de

Visuelle Konzeption: Atelier Renate Stockreiter

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

Bezugspreis: Einzelheft € 12,50 (D) / € 12,90 (A) Jahresabonnement € 42,00 (D) / € 43,20 (A) Studierendenabonnement € 28,00 (D) / € 28,90 (A) jeweils zzgl. Versandkosten

Vertrieb: Zu beziehen durch alle Buchhandlungen oder direkt beim Verlag. Abonnementskündigungen sind nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs möglich. Auslieferung: Brockhaus Kommissionsgeschäft GmbH, Kreidlerstraße 9, D–70806 Kornwestheim Auslieferung für die Schweiz: AVA Verlagsauslieferung AG, Centralweg 16, CH–8910 Affoltern am Alibs Auslieferung für Österreich: Buchzentrale GmbH, Kapitelplatz 6, A–5010 Salzburg

Klaus Vechtel SJ Frankfurt aM geb 1963 Dr theol Professor für - фото 1

Klaus Vechtel SJ | Frankfurt a.M.

geb. 1963, Dr. theol., Professor für Dogmatik in Sankt Georgen, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN

vechtel@sankt-georgen.de

Sehnsucht nach Eucharistie

Nach einem monatelang andauernden Streit ist die Handreichung der deutschen Bischöfe zur gemeinsamen Teilnahme von Ehepartnern in konfessionsverbindenden Ehen als Orientierungshilfe veröffentlicht worden. 1Bereits zu Beginn bezieht sich die Orientierungshilfe auf die Gemeinsame Erklärung,die 2016 anlässlich des ökumenischen Gottesdienstes im schwedischen Lund zum Reformationsgedenken von Papst Franziskus und dem Präsidenten des Lutherischen Weltbundes, Bischof Munib Younan, veröffentlicht wurde: „Viele Mitglieder unserer Gemeinschaften sehnen sich danach, die Eucharistie in einem Mahl zu empfangen als konkreten Ausdruck der vollen Einheit. Wir erfahren den Schmerz all derer, die ihr ganzes Leben teilen, aber Gottes erlösende Gegenwart im eucharistischen Mahl nicht teilen können. Wir erkennen unsere gemeinsame pastorale Verantwortung, dem geistlichen Hunger und Durst unserer Menschen, eins zu sein in Christus, zu begegnen. Wir sehnen uns danach, dass diese Wunde im Leib Christi geheilt wird“ (Nr. 1). Wie weit reicht die hier angesprochene Sehnsucht von Christ(inn)en, die Eucharistie in einem Mahl zu empfangen? Ist ihr durch die nicht verwirklichte, sichtbare Einheit der Kirche von katholischer Seite eine nach wie vor unüberwindliche Grenze gesetzt?

Die Orientierungshilfe beruft sich auf die von Johannes Paul II. in den Enzykliken „Ut unum sint“ (1995) und „Ecclesia de Eucharistia“ (2003) vorgenommen Klärungen: „Ein Grund zur Freude ist in diesem Zusammenhang, daran zu erinnern, dass die katholischen Priester in bestimmten Einzelfällen die Sakramente der Eucharistie, der Buße und der Krankensalbung anderen Christen spenden können, die zwar noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber sehnlich den Empfang der Sakramente wünschen, von sich aus da rum bitten und den Glauben bezeugen, den die katholische Kirche in diesen Sakramenten bekennt“ (Nr.16). Hier wird die kirchenrechtlich vorgesehene Situation einer schweren Notlage weitergeführt im Blick auf eine geistliche Notlage, die durch den Begriff eines inneren desideriumausgedrückt wird. Entscheidend für die Kommuniongemeinschaft ist nicht eine äußere Notsituation, sondern eine innere Sehnsucht des Herzens, verbunden mit dem Glauben an diese Sakramente. 2Der Begriff der Sehnsucht ist dabei nicht auf eine psychologische „Befindlichkeit“ zu reduzieren, sondern spannt einen Bogen, der vom Dürsten des biblischen Betenden (Ps 63) und dem Seufzen der gesamten Kreatur (Röm8) über Augustinus’ Formel vom unruhigen Herzen, das in Gott Ruhe findet (Bekenntnisse I,1), bis hin zum naturhaften Sehnen nach der Gottesschau bei Thomas von Aquin (desiderium naturale)reicht. Zugleich gibt die Orientierungshilfe der Sehnsucht nach eucharistischer Gemeinschaft einen sakramententheologischen und ekklesiologischen Ort. Weil die Eheleute durch die Taufe und das Sakrament der Ehe miteinander verbunden sind, bilden sie „eine Art Hauskirche“ (LG 11). „Keine Kirche kann aber ohne Eucharistie sein. Wie die Kirche aus der Eucharistie lebt, so ist – wie Amoris laetitia betont – für die christliche Ehe die ‚Nahrung der Eucharistie‘ (…) Kraft und Anreiz, den Ehebund jeden Tag als ‚Hauskirche‘ zu leben (AL 318, unter Verweis auf LG 11)“ (Nr. 29). Kann die Sehnsucht nach eucharistischer Gemeinschaft auch über den Fall einer konfessionsverbindenden Ehe hinaus Kommuniongemeinschaft ermöglichen? Klaus Mertes SJ hat im Blick auf die Gedenkstätten der ökumenischen Märtyrer des 20.

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