Heft 1 |Januar–März 2022
Jahrgang 95 |Nr. 502
Notiz Notiz N Stefan Kiechle SJ | Frankfurt a.M. geb. 1960, Dr. theol., Chefredakteur der Kulturzeitschrift „Stimmen der Zeit“, Beauftragter des Jesuitenordens für ignatianische Spiritualität, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN stefan.kiechle@jesuiten.org
Vom Sterben der Orden
Stefan Kiechle SJ
Nachfolge
Auf dem Weg der Zärtlichkeit. Eine besondere Seite von Papst Franziskus
Bischof Manfred Scheuer
Sexualität, Spiritualität und zölibatäre Keuschheit
Hermann Kügler SJ
Menschwerdung Gottes – in uns allen. Reflexionen über die Gotteskindschaft
Andreas Schmidt
Nachfolge | Kirche
Freilegen oder Formen?
Zur Unterscheidung geistlicher Stile
Martin Blay
Geistlicher werden. Spirituelle Bildung im Priesterseminar – ein Entwurf
Thomas Neulinger SJ
Der Kampf eines spirituellen Meisters.
Dom André Loufs verspäteter Rückzug
Charles Wright
Nachfolge | Junge Theologie
Im Dialog mit Abdullah Saeed.
Wahrheitssuche als Basis interreligiöser Begegnung
Katja Voges
Reflexion
Christologie als alltägliche Ästhetik
Rolf Kühn
Das Geistliche als Allmende. Plädoyer für mehr Anthropologie der Spiritualität
Michael Rosenberger
Hört Gott meine Bitten?
Das Bittgebet als Kristallisationspunkt bedrängender Glaubensfragen
Christoph Böttigheimer
Lektüre
Die Weltkugel – das gemeinsame Haus.
Eine Betrachtung, von Papst Franziskus inspiriert
Georg Lauscher
Zukunftsweisend auch nach 550 Jahren? Das „Kleine ABC“ des Thomas von Kempen
Joachim Schnürle
Buchbesprechungen
Liebe Bezieherinnen und Bezieher,
über fünf Jahre lang konnten wir den Preis für GEIST & LEBEN stabil halten.
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GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik
Erscheinungsweise: vierteljährlich
ISSN 0016–5921
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Diesem Heft liegen folgende Prospekte bei: inspiration, Echter Verlag
Symposium zur Geistlichen Schriftauslegung, PTH Münster
Wir bitten um Beachtung.
Stefan Kiechle SJ |Frankfurt a.M.
geb. 1960, Dr. theol., Chefredakteur der Kulturzeitschrift „Stimmen der Zeit“, Beauftragter des Jesuitenordens für ignatianische Spiritualität, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN
stefan.kiechle@jesuiten.org
Eher schleichend, halb heimlich, jedenfalls öffentlich kaum thematisiert sterben in Europa die Orden und Klöster vor sich hin. Wird irgendwo ein Ordenshaus geschlossen, gibt es in der lokalen Presse ein Aufstöhnen – aber man hatte ja schon länger damit gerechnet. An manchen Orten waren die Schwestern oder Brüder jahrhundertelang präsent – nach der Schließung sind sie bald vergessen. Allein in Deutschland geht es nicht um einige Dutzend, sondern um hunderte Häuser. Was bedeutet dies für die Kirche und für ihr spirituelles Leben?
Viele Kommunitäten sind überaltert. Sie sehen ihre Aufgabe darin, in Würde zu altern, ihr Leben schrittweise loszulassen und Abschied zu nehmen. Wo das Miteinander gut gestaltet und das Gebet, persönlich und im Chor, gut gepflegt wird, kann dies zum beeindruckenden Zeugnis werden – für eine insgesamt alternde und dennoch den Tod verdrängende Gesellschaft. Stützt und würdigt die Kirche dieses Zeugnis alter Ordensleute genügend?
Oft hat man den Eindruck, dass die Kirche arg von internen Querelen absorbiert wird und wenig Sinn hat für diese geistlichen Wege. Zum Sterben gehört das Loslassen des Materiellen: Was wird aus dem Mobiliar, den Bibliotheken, den Kunstschätzen? Was aus den gewaltigen Mutterhäusern, den barocken Klosteranlagen? Der Denkmalschutz stemmt sich zwar gegen die rücksichtslose Kommerzialisierung und bewahrt auf diese Weise viele alte Gemäuer, aber zugleich musealisiert er die Anlagen, denn ohne die Menschen, die in ihnen leben und beten, sind sie entleert. Die Ordensleute selbst, indem sie so viel aufgeben, bekommen nochmals die Chance, arm im Sinn ihrer Gelübde zu werden: Sie verlassen die Welt und gehen auf den Himmel zu. Für die Kirche ist das Sterben der Orden ein unfassbarer Verlust: Nicht nur sind es die Gäste- und Exerzitienhäuser, die vielen Menschen Einkehr, Besinnung, Wege der Gottsuche ermöglichen – sie werden enorm fehlen! Noch nicht einmal sind es nur die durchbeteten Kirchen, die auch säkulare Menschen anziehen, sie staunen machen und irgendwie auf den Himmel verweisen; Museen ersetzen das niemals. Vor allem werden fehlen: Menschen, die in existentieller Hingabe ihr Leben Gott weihen und so – auch wenn persönlich oft in beschämendem Mittelmaß – eben dennoch auf Gott verweisen, einfach durch ihr Dasein und durch ihren Dienst. Klöster und Ordenshäuser sind Orte des Heiligen, in denen das sonst meist perfekt verwaltete und (auch pastoral) funktionale Agieren der Kirche durchbrochen wird und auf das Eigentliche, auf Gott hin, transparent wird. Ohne diese heiligen Orte: Was wird aus der Kirche in unseren Landen? Eine Kultur von 1500 Jahren geht zu Ende – warum haben wir noch nicht angemessen zu trauern begonnen?
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