Heft 4 | Oktober–Dezember 2015
Jahrgang 88 | Nr. 477
Notiz Notiz N Bernhard Körner | Graz geb. 1949, Priester, Professor für Dogmatik an der Universität Graz, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN bernhard.koerner@uni-graz.at
Mitten im Leben
Bernhard Körner
Nachfolge
Heimliches Feuer unter der Asche. Gedanken zur Keuschheit
Edith Kürpick FMJ
Von Siedlern und Suchern. Ordensleben zwischen Sesshaftigkeit und Ausschauhalten
Mirjam Schambeck sf
Gott alles in allem. Der Mystiker Ägid van Broeckhoven
Dominik Terstriep SJ
Nachfolge | Kirche
Anglikanische Spiritualität. Annäherung anhand einer Biographie des „Book of Common Prayer“
Annegret Lingenberg
Kein Geheimnis von Taizé
Frère Richard
Nachfolge | Junge Theologie
Heiterer Aufbruch des Geistes. Humor als postmoderne Mystagogie
Alexander Jaklitsch
Reflexion
Die Brautbriefe Dietrich Bonhoeffers. Zeugnis einer Spiritualität in Liebe und Abschied
Gunter Prüller-Jagenteufel
Friede als Weihnachtsgabe. Die Geburtserzählung im Lukasevangelium
Josef Pichler
Nicht nur Meditationsschemel. Das Erbe des Jesuiten und Zen-Lehrers Hugo M. Enomiya-Lassalle
Ursula Baatz
Bild und Bildlosigkeit. 2. Symposium Kontemplation
Josef Thorer SJ
Lektüre
Versehrender Segen. Zu Esther Maria Magnis’ Buch „Gott braucht dich nicht“
Joachim Negel
„Endlich ist die Stunde da“. Predigt zur Weihnachtsvigil am 24. Dezember 1979
Oscar Romero
Ende der Zeiten - Zeit des Endes. Giorgio Agamben über das „Mysterium iniquitatis“
Christoph Böhr
Ignatianische Spiritualität im Web. Eine Umschau
Thomas Neulinger SJ
Buchbesprechungen
GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik
Erscheinungsweise: vierteljährlich
ISSN 0016–5921
Herausgeber:
Deutsche Provinz der Jesuiten
Redaktion:
Christoph Benke (Chefredakteur)
Anna Albinus (Lektorats-/Redaktionsassistenz; Satz)
Redaktionsbeirat:
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Diesem Heft liegen folgende Prospekte bei:
topos taschenbücher Verzeichnis 2015/2016, Verlag Topos plus; Zeitschrift für katholische Theologie, Echter Verlag. Wir bitten um Beachtung.
Bernhard Körner |Graz
geb. 1949, Priester, Professor für Dogmatik an der Universität Graz, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN
bernhard.koerner@uni-graz.at
„Gott ist mitten in unserem Leben jenseitig.“ Ein bekanntes Wort aus Widerstand und Ergebung und eine gute Gelegenheit, sich siebzig Jahre nach seiner Hinrichtung an Dietrich Bonhoeffer (1906–1945) zu erinnern. Die Gedanken gehen nicht nur zurück zu einem Theologen, der seine große Zeit wohl noch vor sich gehabt hätte. Sie treffen auch auf einen, dessen gläubig theologisches Denken durch das Feuer eines unmenschlichen Regimes und eines mörderischen Krieges geläutert worden ist. Wer solches Grauen wach und wohl auch mit Angst erlebt, dem kommen keine leichtfertig hingesagten frommen Phrasen über die Lippen. Und so mag damals Gott – so die Vermutung eines Nachgeborenen – mit einer Formulierung Karl Barths gesprochen, als der „ganz andere“ erfahren worden sein.
Aber die Erfahrung und die Formulierung Bonhoeffers sind paradoxer und facettenreicher. Gott ist nicht nur der ganz andere, der anscheinend Ferne, er ist auch eine Wirklichkeit mitten in Bonhoeffers Leben – mitten in Krieg und Terror, mitten im Widerstand, im Gefängnis, unter dem Galgen. Gott ist da. Gegenwärtig durch Jesus Christus. Und zugleich ist er unfassbar. Jenseitig. Er entzieht sich dem erkennenden und verstehenden Zugriff. Mitten im Leben ist Gott keine Wirklichkeit dieses Lebens, sondern – „mitten in unserem Leben jenseitig“.
Dieser Jenseitigkeit Gottes mitten im Leben gilt es – auch 70 Jahre später – theologisch gerecht zu werden und geistlich standzuhalten. Und da lohnt es sich, ein frühes Werk von Hans Urs von Balthasar in Erinnerung zu rufen. In seinem 1956 erschienenen (und jüngst neu aufgelegten) Buch Die Gottesfrage des heutigen Menschen hat er die neuzeitliche Entwicklung nachgezeichnet, die zu einer immer ausgeprägteren Erfahrung der Jenseitigkeit Gottes geführt hat. Sie ist für Balthasar nicht in erster Linie Folge der Ablehnung Gottes (das auch), sondern Ergebnis der inneren Logik der abendländischen Geistesgeschichte, die nicht zuletzt durch das Christentum geprägt worden sei. Am Ende der Entwicklung stehe als einzige Absolutheit die „zu Gott hin offenbleibende Frage, unter die sich alle übrigen Normen und Sätze einer natürlichen Religion subsumieren lassen müssen“. Die Beziehung zu Gott ist nicht zuerst in einer definitiven Erkenntnis fassbar, sondern in der Frage nach ihm. Für die katholische Kirche mit ihrem Anspruch und ihren dezidierten Aussagen zu Glaube und Moral werde das zunehmend zur Herausforderung. Aber sie könne nicht anders, sie müsse der Einsicht entsprechen, dass Jesus Christus als der Gottmensch die genaue Verwirklichung dessen ist, „was auf Grund der Menschheitsfrage von Gottes freier Gnade und Barmherzigkeit abschließend erwartet werden durfte.“
Also auch bei Balthasar: Gottes unfassbare Nähe und seine ebenso unfassbare Jenseitigkeit. Vielleicht sind damit die beiden Koordinaten benannt, die auch für eine heutige Gotteserfahrung gelten, Orientierung geben können, zu schaffen machen und ernst genommen werden müssen. Denn beides ist möglich: Man sucht nach der Nähe Gottes und verliert sich in der Erfahrung des Unfassbaren. Und umgekehrt: Man steht im Bann der Größe Gottes und übersieht seine unfassbare Nähe. Aber beides muss zur Geltung kommen – um Gottes und des Menschen willen.
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